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Autor Nachricht
55555
(Fettnäpfchendetektor)

Zitat von Waldstein:
Ich gehöre zu denen, die viel schreiben, aber oft wochenlang fast kein Wort sprechen.

Ja.
Zitat:
Am Ende wollte er noch, dass ich meinen Beruf aufgebe (habe viele, viele Jahre gebraucht, um beruflich eine Nische zu finden) und in eine "Behindertenmaßnahme" wandere.

Immer wieder erstaunlich was es so alles gibt.
Zitat:
Noch mal zum Zusammengehörigkeitsgefühl: ich glaube, das kenne ich nicht. Aber durchaus sowas wie Solidarität.

Wie würdest du beides voneinander trennen?
Zitat:
die sich ganz stark über ihre Gruppe definieren und die auch ganz oft in der "Wir"-Form sprechen.

Theoretisch könnte das ja rational begründet sein oder tatsächlich emotional. Es hängt wohl auch davon ab, ob man bisher Erfahrungen mit anderen Autisten machte, die einen dazu bringen sich auf Kontakt zu freuen? Das kann durchaus fehlen, wenn man bisher nur SHGn kennenlernte und dort nicht reinpasst.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
29.01.13, 19:55:40
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Waldstein
(Standard)

Zitat von 55555:

Zitat:
Am Ende wollte er noch, dass ich meinen Beruf aufgebe (habe viele, viele Jahre gebraucht, um beruflich eine Nische zu finden) und in eine "Behindertenmaßnahme" wandere.

Immer wieder erstaunlich was es so alles gibt.


Das ist so mit das, was mich bei der Autisten-"Therapie" am meisten aufregt: dass man Autisten absolut nichts zutraut, auch wenn sie schon hundert Mal bewiesen haben, dass sie etwas zumindest passabel können. Und dass man sie dann so klein hält anstatt sie in ihren Fähigkeiten zu unterstützen. Ich habe u. a. mal für eine Firma gearbeitet, die ein deutsches Leitmedium täglich mit Informationen versorgt hat, aber kaum ist man beim "Therapeuten" wird man zum sozialpädagogisch betreuten Schraubeneintüten oder sowas verdonnert. Also ich mache auch so genannte "niedere Arbeiten" wenn es sein muss. Das Problem ist nur, dass einem sobald man das AS-Etikett drauf hat offenbar gar nichts anderes mehr zugetraut wird. Ich möchte gar nicht wissen, wie viele Autisten in diesem Land regelrecht kaputt gemacht werden mit solchem Unsinn. ***Haarerauf***

Zitat von 55555:
Zitat:
Noch mal zum Zusammengehörigkeitsgefühl: ich glaube, das kenne ich nicht. Aber durchaus sowas wie Solidarität.

Wie würdest du beides voneinander trennen?


Solidarität ist meiner Einschätzung nach eher situationsgebunden. Wenn also ein Autist beispielsweise ein bestimmtes Anliegen hat und deswegen angegriffen wird und ich das als ungerecht ansehe, dann würde ich mich solidarisch mit ihm erklären - auch dann, wenn ich eigentlich kein grundsätzliches Zusammengehörigkeitsgefühl empfinde. Wenn ein NT ungerecht angegriffen würde, würde ich mich aber genauso solidarisch erklären.

Ich weiß, dass es Leute gibt, für die ist Solidarität NICHT situationsgebunden. Man hört sowas öfter bei der Linkspartei, die sich solidarisch mit Armen, Benachteiligten usw. erklärt, also nicht situationsgebunden, sondern generell. Das ist mir aber zu abstrakt so ganz ohne konkreten Anlass oder Situation. Wenn es jetzt aber zu einer Situation käme, ein Mensch (egal ob Autist oder nicht) würde gegen seinen Willen zwangstherapiert werden, dann würde sowas wie Solidarität aufkommen.

Zitat von 55555:

Zitat:
die sich ganz stark über ihre Gruppe definieren und die auch ganz oft in der "Wir"-Form sprechen.

Theoretisch könnte das ja rational begründet sein oder tatsächlich emotional.


