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Thema: Ein Brief an den Auties e.V. (http://perfektibilistenorden.de/topic.php?id=6082)


Geschrieben von: 55555 am: 29.05.13, 14:26:08
Ich gebe das einfach mal ohne Kommentar wieder:
Zitat:
An alle Autisten, die gegen PID sind und die Abschaffung der erweiterten Abtreibungsfrist bei Behinderung des Ungeborenen fordern:

Ihr wollt mehr Respekt und mehr Chancen in der Gesellschaft. Das ist OK. Ich habe selbst eine Behinderung, schwere ADHS, die jede Konzentration unmöglich macht und motorische und geistige Unruhe mit sich bringt. Ihr könnt euch vorstellen, wie man damit - vor allem als Frau - bei den klardenkenden, kühl und überlegt handelnden Normalmenschen aneckt. Dabei habe ich wirklich Taktgefühl. Niemals würde ich jemandem zu nahe treten oder etwas tun und sagen, was andere verletzt. Und trotzdem haben die Leute Vorbehalte, wenn sie mich schon kommen sehen. Sie ziehen unsichtbare Mauern hoch. Es gäbe auch durchaus Arbeiten - unter gewissen Bedingungen - die ich machen könnte. Aber man gibt mir einfach keine Chance!

Wie ich von euch lese, ist es bei euch ähnlich: Probleme mit anderen Menschen, schlechte Berufsaussichten, fehlende Achtung, aufgezwungene Ansichten und Lebensmuster der Normalos bei gleichzeitigem Unverständnis, welche Probleme den Alltag schwer machen. Der notwendige Rückzug gegen Überlastung und Verletzungen der Mitmenschen wird als krankes Verhalten eingestuft.

Umso unverständlicher, dass nun einige von euch (besonders Colin Müller tut sich da vor) gesunde Frauen zwingen wollen, Kinder bei denen per Ultraschall eine körperliche Fehlbildung oder das Down-Syndrom/ oder per Gen-Analyse eine Psychische Krankheit festgestellt wurden, auszutragen und groß zuziehen. Denn in Heime geben könnten sie die schwierigen Kinder ebenfalls nicht, wenn es nach euch ginge. Denn ihr fordert ja gleichzeitig, die Heime abzuschaffen. Und dann lese ich noch scharfe Schulzuweisungen, wenn Mütter (ja, es geht immer nur gegen Mütter!) überfordert reagieren. Und außerdem lese ich noch Aufforderungen, nicht die eigene Ausrottung (!?) zu unterstützen. Könnt ihr euch denn nicht vorstellen, wie das in der Bevölkerung ankommt? Ich fasse mal zusammen: Behinderte müssen ausgetragen werden. Die jeweilige Mutter muss das Kind groß ziehen, ungeachtet der Umstände (Erhält sie genug Unterstützung? Hat sie die Kraft? Ist sie gerade in einer schwierigen Lebensphase? Sind Therapieplätze für das Kind in der Nähe?). ... Sie darf das Kind nicht weggeben. Sie muss sich ständig von euch Vorwürfe anhören, dass sie das Kind falsch behandelt und dass das viel besser gehe. Mit so einer scharfen Position greift ihr in die privaten Entscheidungen anderer Menschen ein. Haben nicht auch sogenannte "neurotypische" Menschen ein Recht auf Verwirklichung ihres Lebens nach ihren Vorstellungen?

Und wenn ihr fordert, dass noch mehr Behinderte geboren werden, dann frage ich mich, was das bringen soll. Vielfalt und Toleranz bestimmt nicht. Eine Gesellschaft muss ja auch noch in Zukunft funktionieren. (Sonst erkennen die Gesunden den "Trend" immer mehr Kranke zu unterstützen und steigen aus.) Es wäre sinnvoller, die Chancen für barrierefreies Leben und Arbeiten für die auszubauen, die bereits auf der Welt sind. Wie ich mitbekommen habe, suchen diejenigen Autisten, die eine Ehe eingehen und Kinder zeugen wollen, sich normale Partner aus. Weil nämlich die die Familie zusammen, was sie selbst nicht könnten [sic!].

Wenn es eindeutige Gene für ADHS gäbe, hätte ich auch die Möglichkeit der Präimplantationsdiagnostik genutzt. So aber bleibe ich Kinderlos. Denn so ein Leben, wie ich führen muss, würde ich keinem anderen Menschen zumuten!


