Community zur Selbsthilfe und Diskussionsforum für alle weiteren Fragen des Lebens. Fettnapffreie Zone mit demokratisch legitimierten Moderationsregeln.
Von Autisten lernen heisst lieben lernen. Ehrlich, nüchtern, authentisch, verrufen, fair, sachorientiert: autistisch.
- Für neue Besucher und Forennutzer gibt es [hier] eine Anleitung inkl. Forenregeln. -

Tipp: Wenn https bei der Forennutzung Probleme macht: autismus-ra.unen.de; wenn https gewünscht wird: autismus.ra.unen.de
 
Autor Nachricht
Prometheus
(Autistische Entität )

Wie war eure erste Begegnung mit einem anderen Autisten?
Meinen ersten anderen Autisten traf ich circa ein halbes Jahr nach meiner Asperger-Diagnose
vor sechs Jahren auf einer speziellen Veranstaltung zum Welt-Autismus-Tag, von der ich
damals von meinem ehemaligen Schulbegleiter erfahren hatte. Ich weiß nicht mehr, worum
es dabei ging, denn für mich war das wichtigste, dass ich hier zum ersten mal andere Autisten
im richtigen Leben treffen würde. Ich erhoffte mir Antworten auf die Fragen, die ich mir schon
mein ganzes Leben lang gestellt habe und die mir kein Psychologe beantworten kann, sondern nur
Menschen die meine art zu denken und auch meine Probleme mit meinem NA-Personenumfeld teilen
und verstehen. Der erste "andere" war ein hagerer junger Student, 7 Jahre älter als ich und
das erste woran ich mich erinnere ist, dass er, allein in der Ecke stehend und in ein Buch
vertieft, genauso wirkte wie ich bei unseren Schulveranstaltungen, mit denen ich kaum
etwas anfangen konnte, weil sie meistens mit verhasster Gruppenarbeit verbunden waren.
Erstaunlicherweise hatte ich keine Probleme, ihn anzusprechen oder ein Gespräch anzufangen,
welches sich bis zum ende der Veranstalung hinzog. Wir tauschten Kontaktdaten aus und sind
bis heute Brieffreunde.
ich freue mich darauf eure Antworten zu lesen,
Prometheus
01.08.17, 10:15:24
Link
Antares
(White Unicorn)

Ich bin aus einer Familie, in der schon der Uropa so war wie ich bin. Dass man uns Autisten nennt, ist ja erst total neu seit etwa 1990. Solch eine Art zu sein merkte ich, dass öfter mal hier und da vorkommt, Menschen die ähnlich sind wie ich. Ich bin aber von Natur aus gesellig und neugierig, weshalb mir das in Anbetracht der Menge an Menschen die ich erlebte, kennen lernte etc nicht besonders wichtig vor kam zu Beginn meines Lebens.

Für mich war es somit vollständig unspektakulär und alltäglich.
01.08.17, 12:56:44
Link
Kaleidoskop
(in einer Seifenblase zwischen den Welten (DIS & AS & ...)

Mein erster Kontakt zu einem „echten Autisten“ war erst letztes Jahr. Neben meinem eigentlichen Job wollte ich eigentlich nur bis zu den Herbstferien bei einem Fahrunternehmen aushelfen, das eine Fahrtbetreung für ein autistisches Mädchen brauchte. Sie wurde als schwierig bezeichnet, dass sie schon auch mal um sich schlüge etc.
ich sagte zu und rechnete mit einem unberechenbaren Biest, das, wie ich wusste, nicht sprechen kann und irgendwie auch unästhetisch aussehen oder sabbern würde. Mir war frühkindlicher Autismus kein Begriff.

Früh morgens stieg dann ein süßes, ruhiges Mädchen in den Bus. Vom ersten Augenblick war da eine für mich tiefe und unbegreifliche Verbundenheit oder Vertrautheit da — ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll... In ihr fand ich einen unentdeckten, gut versteckten, aber evtl. Sehr wichtigen Teil meiner Seele wieder. Unsere ersten Interaktionen waren vorsichtig, teilweise verbal, aber viel auch nonverbal.