Wenn man sagt "Wir Autisten werden häufig ausgegrenzt" ist es ja eine Tatsachenbeschreibung, was ich auch ganz unproblematisch finde und mich dem auch anschließen kann. Ich kann mich aber an eine Situation erinnern, wo eine Autistin sagte "Wir (gemeint waren wohl "wir Autisten") wollen solche Diskussionen nicht". In diesem Fall ist das m. E. ein nicht zulässiges "Umarmungs-Wir". Ich habe sie dann auch gefragt, wer denn jetzt "wir" sei, aber sie ist einfach davon ausgegangen, dass sie ihr Empfinden auf alle Autisten übertragen könne. Und es gibt sicher auch welche, die da zustimmen, aber ich für meinen Teil fühle mich eben NICHT als Teil einer autistischen Gemeinschaft, die mit einer Stimme spricht und die in allem irgendwie homogen denkt und handelt. Ich nehme zur Kenntnis, dass es Autisten gibt, mit denen mich einige Gemeinsamkeiten verbinden. Dann gibt es welche, bei denen ich so weit gehen würde zu sagen, dass wir de facto gleich "programmiert" sind - auch wenn die Interessen unterschiedlich sind, aber die ART UND WEISE, wie sie betrieben werden, ganz gleich sind - das ist immer besonders toll, wenn man solche - online natürlich - trifft! Und dann gibt es noch welche bei denen ich so gut wie keine Schnittmengen sehe. Also quer "durch den Garten" sozusagen. Das alles steht dem ohnehin kaum zu aktivierenden Zusammengehörigkeitsgefühl entgegen.


Zitat von 55555:

Es hängt wohl auch davon ab, ob man bisher Erfahrungen mit anderen Autisten machte, die einen dazu bringen sich auf Kontakt zu freuen? Das kann durchaus fehlen, wenn man bisher nur SHGn kennenlernte und dort nicht reinpasst.


Ich war ja noch nie leibhaftig bei so einem SHG-Treffen. Manchmal denke ich, dass ich vielleicht hingegen sollte, weil es ja wider Erwarten vielleicht dann ganz toll ist, so einen ganzen Haufen Autisten verschiedenster Ausprägung zu sehen. Aber letztlich bin ich dafür wirklich zu solitär / asozial / ignorant - whatever. Vielleicht aber kommt ja irgendwann ein Zeitpunkt, wo das Interesse dafür kommt. Ich bin auch noch gar nicht so lange in der Lage, mich als "Autist" zu bezeichnen, weil das in meinen Augen immer Kanner-Autisten waren. Es braucht halt alles seine Zeit...

Wie sieht es denn bei Dir aus mit dem Zusammengehörigkeitsgefühl? Ich habe die Charakterisierung in die verschiedenen Gruppen gelesen. Das sieht auf den ersten Blick eher nach Unterteilung aus - was einen funktionierenden Überbau aber natürlich nicht ausschließt.
29.01.13, 23:03:50
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drvaust
(stillgelegt)

Zitat von Waldstein:
... In diesem Fall ist das m. E. ein nicht zulässiges "Umarmungs-Wir". ...
Dieses 'Umarmungs-Wir', wenn ich Dich richtig verstanden habe, scheint bei Autisten wenig ausgebildet zu sein. Es gibt natürlich auch Autisten, die sich stark angepaßt haben, die sich anstrengen, um etwas wie NA zu schaffen. Diese sind evtl. mehr NA-artig als normale NA.
Zitat von Waldstein:
... autistischen Gemeinschaft, die mit einer Stimme spricht und die in allem irgendwie homogen denkt und handelt.
Das ist nicht typisch autistisch, Autisten sind individueller als NA und stehen kaum auf 'Friede, Freude, Einheitsgemeinschaft usw.'. Bei Autisten ist jeder anders, aber es gibt gemeinsame Wesenszüge.
Zitat von Waldstein:
... auch wenn die Interessen unterschiedlich sind, aber die ART UND WEISE, wie sie betrieben werden, ganz gleich sind ...
Das ist typisch für autistische Gemeinschaften. Da kann man sachlich über kontroverse Themen diskutieren, die in einer NA-Gemeinschaft tabu sind oder die Gemeinschaft zerstören würden. Unter natürlichen Autisten gibt es eine ähnliche Denkweise, die für unterschiedliche spezielle Themen benutzt wird.

