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Autor Nachricht
FelixL
(Standard)

geändert von: FelixL - 29.05.12, 16:24:35

Hallo!

Da ich zur Zeit Anglistik und Erziehungswissenschaften studiere, habe ich im zweiteren in einer Gruppe ein Projekt entwickelt und erfolgreich präsentiert.

Das Projekt handelt von dem Konzept einer Online-Nachhilfe für Menschen mit Autismus [Laut Forenregeln diskriminierender Begriff]. Dabei sitzt der Schüler zu Hause und wird anhand eines CRTE (collaborative real-time editor)- einem Programm zur gemeinschaftlichen Nutzung von Schreibprogramm, Webcam, Chat, google.maps, malprogramm etc. bei seinen schulischen defiziten angeleitet. Das Medium Internet wird also verwendet, um mögliche Reizeinflüsse außerhalb seiner vier Wände zu minieren (soziale, zwischenmenschliche interaktionen, andere auftretende reizüberflutungen).

Wer dieses Projekt finanzieren würde, ist noch nicht klar, jedoch sollte es schon im staatlichen Rahmen laufen und keinem kommerziellen Zweck dienen

Ich könnte das ganze Projekt gegebenfalls nochmal hochladen, nur würde ich erstmal in die Runde Fragen, was ihr von dem Konzept generell haltet? Zwar wurde das Projekt von uns evaluiert und die grundsätzlichen Fragen wurden über eine pädagogische Theorie bewantwortet, doch ist die Praxis ja immer eine andere. Ich würde das Projekt für meine Abschluss-Arbeit in Erziehungswissenschaften gerne ausarbeiten.

Beispiel des verwendeten Prototyp CRTE, um einen Einblick in die Möglichkeiten zu werfen:

http://www.showdocument.com/

Einen schönen Tag noch,
viele Grüße,

FelixL
29.05.12, 16:23:17
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drvaust
(stillgelegt)

FelixL, kannst Du das etwas genauer erklären?
Die verlinkte Website ist ja ausländisch, also für die meisten schlecht verständlich.
Wie soll das funktionieren? Um welche schulischen Defizite geht es da? Warum gerade Autismus und Defizite?
Soll das eine Art Nachhilfe sein, bei der der Autist im vertrauten ruhigen zu Hause ist und von einem Lehrer beschult wird?

29.05.12, 21:00:10
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FelixL
(Standard)

geändert von: [55555] - 12.09.12, 17:56:30

[Komplettzitat Vorbeitrag gelöscht, mfg [55555]]

Ich habe das Projekt einmal als Anhang angefügt. Ja, es geht darum, dass der Autist im vertrauten ruhigen zu Hause beschult von einem Lehrer, der nicht bei ihm sitzt. Der Lehrer kann über den Kollaborativ-Editor mit dem Schüler kommunizieren, ihn anleiten, unterstützen, überprüfen.

Ursprünglich habe ich mir das als regelrechte Schule vorgestellt, da in deutschland aber die Schulpflicht existiert, erstmal als Nachhilfeprojekt. Damit können die Defizite, die durch die Regelschule aufkommen, ausgeglichen werden. Das wird erreicht durch ein angepasstes Lernumfeld mit möglichst wenigen negativen Reizen.

Die spezifische Anwendung haben wir noch nicht ausgearbeitet. Daher erst diese grobe Skizzierung!

viele Grüße,
FelixL
Dateianhang:

 projektpräsentation-autismus-pdf.pdf (194.84 KByte | 1536 mal heruntergeladen | 292.26 MByte Traffic)

29.05.12, 21:46:49
Link
schuschu
(Angehörigenbereich)

es fällt mir auf, dass du in dieser arbeit über "entwicklungsstörung" und betroffenen schreibst.
auch über grad der "behinderung".
warum tust du das.
ich glaube, du sitzt einer fehlinformation auf, die in "deinen kreisen" nicht unüblich ist.

mich schreckt genau das ab und es fällt mir schwer, deshalb mich näher damit zu beschäftigen.
Im ansatz ist die idee mit online nicht verkehrt. du hast sicher auf der seite der esh das flugblatt zur onlinebeschulung an regelschulen gelesen?
und sicher hast du auch nur ehrenhafte motive, die dich in dieses forum haben finden und fragen lassen?
29.05.12, 22:57:48
Link
FelixL
(Standard)

geändert von: [55555] - 12.09.12, 17:56:06

[Komplettzitat Vorbeitrag gelöscht, siehe Formvorgaben wie am Absendeknopf beschrieben, mfg [55555]]

Hallo! Entschuldigung für die späte Antwort.

Anscheinend habe ich da inkorrekte Begriffe eingefügt, was für Außenstehende wohl plausibel , für Betroffene bzw. informierte vielleicht falsch sind. Ich muss zugeben, dass "Entwicklungsstörung" falsch ausgedrückt ist, jedoch definiert die Weltgesundheitsorganisation Autismus so - und ich wollte mich nur fachlich ausdrücken. Es ist mir bewusst, dass Autismus nicht als Entwicklungsstörung verallgemeinert werden kann, da die Entwicklung von autistischen Menschen wohl eher aufgrund des neuronalen Unterschiede abweichend verlaufen kann, als die eines Nicht-Autis.