Im Laufe der Zeit erreichten wir, dass sie bei roten Ampeln geduldig bleibt und auch bei längerem Warten auf ein Kind. Verbales erklären, nonverbalen Interagieren. Wir erarbeiteten auch, dass die Welt nicht untergeht, wenn die Strecke mal komplett anders ist, als sie sie gewöhnt ist.
Ich habe auch gelernt, dass es keinen Sinn macht, sie trösten zu wollen, wenn sie schon zu einem gewissen Maß in einem Gefühl ist — beim ersten Versuch klatschte Sie mir (ungewollt!) ihre Mütze ins Gesicht. Auch wenn sie wenig spricht, „quasi—nonverbal— ist, hat sie einen enormen passiven Wortschatz. So konnte ich ihr klar machen, dass ich nicht gehauen werden möchte. Das kam auch nie wieder vor.

Januar oder Februar hat ihre Familie (evtl. Hauptdrahtzieher der Vater) dafür gesorgt, dass ich die Betreuung aufgeben musste. Lügen wurden erzählt über mich. Das tat weh.

Da ich mich vor kurzem mit ihrer Mutter in den Haaren hatte (Streit), weil ich mich von ihr belogen fühlte, besteht zur Zeit kein Kontakt. Ich schicke der Mutter zwar Videos für ihre Tochter, ob sie sie jemals zu sehen bekam, weiß ich nicht. Der Gedanke, dass sie sie nicht sieht und vielleicht denkt, ich möge sie nicht mehr, tut weh. Und was, wenn ihre Eltern ihr das und anderen Mist, der nicht stimmt, einreden?

Der Altersunterschied ist 20 Jahre. Ich bin nicht pädo. Egal, ob Junge oder Mädchen. Für mich ist sie Freundin/kleine Schwester/Soulmate.

Ich hör jetzt besser auf, diese Machtlosigkeit und das Vermissen machen mich nur traurig. Und ich weiß, dass ich der Mutter nicht wie ein Hund hinterherkriechen und mich ausnutzen und verletzen lassen soll... immer wieder bringe ich mich in blöde, schwierige, ausweglos scheinende Situationen...

Aber die Erinnerungen kann mir keiner nehmen... :‘(
01.08.17, 17:10:04
Link
Prometheus
(Autistische Entität )

Mann, ich wünschte wirklich, ich hätte damals so einen netten und verständnisvollen Fahrer gehabt...Ich musste zu Schulzeiten immer dreissig Kilometer zur Schule gefahren werden, weil auf allen weiterführenden Schulen im Umkreis altbekannte Mitschüler nur darauf warteten, mich zu mobben. Meine Fahrer erlaubten mir nicht, meine Hausaufgaben zu machen ober zu lesen. Auch Gespräche waren verboten. Ich verbrachte eineinhalb Stunden am Tag damit still darzusitzen und mich zu langweilen. Deine Geschichte ist sehr traurig. Weshalb hat der Vater denn lügen über dich behauptet?Ich finde es wichtig dass Autisten Menschen kennenlernen, die so sind wie sie selbst und ihre Sicht der Welt verstehen. Vielleicht hilft das vielen mehr als Therapien, die auf der Grundannahme basieren, das autistisches Denken "gestört" ist.
01.08.17, 18:10:24
Link
drvaust
(stillgelegt)

Zitat von Prometheus:
Wie war eure erste Begegnung mit einem anderen Autisten?
Schwer zu sagen, weil ich Autismus erst mit ca. 44 Jahren richtig kennenlernte.
Ich bin wahrscheinlich auch davor mehrmals Autisten begegnet. Bei einzelnen Personen meiner Vergangenheit vermute ich Autismus, die waren mir ähnlich und sympatisch, aber ich weiß es nicht. Wir waren eigenartige Aussenseiter, zurückhaltend und schüchtern, also kaum Kontakt. Vielleicht war mein ältester Onkel Autist, aber der starb vor ca. 25 Jahren.
Inzwischen kenne ich Autisten und treffe diese manchmal, besonders in unserer SHG.
02.08.17, 08:18:10
Link
Kaleidoskop
(in einer Seifenblase zwischen den Welten (DIS & AS & ...)

