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Die Eltern des todkranken Baby Charlie sind auch am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gescheitert. Die Geräte, die den 10 Monate alten Charlie künstlich am Leben erhalten, dürfen damit abgestellt werden. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis der kleine Charlie sterben wird. Das Urteil ist endgültig, ließen die Richter gestern verlauten: Kein Einspruch, kein Rechtsmittel, keine weitere Instanz kann es mehr ändern. Das Urteil kommt unerwartet. Und es wirft ethische Grundfragen auf: Wie sehr vernebelt Elternliebe den Blick? Und sollten Richter darüber entscheiden, wann ein Leben lebenswert oder lebensunwert ist?
Charlie leidet an einer seltenen und tödlich verlaufenden Erbkrankheit. Seine Mitochondrien, kleine Zellbestandteile, die den Energiehaushalt aller Körperzellen kontrollieren, funktionieren nicht. Deshalb leiden seine Organe: Muskeln, Leber und Gehirn sterben langsam ab. Charlie liegt schon jetzt reglos im Bett und kann nicht mehr eigenständig atmen und essen – er muss künstlich ernährt und beatmet werden. Eine etablierte Therapie für die Erkrankung gibt es nicht. Charlies Eltern aber klammern sich an eine letzte Hoffnung: eine experimentelle Therapie in den USA. Das Angebot ist dubios, die Therapie wurde bisher nicht an Menschen getestet. Die amerikanischen Ärzte glauben trotzdem, dass sie Charlie ein paar schöne Stunden, gar Jahre schenken könnten.
Die Ärzte am Great Ormond Street Hospital London, die Charlie behandeln, aber lehnen die Behandlung ab. Sie wollten nicht zulassen, dass dem kleinen Kind weiteres Leid zugemutet wird. Eine strapaziöse Reise in die USA, um das Kind einer mehr als fragwürdigen Therapie zu unterziehen, sei beim besten Willen nicht im Sinne des Kindes. Sie plädieren dafür, die Maschinen abzustellen und das Kind in Würde sterben zu lassen. Das Krankenhaus klagte. Über alle Instanzen hinweg gaben die britischen Richter den Ärzten recht: Es sei im Sinne des Kindes die lebenserhaltenden Maßnahmen zu beenden. In ihrer Begründung schrieben die Richter des obersten Gerichtshofes Englands: "Es gibt keine realistische, alternative Therapie für den armen Charlie." Je länger man Charlie künstlich am Leben erhalte, desto "mehr Schmerz, Leid und Elend" erwarte ihn.