Geschrieben von: Cathryn am: 29.05.13, 16:39:53
also zusammengefasst:

Was nicht passt, wird passend gemacht ... ne, moment, das geht vielleicht nicht, oder dauert zu lang oder ist zu anstrengend ...

Was nicht passt, wird abgetrieben.

Fein, kostet fast nix, geht fix ...


Geschrieben von: akurei am: 30.05.13, 11:15:04
Da fühlt sich wohl jemand persönlich auf die Füße getragen, quasi "ertappt"?

Mal davon abgesehen, daß ich mir kaum vorstellen kann, daß der Verein als Ganzes schriftsprachlich zu etwas gezwungen hat, geht es auch gar nicht um Zwang. Es geht um Selektion und Eugenik.

Kein menschliches Leben ist mehr oder weniger wert als ein anderes. Nur weil es heute teilweise die Möglichkeit gibt, gesellschaftlich problembehaftete gesundheitliche Alternierungen von der Norm prenatal zu erkennen ist diese Selektion überhaupt möglich.

Die bereits geborenen Menschen entscheiden dementsprechend über den Lebenswert Ungeborener in Hinsicht auf deren Inklusionspotential und Leistungsfähigkeit im Sinne der Verträglichkeit zum krank machenden Kapitalismus.
Die betreffenden Eltern stehen selbstverständlich unter diesem Leistungsdruck der Gesellschaft, eine wirkliche Rechtfertigung ist es trotzdem nicht.
Sowas ist Genozid. Völkermord, die Ausrottung ganzer logischer Ordnungen von Menschen.


Geschrieben von: Alan am: 31.05.13, 06:44:33
Was mir an diesem Brief zunächst einmal aufgefallen ist, ist diese Aussage:

"[...]Ich habe selbst eine Behinderung, schwere ADHS, die jede Konzentration unmöglich macht[...]"

Wenn es für den Verfasser wirklich unmöglich wäre sich auf etwas zu konzentrieren, dann erscheint es widersinnig, dass er diesen Text schreiben konnte.


Geschrieben von: Mama am: 02.06.13, 09:24:50






Zitat von Alan:
Wenn es für den Verfasser wirklich unmöglich wäre sich auf etwas zu konzentrieren, dann erscheint es widersinnig, dass er diesen Text schreiben konnte.


Auch für erwachsene Menschen gibt es Medikamente, welche ihre Konzentration steigern können.
Vielleicht nimmt der Verfasser diese Medikamente ein und er meint lediglich das es ohne Medikament unmöglich für ihn ist, sich zu konzentrieren.


Geschrieben von: Bauklotzkönig am: 02.06.13, 10:03:22
Tendenziell befürworte ich sowohl Abtreibung, als auch Pränataldiagnostik. Das hier geht aber zuweit. Wo soll das denn enden? Kind wird maximal 1,60m gross, also direkt mal abtreiben, oder wie? Es gibt Grenzen die meiner Meinung nach nicht überschritten werden sollten. Und ADHS ist nichts, bei dem ich eine Abtreibung als gerechtfertigt ansehe.


Geschrieben von: Perunica am: 26.06.13, 22:27:10
Der Artikel erschreckt mich.
Welche Normen werden denn dann zugrunde gelegt, damit so ein kleines Wesen leben darf?
Und wie wird mit PID ADHS bzw. Autismus erkannt? Gibt es da Auffälligkeiten im Blutbild oder im Ultraschall?
Oder soll die Selektion später stattfinden, also mit den ersten Symptomen?


Geschrieben von: Unpassend am: 14.07.13, 18:21:31
Wir genießen alle unsere Meinungsfreiheit und es ist gut so, dass man seine persönliche ansichten anderen mitteilen kann. Vor Jahren hatte der Spruch "Mein Bauch gehört mir"
Das stimmte zwar, aber man (also eher Frau) schliess fälschlicher weise ein die im Bauch befindliche Person ein.
Wer käme auf die Idee, aus der Feststellung "mein Haus gehört mir" die Erlaubnis alle Anwohner dieses Hauses töten zu dürfen? Ich glaube, in der Tat man kann nicht beurteilen ab wann wird man zu Mensch und ab wann wird man kein Mensch mehr. Jede Technik ist nur begrenzt verlässlich: Was passiert wenn man bei einem gesunden Fötus eine unheilbare Krankheit diagnostiziert? Was passiert im Gegenfall?
Dann wäre doch vernünftiger abzuwarten bis das Kind geboren wird und erst dann ihn zu töten? Und was ist mit denen die erst im Alter von 2 Jahren erkranken?
Mein Vorschlag: wir sollten keinen Gott spielen und in Leben eines dritten Menschen eingreiffen, sowohl vor Geburt als auch im Alter. Letztendlich die bisherigen Regelungen machen Toten zu Handelsware (Embryos, Knochen Haut und sonst. Organe)


Geschrieben von: Coyote am: 04.08.13, 16:24:20
Ich weiß nicht, ob das von der Sonne kommt, oder ob die Autorin des Textes so widersprüchlich schreibt, aber ich verstehe kaum etwas von dem Geschriebenen.