Gelogen haben die Eltern, weil der Kontakt sehr innig war. Sie mag Küsschen — ich gebe nur auf Wange & Stirn, Mund ist „Blutsverwandte Familie“. Sie forderte sie sanft ein, also könnte ich entscheiden, ob ich nachgebe oder nicht. Deutsche sind bei so Dingen sehr spießig. Die Mütter behauptete zwar, dass es okay sei, aber vielleicht ist da doch Eifersucht im Spiel...? Meine Arme sind durch meine Jugend und dem damit verbundenen Selbstverletzendem Verhalten sehr vernarbt. Ich war zu schnell zu offen und sagte, dass ich Traumata überlebt habe. Daraus wurde mir von der Familie eine Depression angedichtet und dass das nicht gut für alle Kinder wäre. Dass mich alle mochten und ich nicht depressiv in der Ecke rumsaß, spielt keine Rolle. Dann war es plötzlich ein Problem, dass ich fast blind bin und sie ihren Eltern schon einige Male in einem sehr schnellen Tempo davon gelaufen ist. Bei mir hatte sie beim Ein — und Aussteigen nie eine Chance, dies zu tun, da ich praktisch ihr Schatten war.
Was die Eltern nicht begreifen ist, dass sie genau weiß, bei wem sie was tun kann. Bei einem Fahrer hat sie trotz Warten—können ein bühnenreifes Theater hingelegt, sodass dieser Fahrer dafür sorgte, dass der Fahrtweg wie gewohnt war. Dabei wusste ich, dass sie diese Veränderungen und Warten—müssen aushalten kann und ruhig bleiben kann.

Ich finde den Verlauf sehr traurig.
Selbst als Freundin habe ich wegen der Erwachsenen keine Chance, da sie von ihrem „Fahrdienst“ abhängig ist und ich bin auch von den Fahrkünsten meines Mannes abhängig. Er wird nicht mehr dorthin fahren, weil die Eltern an einem klärenden Gespräch interessiert waren (wegen der Verleumdungen) und weil er nicht will, dass mich die Eltern wieder tief verletzen können.

Ich musste übrigens auch ewig lang mit dem Fahrdienst zur Schule gefahren werden musste. Internat 1 ca. 1 h, Internat 2 ca. 5 h. Ich musste für Schule 2 immer die Nacht wach bleiben, weil die Eltern unzuverlässig waren. Und ins Gymnasium fuhr ich alle 2 — 4 Wochen mit dem Zug fahren, ca. 3 — 4 h. Erst mit Begleitperson, dann alleine.
02.08.17, 15:48:01
Link
Kaleidoskop
(in einer Seifenblase zwischen den Welten (DIS & AS & ...)

Treffen wäre echt schön, aber mich trauen tu ich nicht. Außerdem bin ich nicht offiziell diagnostiziert. Und normalerweise brauche ich Zeit, bis ich in Gruppen auftaue. Es gibt 2 Verhaltensweisen von mir in so Situationen: reden wie verrückt, um meine Angst und Unsicherheit zu verbergen oder Schweigen.
02.08.17, 15:52:07
Link
Prometheus
(Autistische Entität )

Viele Menschen haben für soetwas kein verständnis, weil sie es schlichtweg nicht nachvollziehen können. Bei den Eltern
meiner jetzigen Freundin war das ganz ähnlich. Sie waren mir gegenüber sehr misstrauisch, fragten meine Freundin aus,
warum ich mich so seltsam verhalte und ob ich denn Drogen nehmen würde. Ich wollte diese Vorwürfe natürlich nicht auf
miir beruhen lassen, deshalb habe ich ihnen alles erzählt: meine Lebensgeschiichte mit meinen traumatischen Kindheitserlebnissen, meiner daraus entstandenen schweren Sozialphobie und meinen Asperger-Autismus. Ihre Reaktion
darauf war unerwartet und sehr verletzend.Der Vater nannte mich einen Spasten und diie Mutter erklärte mir, das sei alles
Unsinn und nur schlechte Erziehung. Das Verhältnis zwischen mir und ihnen ist bis zum heutigen Tage frostig, doch die Liebe zu meiner Freundin haben sie nicht vergällen können.
02.08.17, 21:40:51
Link
Antares
(White Unicorn)

Boshaften Menschen, die:

- pauschalisieren in Richtung, eh alles Drogenopfer
- hinter dem Rücken ausfragen/lästern
- hohes Maß an Misstrauen
- Vorwürfe und vollständiges Unverständnis

wäre die letzte Idee die ich hätte mein Intimleben zu erzählen. Es war diese Reaktion letztendlich eine logische Konsequenz in der Handlung - unerwartet bei so einer Liste... ja vielleicht wenn man solche Menschen nicht kennt. Davon gibt es sehr viele, aus meiner Sicht deutlich angenehmere Wege im Umgang mit boshaften Menschen sind:

- ihnen fern bleiben
- mit einem Anwalt dort erscheinen, wenn derjenige Macht inne hat
- wenig mit ihnen sprechen und wenn dann sehr gut überlegen, wie man eine gesunde Distanz wahrt
- immer auf genügend Abstand achten in einer Konversation, so dass sie nie Grenzen überschreiten

Ob es sich hierbei um Eltern von Freunden handelt oder nicht spielt keine Rolle. Die Kraft und Stärke solchen Menschen begegnen zu können, ohne dabei Schaden zu nehmen ist bei einer vorhandenen:

- Sozialphobie
- aufgrund Traumatisierung

die nicht verarbeitet sind, so dass man immer wieder Menschen "ins offene Messer" läuft, unwahrscheinlich, wenn auch möglich.

