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Autor Nachricht
Franziska
(Standard)

Wow, ich freue mich über eure intensive Auseinandersetzung mit meinem Beitrag und möchte gerne einige eurer Anmerkungen adressieren:

Zum einen scheint der Eindruck entstanden zu sein, den Kindern würde etwas aufgezwungen/aufgenötigt, gerade das ist jedoch nicht der Fall. Das Kind darf im Spielraum ALLES tun, was es möchte (es sei denn natürlich es bringt sich in Gefahr), der Spielraum ist extra so gestaltet. Das Kind hat im Spielraum Kontrolle über alles, inklusive den Spielpartner, d.h. nicht nur, dass alle Spiele des Kindes angenommen werden, sondern auch alle "Neins", denn natürlich können auch nonverbale Kinder zeigen, wenn sie etwas nicht möchten. Wir möchten, dass das Kind sich entspannt, das erreichen wir durch "gebraucherfreundlich sein" und wir zwingen es zu gar nichts (Bsp. Kind und Spielpartner spielen mit Bauklötzen, das Kind nimmt sich Klötze vom Turm des Spielpartners. Reaktion nicht "oh nein, das sind meine!" sondern "Auja, du möchtest mehr Klötze haben, hier, nimm auch noch diese alle" weiteres Beispiel: "Möchtest du Socken anziehen? Es ist kalt." hält dem Kind Socken hin, Kind wendet sich ab/schiebt sie weg/sagt nein "OK, danke, dass du mir das sagst, ich leg sie hier zur Seite.").

Wieso glauben wir, das Kind habe Spaß? Ich habe bisher die Erfahrung gemacht, dass die Kinder gerne in den Spielraum kommen, eben weil sie hier alles kontrollieren können, was sich darin zeigt, dass sie zum Beispiel auch hinterher noch dortbleiben, den Spielpartner, wenn er in die Wohnung kommt hineinziehen bzw. hinterher festhalten, oder im Spielraum entspannter sind als außerhalb (ist natürlich meine Interpretation, z.B. gestützt auf die Beobachtung, dass das Kind mehr Lachen, weniger Weinen zeigt).

Wie wird das Lernziel festgelegt? Das löst hier im Forum wahrscheinlich eine Grundsatzdebatte aus, ich versuche trotzdem kurz meine persönliche Sicht darzustellen. Ich glaube, die Kinder profitieren, wenn sie in der Lage sind in sozialer Interaktion Kontakt zu anderen Menschen aufzunehmen. Es wird ihnen das Leben erleichtern und Frust ersparen, wenn sie sprechen können und es ihnen leicht fällt soziale Beziehungen aufzubauen. Ich halte es für ein Gerücht, dass Menschen auf dem autistischen Spektrum keine Freunde haben wollen. - Ob ich damit richtig liege, wisst ihr wohl am besten. Unser Ziel ist es, den Kindern Verhaltensweisen nahezubringen, die ihm dabei helfen Freundschaften zu schließen. Z.B. arbeite ich zur Zeit mit einem 6jährigen nonverbalen Jungen, der oft den Eindruck macht, etwas sagen zu wollen und dann gefrustet/wütend reagiert, wenn "keine Worte kommen". Ich bin tief und fest überzeugt, dass ich ihm etwas gutes tue, wenn ich seine Sprache fördere. ("Banale" Dinge, die zum Selbstständigsein gehören natürlich auch wie Zähneputzen, auf die Toilette gehen etc. - interessantes Fakt: die Eltern des Kindes aus dem MDR-Beitrag haben ihm die ersten vier Jahre die Zähne nicht geputzt - zwar immer wieder angeboten, aber sein "nein" akzeptiert und ihn nicht gezwungen, sie sind dann erfinderisch geworden und haben z.B. durch die Ernährung dafür gesorgt, dass er gesund bleibt)
In einer optimalen Welt kämen andere Menschen auf die Menschen mit Autismus [Laut Forenregeln diskriminierender Begriff] zu, verstünden ihr Verhalten (soweit das für uns überhaupt möglich ist) und passten ihr eigenes Verhalten entsprechend an. - Leider ist es im Moment aber nicht so. Viele der Kinder landen auf Sonderschulen, obwohl sie normal intelligent sind, weil die Inklusion eben noch nicht wirklich umgesetzt wird. Da halte ich persönlich es für ein gutes Ziel, dem Kind zu helfen auch unter der "uninformierten Normalbevölkerung" (z.B. auf einer Regelschule) möglichst frustfrei zurechtzukommen.