Ich habe übrigens vom "Grad der Einschränkung" nicht aber vom Grad der Behinderung geschrieben. Damit meine ich das so, wie ich es geschrieben habe!

EDIT: Ok, am Schluss ist mir ein Fehler unterlaufen, da ich deutlich Einschränkung - nicht Behinderung meinte. Das ist wahrlich meine Schuld freuen Außerdem ist das auch die einzige Stelle, an dem ich von "Behinderung" rede.

Zum Begriff Behinderung muss ich auch noch etwas loswerden: Ich habe ein halbes Jahr einen Englisch Kurs mitgemaht on einer US amerikanischen Dozentin. Der Kurs hieß "Disabilities on the Web", es ging darum, wie uns das Internet hilft, sich über Disabilities zu informieren. Außerdem ging es darum, wie das Internet der Disability community hilft, sich auszutauschen etc.

Auch Autismus zählt im angelsächsischen Bereich als "Disability" und dazu muss ich sagen, dass unsere Dozentin sehr eng mit den Vereinen in Amerika, die sich für die Rechte von behinderten Menschen einsetzt. Ich weiß nicht, inwiefern es hier Unterschiede gibt mit dem Begriff. Disability = Behinderung. Wobei Behinderung im deutschen negativer konnotiert wird.

Was wäre für Autismus dann zutreffender? Kann man Autismus überhaupt als irgendwas einstufen? (Behinderung und Entwicklungsstörung ist ja nicht zutreffend)

Über die Online-Beschulung habe ich mich ebenso belesen - und ob meine Motive "ehrenhaft" sind, kann ich nicht beurteilen ^^. Uns interessiert das thema Autismus nun einmal sehr, und wir haben uns daher überlegt, dafür ein Didaktisches Modell zu entwickeln. Im Oktober muss ich dieses Projekt noch einmal vorstellen, dann aber in einer definierteren, präziseren Form. Damit meine ich, dass das Konzept ausformuliert werden muss. Wir haben uns auch überlegt, dieses Projekt vielleicht irgendwann praktisch umzusetzen und ein Pilot-Programm durchzuführen. Wichtig ist mir daher vorallem der Austausch mit Autisten.

Vielen Dank für das Feedback und
Viele Grüße von der Ostseeküste!

LG FelixL
12.09.12, 16:12:51
Link
55555
(Fettnäpfchendetektor)

Zitat von FelixL:
jedoch definiert die Weltgesundheitsorganisation Autismus so

Die verweigert sich bisher der UN-Behindertenkonvention.
Zitat:
Ich habe übrigens vom "Grad der Einschränkung" nicht aber vom Grad der Behinderung geschrieben.

Beides kann man mit Fug und Recht schreiben, wenn man es richtig anwendet. Worauf es ankommt: Beides ist keine Personeneigenschaft und kann soll deswegen auch nicht so formuliert werden, daß dies sprachlich nahegelegt wird.
Zitat:
Auch Autismus zählt im angelsächsischen Bereich als "Disability"

Autisten sind eine behinderte Bevölkerungsgruppe und von daher auch Behinderte. Diese Behinderung ist aber immer eine spezielle Form der Diskriminierung, die sich gegenüber "unfreiwilligen Minderheiten" manifestiert. Aber sicher gibt es auch dort Personen, die falsch formulieren.
Zitat:
Kann man Autismus überhaupt als irgendwas einstufen?

Neurodiversität? Die meisten Versuche Autismus irgendwo einzugruppieren sind aus meiner Sicht gescheitert. Deswegen sollte man es vielleicht einfach dabei belassen, daß Autismus ein originärer menschlicher Archetyp ist.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
12.09.12, 18:12:51
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FelixL
(Standard)

Ah, vielen Dank für diese Klärung!

ZUR WHO: Ich habe die Definition der WHO selbst von Anfang an kritisch gesehen. Insofern verstehe ich die Bedenken.

Das mit dem Grad der Einschränkung bezieht sich aber doch immer auf eine Person? Das es sich nicht eine Eigenschaft im expliziten Sinn handelt verstehe ich. Mit der Phrase bezog ich mich auf die Ausprägung des Autismus und auf die Frage, inwieweit das Leben eines Autisten durch diese Neurodiversität (aha :) ) im Vergleich zum Nicht-Autisten gesellschaftlich/alltäglich eingeschränkt ist.

Ich denke daher auch, dass eben der Begriff "disability" noch einen anderen Wert hat und sich bei "Behinderungen" die geister scheiden, insbesondere wegen der negativen Assoziation bei vielen Menschen. Also geht es Autisten auch darum, nicht in eine Schublade gesteckt zu werden, in der es auch Menschen mit Down-Syndrom, Parkinson etc gibt?