Das hat auch nichts damit zu tun, ob man Autist ist oder nicht. Nicht-Autisten die durch Traumata und Sozialphobie in diesem Verarbeitungsprozess stecken handeln und verhalten sich ebenso.
03.08.17, 07:54:51
Link
Kaleidoskop
(in einer Seifenblase zwischen den Welten (DIS & AS & ...)

Ich bleibe auch auf Abstand und distanziert. WENN die Mütter Kontakt wünscht, weiß sie, wie man ein Smartphone nutzt;)
03.08.17, 15:40:36
Link
Prometheus
(Autistische Entität )

Das Problem an diesen Menschen ist, das sie nicht als boshafte Menschen erkennbar sind und ihre Meinungen nicht unbedingt offen preisgeben.Das ist wie bei Psychopathen, denen man ihr fehlendes Gewissen auch nicht ansieht und die einen durch ihre oberflächliche freundlichkeit manipulieren. Ich kann solche Menschen Vielleicht nicht so gut erkennen, aber sie wirkten wirklich nicht so wie sie letztendlich dachten. Ich habe keinen Kontakt mehr zu ihnen, seit meine Freundin dort ausgezogen ist und bin froh darüber.
04.08.17, 14:00:58
Link
Antares
(White Unicorn)

Sie müssen ihre Meinung nicht offen preisgeben, auch ohne Worte sind sie als boshafte Menschen erkennbar. Bevor Du Dein Intimleben offenbartest sagtest Du ist Folgendes passiert:

- sie waren Dir gegenüber misstrauisch
- Deine Freudnin wurde befragt, sie äußerten ihr gegenüber wie sie Dir mitteilte, dass sie Dich seltsam finden und gehen davon aus, dass Du Drogen nimmst
- Du merktest, dass es Vorwürfe sind

-> die Reaktion darauf war unerwartet und sehr verletzend.

Bei der Liste von: mein Gegenüber ist Misstrauisch, stellt gegenüber anderen Menschen hinten herum Vorwürfe in den Raum und äußert Drogenmissbrauchsverdacht aufgrund Seltsamkeit

Kann ich Dir zumindest sagen, dass du diese Reaktion erwarten kannst und Dich besser rechtzeitig schützt, da es ansonsten verletzt. Das ist aber wie bereits erwähnt bei traumatisierten Menschen die ein Trauma nicht verarbeiten sehr häufig in der Erzählung, dass dieser Schritt nicht gemacht wird und ganz häufig das auch nicht gelernt wird oder werden kann, das weiß ich nicht. Aber ich beobachte das nun seit vielen Jahren, es wiederholt sich bei Traumatas immer und immer wieder, bis derjenige lernt mit der Traumatisierung um zu gehen (damit kenne ich mich aber nicht aus, wie das geht).
04.08.17, 14:42:14
Link
Gehe zu:
Technische Rechte (vorbehaltlich seperater moderativer Einschränkungen):

Es ist dir nicht erlaubt, neue Beiträge zu schreiben.
Es ist dir nicht erlaubt, neue Themen zu erstellen.
Es ist dir nicht erlaubt, deine Beiträge zu bearbeiten.
Es ist dir nicht erlaubt, deine Beiträge zu löschen.


HTML Code ist AUS
Board Code ist AN
Smilies sind AN
Umfragen sind AN

Benutzer in diesem Thema
Es lesen 1 Gäste und folgende Benutzer dieses Thema:

Ähnliche Themen
Thema Antworten Hits Letzter Beitrag
Gehe zum ersten neuen Beitrag Religion
535 1644053
09.07.21, 14:33:42
Gehe zum letzten Beitrag von 55555
Gehe zum ersten neuen Beitrag Hallo.
585 334856
11.12.16, 18:05:19
Gehe zum letzten Beitrag von 55555
Gehe zum ersten neuen Beitrag Thread zur Beobachtung regimenaher Propagandamedien
296 1272378
10.07.21, 09:17:46
Gehe zum letzten Beitrag von 55555
Archiv
Ausführzeit: 1.2388 sec. DB-Abfragen: 15
Powered by: phpMyForum 4.1.55 © Christoph Roeder