baum
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Vergange Woche musste ich mir ein kurzes Referat zum Thema Autismus, bezogen auf Asperger, anhören.
Auf den Inhalt möchte ich gar nicht weiter eingehen, es klang, wie aus dem nächstbesten Lehrbuch abgeschrieben, inklusive Verallgemeinerungen und üblicher Vorurteile.
Interessant bzw. erschreckend fand ich die anschließende Diskussion (den Lehrer miteinbezogen):
Sie bestand hauptsächlich darin, Beispiele zu finden, die die jeweilige Person auf sich beziehen konnte. Also im Sinne von "ich kenne von mir, dass.. also.." Gab es so ein Beispiel nicht, wurde der Inhalt kurzerhand umgedreht und so modifiziert, dass ein Beispiel gefunden werden konnte.
Anhand eines Fallbeispiels wollten die Referenten einen Praxisbezug herstellen, der "Beispielautist" hatte eine besondere Liebe zu Sprache, insbesondere zu deren Regeln und Strukturen. Eine, wie geschildert, besondere, innige und tiefe Liebe, wie er sie zu keinem Menschen empfinden kann. So schilderten sie es zunächst, im anschließenden Gespräch dann (auf nachhaken des Lehrers hin) einigte man sich darauf, dass diese mittlerweile Vorliebe geannte Liebe ausschließlich auf der Kontrollierbarkeit der Sprache basiert, also mit Gefühlen nichts mehr gemein hatte. Sie konnten nicht verstehen, wie man etwas wie Sprache, ihrer Meinung nach über die Maßen, "lieben" kann. Also wurde der Inhalt gekippt und wirr ruminterpretiert, bis man zu diesem "Schluß" kam, der für alle in gewisser Weise nachvollziehbar war.
Am Ende der Stunde folgten dann noch eine Reihe dummer Witze, etwa wie "jaja, wir sind doch alle ein bisschen autistisch", "das ist halt mein schulautismus"(wenn irgendwas anders läuft als sonst und der betr. Person nicht passt),.. etc.
Warum war (oder ist) es ihnen nicht möglich, jemanden anders sein zu lassen, sich auf etwas einzulassen, dass ihnen fremd ist? Das war doch ursprünglich Sinn und Zweck des Referats, so habe ich es zumindest aufgefasst. (Warum sonst hält man ein solches?)
Warum können sie die Tatsachen nicht bei Tatsachen belassen, müssen überall etwas hineininterpretieren, wo doch der reine Wortlaut das Gegenteil aussagt?!
Wie kann man effektiv vermitteln, dass es Dinge gibt, die außerhalb des eigenen Vorstellungsvermögens liegen?
Gespräche erscheinen mir da weitestgehend sinnlos, es scheint an der grundsätzlichen Fähigkeit, über den eigenen Horizont hinaus zu denken, zu scheitern.
Mit dem als Grundlage kann in deren späterer Arbeit nur eine Katastrophe das Ergebnis sein, wenn ich mir vorstelle, dass diese Menschen auf Autisten "losgelassen" werden und das mit so einer Einstellung. Dann wundert mich auch nicht, dass so vieles so verkehrt läuft.
Mir war vorher nie bewusst, wie ignorant die meisten Menschen in Wirklichkeit sind. Ich bin auf eine gewisse Art davon ausgegangen, dass die meisten Menschen durhcaus in der Lage sind, andere zu verstehen, also wirklich zu verstehen. Eigentlich dachte ich immer, die meisten könnten das deutlich besser als ich. Aber basiert diese sogenannte Empathie, das hineinversetzen in einen anderen und das nachfühlen seiner Emotionen tatsächlich nur dann, wenn ein direkter Bezug zu bzw. ein Vergleich mit der eigenen Person besteht oder möglich ist? Und wie kann man diese Diskrepanz dann überwinden, wenn die Bereitschaft, oder viel grundsätzlicher die Erkenntnis an sich, dazu fehlt?
Ich bin mir bzgl. der Richtigkeit der gewählten Kategorie nicht sicher. Falls es hier nicht reinpasst, bitte entsprechend verschieben!
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