Ich habe mir heute viele Gedanken über diese Einordnung gemacht und bin auch zum Schluss gekommen, dass man auch sagen kann, dass Autisten einfach nur Menschen sind, die eben einfach anders sind als die die Mehrzahl der Menschen und aufgrund ihrer "Neuronalen Ausstattung" von der Norm abweichen. Du hast es ja auf den Punkt gebracht mit dem Archtyp! :)


Ich treffe mich mit meinen Kommilitonen für unser didaktisches Modell nächste Woche. Außerdem möchten machen wir einen Termin bei der Autismus-Diagnose-Stelle aus, um dort eine Meinung zu hören.

Wie gesagt, wenn ihr irgendwelche Tipps habt, was bei Online-Unterricht vielleicht nützlich wäre- immer her damit :). Die Präsentation selbst ist sehr stichpunktartig und unser Projekt komplexer. Ich kann euch aber gerne auf dem laufenden halten.
12.09.12, 23:50:53
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drvaust
(stillgelegt)

Zitat von FelixL:
Also geht es Autisten auch darum, nicht in eine Schublade gesteckt zu werden, in der es auch Menschen mit Down-Syndrom, Parkinson etc gibt?
Es geht weniger darum, welche Schublade, sondern keine Schublade ist gut, jeder Mensch ist anders. Was haben Menschen mit Down-Syndrom und Menschen mit Parkinson gemeinsam? Das sind doch sehr unterschiedliche Probleme, unterschiedliche Ursachen usw.. Aber leider werden Menschen, die nicht normal sind, anders denken und fühlen, als geistig behindert eingeordnet. Und geistig behindert wird als dumm und blöd angesehen, ab ins Heim. Es gibt sehr fähige Menschen mit Down-Syndrom oder Parkinson, die auf ihrem Gebiet viel leisten, aber die gelten auf den ersten Blick als geistig behindert, also unfähig.

Kannst Du mal genauer beschreiben, wie das ablaufen soll? Am Besten ein konkreter Ablauf als Beispiel.
Gibt es dazu schon praktische Erfahrungen?
Wie steht es mit den erwähnten Problemen? Gibt es dafür schon erfolgreiche Lösungen?
13.09.12, 03:26:45
Link
55555
(Fettnäpfchendetektor)

Autisten sind anders, werden jedoch von der Gestaltung der Gesellschaft weitgehend ausgegrenzt. Deswegen ist die dadurch entstandene Kulturlandschaft teilweise barrierehaltig für Autisten. Durch diese Ausgrenzung und ihre Folgen kommt es zu Einschränkungen, weil so Probleme im Alltagsleben provoziert werden, die eigentlich nicht sein müßten. Wäre das anders, wären Autisten vielleicht im Allgemeinbewußtsein ganz normal und keiner würde auf die Idee kommen Autisten wären irgendwie defizitär. Genau das strebt auch das Ziel des Universellen Designs an, denn dieses setzt an der eigentlichen Problemursache an.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
13.09.12, 07:48:43
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schuschu
(Angehörigenbereich)

felixl, ich habe den eindruck , dass das mit behinderung noch nicht so verstanden wurde, wie es 55555 gemient hat.

wie würdest du behinderung definieren?
13.09.12, 07:57:00
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FelixL
(Standard)

geändert von: [55555] - 08.10.12, 09:06:59

[Komplettzitat Vorbeitrag entfernt. Siehe auch hier, mfg [55555]]

Würde das heißen, dass eine Online-Beschulung von Autisten insofern ausgrenzend sei? Wir wollen ja den Defiziten, die durch gesellschaftliche Ausgrenzung bzw. unzureichende Integration entstehen, entgegenwirken.


Also ich sehe den Begriff Behinderung sehr vorurteilsbehaftet - das steckt bereits im Namen. Ein Mensch der von anderen Menschen als behindert angesehen wird, ist letztendlich nur in irgendeiner Form anders als das Bild des "normalen" Menschen. Auch wenn es einen normalen Menschen nicht gibt, dieses Bild wird durch die Gesellschaft, Medien und dem Alltag geprägt.

Naja das geht schon in die Philosophie - und mit dieser kenne ich mich nicht all zu gut aus ^^.


ICh würde mich gerne noch über Feedback freuen was das eigentliche Projekt angeht. Ich finde solche Diskussionen ja generell interessant, nur ist das Projekt auch wichtig freuen

LG Felix
08.10.12, 01:16:40
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feder
(Autistenbereich)

Zitat:
Also ich sehe den Begriff Behinderung sehr vorurteilsbehaftet - das steckt bereits im Namen.
Dann hast du nicht verstanden, was Behinderung ist. Menschen werden durch Umstände behindert. Das hat nichts mit irgendwelchen individuellen Mäkeln zu tun – auch wenn das offenbar immer wieder so angenommen wird.
08.10.12, 07:03:25
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