Ich sehe autistische Zusammengehörigkeit als eine angenehm ähnliche Denkweise, angenehm offene Direktheit, keine verkrampfte Wir-Erzeugung.
Eine autistische Gemeinschaft ist kaum ein sich zusammendrängendes Rudel, sondern ein angenehm direktes Miteinander, ohne feste Bindung.
30.01.13, 05:07:51
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Mozzarella
(Standard)

geändert von: Mozzarella - 30.01.13, 09:46:32

Ich wünsche mir sehr ein Menschen zu treffen der einen versteht. frei von Vorurteilen und klischees, Menschen mit viel liebe in sich. Ich habe mir schon immer einen Menschen gewünscht mit dem ich mich ohne Worte verstehe. Es kann nie alles gesagt sein. Wiederspricht sich jetzt aber reden tu ich überhauptnichtviel. Außer hier etwas. ich denke oft ganz oder garnicht. Ich komm mit diesem smalltalk garnicht klar. Obwohl eig schon aber irgendwie interessieren mich diese Nichtigkeiten nicht. und wenn der Mensch wieder Unsinn von sich gibt hab ich doch ein sehr großes Gefühl nicht zum Menschen zu gehören. Ich habe jetzt nach meiner antwort erst die Antworten gelesen und ich muss sagen das ich wirklich froh bin dieses Forum gefunden zu haben. Ich bin erst seit 2std. Hier und komme nichtmehr weg. ich hab soviele fragen an euch ich bin etwas überfordert.
30.01.13, 09:35:43
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Zitat von Waldstein:
Ich möchte gar nicht wissen, wie viele Autisten in diesem Land regelrecht kaputt gemacht werden mit solchem Unsinn.

Meine vorsichtige Schätzung: Eine knapp sechsstellige Anzahl von Autisten wird hierzulande für mindestens 50 Mio€ im Monat, vermutlich eher ein Vielfaches davon, brutal diskriminiert und exkludiert. Nicht inklusive der wohl ebenfalls um ein Vielfaches höhere volkswirtschaftlische Schaden dieser praktizierten Fremdenfeindlichkeit.
Zitat:
Solidarität ist meiner Einschätzung nach eher situationsgebunden.

[...]

Ich weiß, dass es Leute gibt, für die ist Solidarität NICHT situationsgebunden. Man hört sowas öfter bei der Linkspartei, die sich solidarisch mit Armen, Benachteiligten usw. erklärt, also nicht situationsgebunden, sondern generell.

Auch diese Solidarität wird wohl situationsgebunden sein, wenn sie auch weltanschaulich gedingt viel grundsätzlicher gesehen wird (angenommene Ausbeutung durch das Kapital).

Aber Gruppenzusammenhalt ist wenn man so will auch situationsgebunden. Hier geht es aber wohl weniger um Gerechtigkeit als mehr um eigene Stärke? Zu wissen, daß die anderen einem eher helfen würden, weil man ihnen in gewisser Weise näher ist als anderen?
Zitat:
Wenn man sagt "Wir Autisten werden häufig ausgegrenzt" ist es ja eine Tatsachenbeschreibung, was ich auch ganz unproblematisch finde und mich dem auch anschließen kann.

Ja.
Zitat:
Ich kann mich aber an eine Situation erinnern, wo eine Autistin sagte "Wir (gemeint waren wohl "wir Autisten") wollen solche Diskussionen nicht". In diesem Fall ist das m. E. ein nicht zulässiges "Umarmungs-Wir".

Das würde ich eher für den Versuch halten sachlichen Austausch durch manipulative Rhetorik zu unterdrücken. Signal: "Wer auch zum "Wir" gehören will, der sollte mir nicht widersprechen."
Zitat:
Dann gibt es welche, bei denen ich so weit gehen würde zu sagen, dass wir de facto gleich "programmiert" sind - auch wenn die Interessen unterschiedlich sind, aber die ART UND WEISE, wie sie betrieben werden, ganz gleich sind - das ist immer besonders toll, wenn man solche - online natürlich - trifft!

