Zitat:
Der Bewerber war perfekt. Auf jede Frage, die ihm gestellt wurde, hatte er eine druckreife Antwort. Kein Zögern, kein Verhaspeln, keine holprige Wortwahl. Sein Lebenslauf war so schlüssig, als hätte er ihn schon am Tag seiner Geburt durchgeplant. Und seine Kleidung saß, als käme er gerade vom Maßschneider. Doch als er den Raum verlassen hatte, blieb ein Unbehagen zurück. Der Personalchef sagte schließlich: »Ich glaube, der war mir zu perfekt!« Die anderen nickten und sagten: »Ja, irgendwie ist das ein glatter Typ!«
Es ist grotesk: Wir alle streben nach Perfektion, doch wer sie erreicht, hat nichts erreicht. Perfektion mache verwechselbar und verhindere Charme, wie Catherine Deneuve zu Recht anmerkt.
Idealgewicht erinnert andere an ihr eigenes Übergewicht. Hohe Intelligenz hält anderen ihr durchschnittliches Denkvermögen vor Augen. Und perfekter Sprachgebrauch bringt die kleinen Fehler der anderen zum Leuchten wie die Nacht das Glühwürmchen. In Gegenwart der Perfekten, der Geleckten, der Überflieger fühlt sich niemand wohl. Es sei denn, er ist selbst perfekt, geleckt oder Überflieger – aber wer kann das von sich behaupten?