Sie schreibt von Kranken und Gesunden. Wen meint sie damit?

Zitat:
...Sie muss sich ständig von euch Vorwürfe anhören, dass sie das Kind falsch behandelt und dass das viel besser gehe. Mit so einer scharfen Position greift ihr in die privaten Entscheidungen anderer Menschen ein. Haben nicht auch sogenannte "neurotypische" Menschen ein Recht auf Verwirklichung ihres Lebens nach ihren Vorstellungen?


Es sind Vorschläge von Menschen wie wir (ich bezeiche es denn mal als "Fachwissen")

Zitat:
Kinder bei denen per Ultraschall eine körperliche Fehlbildung oder das Down-Syndrom/ oder per Gen-Analyse eine Psychische Krankheit festgestellt wurden, auszutragen und groß zuziehen. Denn in Heime geben könnten sie die schwierigen Kinder ebenfalls nicht, wenn es nach euch ginge.


Demnach wäre ich ja eine so.genannte Rabenmutter. Aber macht nix, ich kenne mich in der Vogelwelt aus und weiß, wie liebevoll Raben ihre Kinder großziehen. Bin gerne Rabenmutter.

Auch Menschen mit so.gen. "Down Syndrom" können glücklich leben und sich des Lebens freuen. Kenne jemand, der Bücher liest und gerne lacht (mein Cousin).

Die Autorin macht sich zum Opfer der Gesellschaft. In welchen Normschubladen steckt sie denn? Da klemmt die Schublade, um sie zu öffnen …

Woran leiden Autisten denn? Ich habe gelernt, die Stolpersteine, die mir die NT´s vor die Füsse werfen, aufzuheben (hab schon Muskeln davon) und sie ihnen vor die Tür zu setzen.
Klappt noch nicht immer, aber immer besser – ich arbeite dran …

Trotzdem verstehe ich den Text nicht völlig.

Zitat:
Wie ich von euch lese, ist es bei euch ähnlich: Probleme mit anderen Menschen, schlechte Berufsaussichten, fehlende Achtung, aufgezwungene Ansichten und Lebensmuster der Normalos bei gleichzeitigem Unverständnis, welche Probleme den Alltag schwer machen. Der notwendige Rückzug gegen Überlastung und Verletzungen der Mitmenschen wird als krankes Verhalten eingestuft.


Woher kommen die so.gen. Probleme? Weil jemand Autist ist? Werden Probleme auch angeboren? Nein – unsere Gesellschaft versucht permanent für uns die Türen zu schließen.

Sorry, krieg Kopfschmerzen davon - meine Krankheit heißt Migräne ... hat auch ihre Ursachen ...






Geschrieben von: Tarantula am: 09.12.14, 00:18:06
Man ist nicht behindert, man wird behindert...
Das fällt mir dazu ein, sonst bin ich recht sprachlos...


Geschrieben von: Antares am: 06.03.15, 21:31:45
Zitat von 55555:
Ich gebe das einfach mal ohne Kommentar wieder:
Zitat:
Wenn es eindeutige Gene für ADHS gäbe, hätte ich auch die Möglichkeit der Präimplantationsdiagnostik genutzt. So aber bleibe ich Kinderlos. Denn so ein Leben, wie ich führen muss, würde ich keinem anderen Menschen zumuten!

Selbst mit Präimplantationsdiagnostik wäre ein Kind sinnlos, denn so ein Leben, wie sie es führen muss, möchte sie ja keinem anderen Menschen zumuten. Allein durch ihre eigene Existenz tut sie das aber schon mit vielen, also sogar mit diesem Brief mutet sie ja jedem Leser ihre Existenz schon zu samt seiner Auswirkungen auf die Umwelt.

Ach herrje... die Frau hats echt nicht leicht. Wenn ich das lese kommt mir das Bild einer sich Haare raufenden, weinenden Frau in den Sinn. Hoffentlich kommt diese Dame nie an Macht. Und wird nie schwanger.