Wenn das toll ist, ist dieser Kontakt dir dann auch mehr wert als der zu anderen Menschen?
Zitat:
Ich war ja noch nie leibhaftig bei so einem SHG-Treffen.

SHG-Treffen sind wohl eh nur für einen Teil der Autisten barrierefrei. Man sollte nicht denken das wären Treffen für alle Autisten.
Zitat:
Wie sieht es denn bei Dir aus mit dem Zusammengehörigkeitsgefühl?

So ganz fertig bin ich für mich mit dem Thema auch noch nicht.
Zitat:
Ich habe die Charakterisierung in die verschiedenen Gruppen gelesen. Das sieht auf den ersten Blick eher nach Unterteilung aus - was einen funktionierenden Überbau aber natürlich nicht ausschließt.

Was hättest du erwartet, wenn nicht Differenzierung?

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
30.01.13, 15:49:02
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Waldstein
(Standard)

Zitat von 55555:

Zitat:
Ich kann mich aber an eine Situation erinnern, wo eine Autistin sagte "Wir (gemeint waren wohl "wir Autisten") wollen solche Diskussionen nicht". In diesem Fall ist das m. E. ein nicht zulässiges "Umarmungs-Wir".

Das würde ich eher für den Versuch halten sachlichen Austausch durch manipulative Rhetorik zu unterdrücken. Signal: "Wer auch zum "Wir" gehören will, der sollte mir nicht widersprechen."


Ja, das sehe ich auch so. Aber ich frage mich dann weiter, wen sie denn meint mit "wir". Denn offensichtlich meint sie so eine Art Untergruppe von Autisten, weil sie die Äußerung gegenüber einem anderen Autisten gemacht hat. Also ein Zusammengehörigkeitsgefühl INNERHALB von Autisten. Und ab dem Punkt komme ich halt nicht mehr ganz mit.


Zitat von 55555:

Zitat:
Dann gibt es welche, bei denen ich so weit gehen würde zu sagen, dass wir de facto gleich "programmiert" sind - auch wenn die Interessen unterschiedlich sind, aber die ART UND WEISE, wie sie betrieben werden, ganz gleich sind - das ist immer besonders toll, wenn man solche - online natürlich - trifft!

Wenn das toll ist, ist dieser Kontakt dir dann auch mehr wert als der zu anderen Menschen?


Ja, auf jeden Fall. Die Verständigung ist auch deutlich leichter. Und die gegenseitige Toleranz. Da geht nicht so viel Energie flöten. Viel Input, wenig Output. Meist ist es ja umgekehrt. Für mich ist das Glück. Aus für mich unerfindlichen Gründen lösen sich solche Konstellationen aber auch oft nach Monaten oder einigen Jahren auf.


Zitat von 55555:

Zitat:
Ich war ja noch nie leibhaftig bei so einem SHG-Treffen.

SHG-Treffen sind wohl eh nur für einen Teil der Autisten barrierefrei. Man sollte nicht denken das wären Treffen für alle Autisten.


Ich gehe davon aus, dass sogar die, die im Internet schreiben, in der Minderheit sind und dass es unfassbar viele Autisten gibt, die wirklich isoliert leben - entweder weil sie es wollen oder weil sie rund um die Uhr kontrolliert werden und nur sozialpädagogisch moderierte Dinge tun dürfen.




Zitat von 55555:

Zitat:
Ich habe die Charakterisierung in die verschiedenen Gruppen gelesen. Das sieht auf den ersten Blick eher nach Unterteilung aus - was einen funktionierenden Überbau aber natürlich nicht ausschließt.

Was hättest du erwartet, wenn nicht Differenzierung?


