Zitat:
Dass eine in keiner Fachzeitschrift veröffentlichte „Studie“ so viel
Aufmerksamkeit erhält, dürfte eher selten vorkommen. Erscheinen die
Ergebnisse in einem Buch, das sich den Titel von einer sonntäglichen
TV-Krimiserie mit Kultstatus leiht, sieht die Sache offensichtlich
anders aus. Zumal, wenn der SPD-Gesundheitsexperte, Arzt und
Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach bei der Vorstellung des Buches
assistiert. Der Psychiater Karl Beine und die Journalistin Jeanne
Turczynski wollen in „Tatort Krankenhaus“ zudem einer eminent
politischen Frage nachgehen: „Wie ein kaputtes System Misshandlungen und
Morde an Kranken fördert“, heißt der Untertitel.
Schon vor der Präsentation des Buches am gestrigen Mittwoch in Berlin
hatte der Verlag eine schockierende Behauptung herausposaunt:
Möglicherweise seien mehr als 21 000 Tötungsdelikte in jedem Jahr in
deutschen Kliniken und Pflegeheimen zu beklagen, begangen durch Ärzte
und Pflegekräfte. Eine ungeheuerliche Zahl – mehr als 36-mal höher als
die Zahl polizeilich erfasster Morde und Totschlagfälle, wie Karl-Josef
Laumann (CDU), der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, in einer
ersten Reaktion zu bedenken gab.
[...]
Der Chefarzt hat eine These, die darüber hinausweist. „Wir leben in
einem Gesundheitssystem, das diese Delikte fördert“, sagt er. So wird
das Buch über weite Strecken zur Kritik an der Ökonomisierung des
stationären Gesundheitswesens, der Abrechnungsart nach Fallpauschalen,
die einen Anreiz bildet, sich lukrative Fälle herauszugreifen und am
Personal zu sparen.