Wie bringen wir dem Kind etwas bei? NICHT indem wir Regeln pauken/Anweisungen geben á la "Sieh Menschen in die Augen, wenn du mit ihnen sprichst." Sondern indem wir seine Umgebung so gestalten, dass es ihm Spaß macht Blickkontakt herzustellen/zu sprechen/um Hilfe zu bitten/Fragen zu stellen/sich abzuwechseln/teilen (also alles, was auch "neurotypische" Kinder lernen. Beispiel: Das Kind nimmt von alleine Blickkontakt auf, der Spielpartner macht etwas, was dem Kind gefällt (bei jedem Kind anders, z.B. während man es gerade auf dem Arm hat wild mit ihm rumhüpfen). - Meine Beobachtung ist, dass das Verhalten als angenehm empfunden wird und irgendwann "Fleisch und Blut" übergeht. - Es wird also keine Regel beherrscht, sondern eine Fähigkeit etabliert.

Ist die Akzeptanz des Menschen mit Autismus [Laut Forenregeln diskriminierender Begriff] nur oberflächlich, sonst würden wir ja kein Spielraumprogramm brauchen? Es tut mir sehr Leid, wenn dieser Eindruck entstand und hoffe, dass durch obige Erläuterungen deutlich geworden ist, warum wir den Kindern bestimmte Dinge nahebringen wollen. Die Akzeptanz zeigt sich zum einen natürlich in der bedingungslosen Zuneigung zum Kind - es muss sich nicht ändern, damit wir es liebhaben, es ist wunderbar, so wie es ist. Zum anderen bedeutet es auch den "autistischen Verhaltensweisen" wertfrei gegenüberzustehen (was einigen Eltern erstmal schwer fällt) - es gehört NICHT zu unseren Zielen irgendetwas davon abzustellen, ganz so, wie man einem "neurotypischen" Kind in der Erziehung soziale Verhaltensweisen beibringt ohne die Persönlichkeit verändern zu wollen.

Puh, es ist nicht einfach eine Weltanschauung so zu komprimieren und schriftlich darzustellen. Ich hoffe es ist einiges klarer geworden und ich bin gespannt auf eure Meinung.

Beste Grüße
Franziska
31.08.12, 03:20:13
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haggard
(Autistenbereich)

Die Weltanschauung ist schon im ersten Beitrag deutlich geworden und mit der "komprimierten" Darstellung wurde sie zementiert: Keine Ahnung von Menschenrechten. Keine Ahnung von Inklusion. Aber "intelligent" daherschreiben, indem hier und da ein paar aktuelle Schlagworte auftauchen.

Selbstverständlich wird mit diesem Programm Autisten etwas aufgezwungen. Würden Autisten tatsächlich als Autisten akzeptiert, würde dieses Programm nicht angewendet werden.

Zuerst sollte Autismus verstanden werden. Das ist in diesem Fall nicht gegeben.
Würde Autismus verstanden, wäre der Umgang mit Autisten natürlich.

Nach wie vor passt dieser Thread besser ins Traumaforum.
In alle möglichen größeren Autismusforen das Gleiche zu schreiben - was soll das eigentlich? Habt ihr nicht genug Kundschaft? Auf Autisten einzugehen, scheint jedenfalls keine Spezialität von euch zu sein.
31.08.12, 09:28:03
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Zitat von Franziska:
Ich glaube, die Kinder profitieren, wenn sie in der Lage sind in sozialer Interaktion Kontakt zu anderen Menschen aufzunehmen. Es wird ihnen das Leben erleichtern und Frust ersparen, wenn sie sprechen können und es ihnen leicht fällt soziale Beziehungen aufzubauen.

Die Grundsatzdebatten hatten wir schon längst und du schreibst nichts Neues. Aufgrund solcher Herangehensweise werden auch gehörlose Kinder von der Gebärdensprache ferngehalten. Bemerkenswert ist hier, daß nicht einmal auf einen direkten Hinweis zur Kenntnis genommen wurde, daß Nichtautisten nicht die einzigen Menschen sind, die sich von Natur aus sozial verhalten. Es wäre wohl besser, wenn die Energie, die etliche NA auf solche seltsamen Programme verwenden darauf verwenden würden echte Lösungen von Autisten im Hintergrund zu unterstützen, die auch verstehen was Sache ist.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
31.08.12, 11:39:54
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schuschu
(Angehörigenbereich)

um das^ganze zu unterstreichen , möchte ich mich haggards und 55555 s worten anschliessen. und bin mittlerweile auch der ansicht, dass solche beiträge wie oben unbedingt ins traumaforum sollten
haggard spricht genau das an , was auch meinen gedanken entsprach , wenn ich es auch nicht so passend formulieren konnte.
31.08.12, 12:45:42
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drvaust
(stillgelegt)