Sollte keine Kritik sein. Ich habe nur darüber nachgedacht, ob ich da noch eigene Ideen zu hätte. Völlig rätselhaft sind mir z.B. die Autisten, die einen Hang zur Esoterik haben oder jede Zeitgeist-Mode/Meinungstrends mitmachen. Ich dachte immer, dass Autisten gegen sowas sozusagen immun sind. Kann aber natürlich auch sein, dass manche "erzogenen" Autisten solche Äußerungen machen - bewusst oder unbewusst - um nicht noch weiter anzuecken. Stichwort: Sprechautomat. Also das, was nicht wenige Eltern und Therapeuten oft haben wollen.
31.01.13, 14:54:48
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Zitat von Waldstein:
Aber ich frage mich dann weiter, wen sie denn meint mit "wir". Denn offensichtlich meint sie so eine Art Untergruppe von Autisten, weil sie die Äußerung gegenüber einem anderen Autisten gemacht hat. Also ein Zusammengehörigkeitsgefühl INNERHALB von Autisten. Und ab dem Punkt komme ich halt nicht mehr ganz mit.

So geschildert könnte das "wir" ja auch einfach meinen: "Wir beide wollen XY nicht"? Das kann dann theoretisch auch ganz sachlich gemeint sein im Sinne einer Abstimmung oder so.
Zitat:
Für mich ist das Glück. Aus für mich unerfindlichen Gründen lösen sich solche Konstellationen aber auch oft nach Monaten oder einigen Jahren auf.

Seltsam.
Zitat:
Ich gehe davon aus, dass sogar die, die im Internet schreiben, in der Minderheit sind und dass es unfassbar viele Autisten gibt, die wirklich isoliert leben - entweder weil sie es wollen oder weil sie rund um die Uhr kontrolliert werden und nur sozialpädagogisch moderierte Dinge tun dürfen.

Ich weiß nicht, aber viele Autisten sind nicht politisch im Internet aktiv für Autisteninteressen. Das ist aber bei ähnlichen Minderheiten auch zu beobachten.
Zitat:
Völlig rätselhaft sind mir z.B. die Autisten, die einen Hang zur Esoterik haben oder jede Zeitgeist-Mode/Meinungstrends mitmachen. Ich dachte immer, dass Autisten gegen sowas sozusagen immun sind.

Was verstehst du unter Esoterik? Ist Esoterik Zeitgeist und Nichtesoterik nicht?

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
01.02.13, 18:52:08
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Waldstein
(Standard)

Zitat von 55555:
[quote="Waldstein"]
Zitat:
Für mich ist das Glück. Aus für mich unerfindlichen Gründen lösen sich solche Konstellationen aber auch oft nach Monaten oder einigen Jahren auf.

Seltsam.


Ja. Die Gründe dafür habe ich noch nicht wirklich herausgefunden. Scheint so zu sein, dass auch sowas in einer Überforderung enden kann.


Zitat von 55555:
[quote="Waldstein"]
Zitat:
Völlig rätselhaft sind mir z.B. die Autisten, die einen Hang zur Esoterik haben oder jede Zeitgeist-Mode/Meinungstrends mitmachen. Ich dachte immer, dass Autisten gegen sowas sozusagen immun sind.

Was verstehst du unter Esoterik? Ist Esoterik Zeitgeist und Nichtesoterik nicht?


Mit Esoterik meine ich alles, was irgendwie mit "Übersinnlichem" zu tun hat. Das hat es ja auch schon im Kaiserreich gegeben, also Seancen, in denen angeblich Geister Tische verrückt haben oder man per Magnetismus Menschen manipulieren konnte. Heute gibt es das halt in allen möglichen Ausprägungen. Meiner Ansicht nach etwas total Autismus-Untypisches.

Mit Zeitgeist meine ich Modemeinungen, die oft in der Sache gar nicht begründet werden (und auch nicht müssen), sondern mehr der gegenseitigen Bestätigung und Gruppenrückversicherung dienen.

Beispiel: eine Runde von NTs diskutiert über die Energiewende. Wobei das Wort "Diskussion" eigentlich fehlplatziert ist, denn bei Diskussionen werden üblicherweise verschiedene Standpunkte gegenübergestellt und die Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen. Dies ist aber üblicherweise nicht der Fall. Vielmehr wird üblicherweise nur eine Meinung geäußert (z. B. "Atomkraft muss durch alternative Energien ersetzt werden"), und die wird dann von allen bestätigt - letztlich um sich der Zugehörigkeit der Gruppen rückzuversichern, indem man sich gegenseitig bestätigt, dass alle die "richtige" Meinung haben. Man erlebt es selten, dass da jemand abweicht. Theoretisch könnte man ja auch dagegen halten und die Meinung vertreten, dass man - anstatt die Landschaft mit Windrädern vollzustellen - an der Sicherheit der Atomkraft forschen könnte. Dies passiert aber in aller Regel nicht, obwohl man über diese Idee ja durchaus diskutieren KÖNNTE.

Mich erstaunt es, wenn Autisten sich in den Wir-haben-alle-die-gleiche-Meinung-Reigen einreihen, wenn es aus dem Grund geschieht, damit Teil einer Peer-Group zu werden. Ich habe auch schon erlebt, wie Autisten im Internet pauschalen Anti-Amerikanismus geäußert haben (also keine differenzierte Kritik, sondern pauschalen Anti-Amerikanismus), weil es halt derzeit trendy ist. Und so geht es mit den meisten Themen, egal ob Umweltthemen oder Weltpolitik.

Trends und Autismus in meinen Augen Gegensätze und einer der Gründe, wieso Asperger so oft anecken. Weil man halt des öftern solche Runden sprengt mit unpopulären Meinungen oder Einwürfen und damit die gute Stimmung beschädigt, die bei NTs entsteht, wenn sie sich alle einig sind.

Wenn Autisten jedoch sich Trends anschließen (ohne dabei in der Sache zu differenzieren) wirft das für mich Fragen auf: entweder ist die Bandbreite der Autisten doch wesentlich größer als ich bisher dachte. Oder aber es gibt dahinter eine Art Absicht, die mir nicht durchschaubar ist.
03.02.13, 14:30:33
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Zitat von Waldstein:
Scheint so zu sein, dass auch sowas in einer Überforderung enden kann.

Auf deiner Seite, auf der Seite des jeweiligen Gegenübers?
Zitat:
Mit Esoterik meine ich alles, was irgendwie mit "Übersinnlichem" zu tun hat. Das hat es ja auch schon im Kaiserreich gegeben, also Seancen, in denen angeblich Geister Tische verrückt haben oder man per Magnetismus Menschen manipulieren konnte. Heute gibt es das halt in allen möglichen Ausprägungen. Meiner Ansicht nach etwas total Autismus-Untypisches.

Mir scheint es eher so als würdest du hier einem vorgefertigten Weltbild auf den Leim gehen. Es ist typisch für Autisten die Wahrheit herausfinden zu wollen, das bezieht sich auf alles was denkbar ist. Mich erinnert dies etwas an jenen Thread, der dir wahrscheinlich nicht gefallen wird. Früher galt es auch mal als Unsinn, daß manchmal Steine vom Himmel fallen, hätten Autisten deiner Vorstellung nach dann soetwas bis zum Beweis ablehnen müssen? Gerade diese Rolle spielen Autisten ja oft nicht, da sie ihre eigenen Wege gehen.
Zitat:
Mit Zeitgeist meine ich Modemeinungen, die oft in der Sache gar nicht begründet werden (und auch nicht müssen), sondern mehr der gegenseitigen Bestätigung und Gruppenrückversicherung dienen.

Ja.
Zitat:
Man erlebt es selten, dass da jemand abweicht.

Ich erlebe oft, daß jemand in die Rolle des advokatus diaboli schlüpft, selbst wenn das gar nicht so ganz seiner Meinung entspricht. Es kommt wohl darauf an welches Verhältnis die jeweiligen Personen zu Bildung haben.
Zitat:
an der Sicherheit der Atomkraft forschen könnte. Dies passiert aber in aller Regel nicht, obwohl man über diese Idee ja durchaus diskutieren KÖNNTE.