Zitat von 55555:
@drvaust: Bist du da jetzt vielleicht teils auf die Reklamesprüche reingefallen und hast die Annahme übernommen, daß nichtautistische Kommunikationskultur gleichzusetzen ist mit sozialem Verhalten an sich?
Nein. Es gibt verschiedene Formen. Normalerweise werden nur normale, also u.a. nichtautistische, soziale Interaktion vermittelt und erwartet. Die meisten Menschen, auch die meisten Autisten, denken, daß müsse so sein. Aber wer das nicht normal kann, z.B. ich, wird damit, mehr oder weniger, scheitern. Soziales Verhalten ist aber nicht an eine normale Form gebunden, jeder kann, auf seine Art, sich sozial verhalten. (Manche Kommunikationskultur ist asozial.)

Zitat von Franziska:
Das Kind darf im Spielraum ALLES tun, was es möchte ... , der Spielraum ist extra so gestaltet. Das Kind hat im Spielraum Kontrolle über alles, inklusive den Spielpartner, d.h. nicht nur, dass alle Spiele des Kindes angenommen werden, sondern auch alle "Neins", denn natürlich können auch nonverbale Kinder zeigen, wenn sie etwas nicht möchten. Wir möchten, dass das Kind sich entspannt, das erreichen wir durch "gebraucherfreundlich sein" und wir zwingen es zu gar nichts ...
Was ist, wenn das Kind den Raum verlassen will und alleine in Ruhe etwas machen? Wenn das Kind nicht immer wieder irgendwie angesprochen werden will? Es ist lästig, wenn man immer wieder 'nein' sagen muß, immer wieder gestört wird. Wenn dann noch ein sinnloser Kommentar kommt ("OK, danke, dass du mir das sagst, ...") ist das schlimmer.
Wenn das Kind Kontrolle über alles, inklusive den Spielpartner, hat, kann es dann auch den Spielpartner wegschicken?

Ich bin der Meinung, daß jeder in seiner Art kommunizieren sollte, und das auch von anderen akzeptieren. Wenn man ein einstudiertes Verhalten praktiziert, immer darauf achtet, was jetzt normal ist, wird das nicht leicht und natürlich, sondern mühsam und verkrampft. Das wirkt schlecht und funktioniert nicht richtig.
31.08.12, 13:18:30
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akurei
(Autistenbereich)

geändert von: akurei - 31.08.12, 17:17:27

Das Programm setzt mal wieder an der falschen Stelle an.

Autisten Techniken anzutrainieren, die nicht unmittelbar in ihrem Interessensberich liegen, ist der Versuch sie anzupassen. Egal wie man das nennt. Mit Akzeptanz hat das so gar nichts zu tun.

Die Entwicklung eines Autisten wird mit der Entwicklung eines Nichtautisten verglichen und dann, teilweise in dieser Betrachtung zurecht, als nicht normgerecht bewertet, wenn die Norm von Nichtautisten bestimmt wird.

Es wäre definitiv sinnvoller, wenn Angehörige diesen Weg nicht mitgingen, sondern stattdessen versuchten, die Umstände an sich zu ändern, denen ihre eventuell autistischen Kinder ausgesetzt sind.

Ich halte es z.B. für möglich Autisten den Besuch einer Regelschule wesentlich erträglicher zu machen, als das bei mir noch der Fall gewesen ist. Und dabei kann man den jeweiligen Autist so belassen, wie er ist. Ganz ohne Demonstration der Wichtigkeit von Augen- und Körperkontakt oder einem der anderen Punkte, die zeitweilens den Ansichten der nichtautistischen Eltern wichtig sind.

edit: Dazu gehört auch eigentlich gar nicht viel. Nur stämmen sich erfahrungsgemäß Bürokratie, "Wissenschaft" und Eltern vehement gegen solche Vorstellungen. So lange die Gesellschaft nicht bereit ist, zumindest spezielle Nischen zu schaffen, so lange wird sich an der Inklusion gar nichts ändern.
31.08.12, 17:10:40
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Fundevogel
(Angehörigenbereich)

Au? Ja!

Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. (Johannes 8.12).
Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es denn allen, die im Hause sind. (Markus 4.21) (Lukas 8.16)
13.09.12, 02:43:56
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

geändert von: 55555 - 10.05.14, 17:48:55

Zitat:
Vielleicht wissen es einige über FB Auja! hat ja nun gewisse Kommentare gelöscht, doch die MMS Empfehlungen und Verbindungen zu Health-Center sind weiter auf den privaten Accounts von Deniz und Christiane Doehler https://www.facebook.com/events/223393071059072/

Quelle

Edit: Quelle korrigiert

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
10.05.14, 11:37:06
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