Bei diesem Beispiel würde ich mal vermuten, daß was das angeht zu viele Leute verstanden haben, daß die Unfälle wegen Dingen passieren wie Schlamperei, politisch gewollten Risiken, Sparwahn oder konzeptionellen Fehlern, die nicht bedacht wurden?
Zitat:
Mich erstaunt es, wenn Autisten sich in den Wir-haben-alle-die-gleiche-Meinung-Reigen einreihen, wenn es aus dem Grund geschieht, damit Teil einer Peer-Group zu werden.

Ja.
Zitat:
Trends und Autismus in meinen Augen Gegensätze und einer der Gründe, wieso Asperger so oft anecken. Weil man halt des öftern solche Runden sprengt mit unpopulären Meinungen oder Einwürfen und damit die gute Stimmung beschädigt, die bei NTs entsteht, wenn sie sich alle einig sind.

Fragt sich dann nur, wieso der Trend zu nichtreligiösen Ansätzen davon eine Ausnahme bilden sollte. Religion ist heutzutage teilweise ja schon ein stärkeres Tabu als das Sexualleben.
Zitat:
Oder aber es gibt dahinter eine Art Absicht, die mir nicht durchschaubar ist.

Ja.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
03.02.13, 14:56:02
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Lenz2011
(Alien)

Zitat von Waldstein:
Völlig rätselhaft sind mir z.B. die Autisten, die einen Hang zur Esoterik haben

Wikipedia Begriffsdefinition: Esoterik (von griechisch ἐσωτερικός esōterikós „innerlich“, „dem inneren Bereich zugehörig“)

Das kann meinen:

1. Wissen, das nur einem geschlossenen Personenkreis zugänglich ist

oder

2. man sieht die Esoterik als "Blick nach innen"

Beides widerspricht A meiner Ansicht nach nicht, eher im Gegenteil.

"Den 20. ging Lenz durch's Gebirg. Die Gipfel und hohen Bergflächen im Schnee, die Thäler hinunter graues Gestein, grüne Flächen, Felsen und Tannen. .... Müdigkeit spürte er keine, nur war es ihm manchmal unangenehm, daß er nicht auf dem Kopf gehn konnte."
03.02.13, 20:07:19
Link
Waldstein
(Standard)

geändert von: [55555] - 03.02.13, 21:30:45

[Komplettzitat Vorbeitrag gelöscht, bitte die Formvorgaben wie über dem Absendeknopf genannt beachten, mfg [55555]]

Ja, nur aber so gut wie niemand kennt die eigentliche wörtliche Bedeutung von Esoterik. Mir ist das durchaus bekannt, aber wenn üblicherweise von Esoterik gesprochen wird, dann ist damit nicht "der kleine Kreis" gemeint (wie im 19. Jahrhundert üblich), sondern etwas, was mit Übersinnlichkeit zu tun hat. Und ich habe hier den Begriff in der heute üblichen Weise gemeint.

Sicherlich heißt übersinnlich wiederum nicht, dass es grundsätzlich nicht existieren würde. Vieles wird nur so lange für übersinnlich gehalten, so lange es keine physikalischen Messmethoden gibt, Phänomenen auf die Spur zu kommen. Das war ja z. B. beim Ultraschall der Fall. Lange hat man geglaubt, Wale würden sich auf wundersame Weise über große Entfernungen quasi von "Geisterhand" verständigen, bis man Ultraschallwellen messen konnte und sich damit die Lösung ergab.

Ich würde behaupten, dass Autisten tendenziell zwar solchen Phänomenen offen gegenüberstehen, aber nicht "jedem Guru nachlaufen" würden. Aber auch dort wurde ich schon eines Besseren belehrt.
03.02.13, 20:46:31
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Zitat von Waldstein:
Ich würde behaupten, dass Autisten tendenziell zwar solchen Phänomenen offen gegenüberstehen, aber nicht "jedem Guru nachlaufen" würden.

Da, denke ich könnte ein gemeinsamer Nenner gefunden sein. Autisten sind nicht auf bestimmte Meinungen beschränkt, aber setzen sich meist in mündiger Weise mit diesen Themen auseinandersetzen. Religion mag manchem scheinen wie Mitläufertum, das trifft es aber nicht, insbesondere nicht den Kern.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
03.02.13, 21:27:48
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