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Autor Nachricht
Morticia
(Autistenbereich)

Hallo,
ich habe Anfang Februar nun die endgültige Diagnose bekommen dass ich Autistin bin.
Mein Problem ist nun, dass ich das irgendwie meinen Eltern mitteilen sollte.

Also, wenn ihr eine autistische Tochter hättet die eine junge Erwachsene ist und nicht mehr mit euch zusammen lebt, zu der ihr aber Kontakt habt, wie könnte sie euch sagen, dass sie als Autistin diagnostiziert wurde ohne dass ihr einen Riesenschock bekommt?
Es ist so, dass meine Eltern natürlich seit meiner Kindheit wissen, dass ich in einigen Dingen sehr anders und - für meine Eltern - sehr seltsam bin. Aber sie wissen nicht wie meine Art der Wahrnehmung heisst, wo meine Probleme her kommen etc. Ich glaube, meine Eltern wissen nichts genaues über Autismus.

Ich will nicht, dass sie in mir nur noch eine "Behinderte" sehen und dabei vergessen, dass ich ihre kleine Tochter bin, immernoch dieselbe Tochter die sie aufgezogen haben.
Ich will nicht dass sie mich weniger lieben weil ich - im Gegensatz zu meinen Schwestern - nicht "normal" bin.
26.02.10, 07:13:14
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starke Dame
(Angehörigenbereich)

Mmmh, ich würde direkt ein Buch dazu kaufen. Aber nicht ein streng wissenschaftliches sondern eins, das sie direkt besänftigt und zeigt - ist eigentlich ganz normal. Vielleicht das Buch Buntschatten und Fledermäuse, das Buch vermittelt wie ein Autist wahrnimmt und zeigt, wie selbstständig ein Autist ist.
26.02.10, 07:58:35
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Ist das denn wichtig? Es ist ja nur ein Wort. Wichtiger ist vielleicht die Inhalte zu vermitteln, sofern noch nicht bekannt? Und dann später vielleicht mal den Begriff zu erwähnen mit dem Hinweis, daß viele verfügbare Informationen derzeit falsch sind, die man so bekommt, auch in wissenschaftlichen Büchern? Aber wie wirkt das wohl auf sie? Viele sind ja doch ziemlich autoritäts-, beziehungsweise wissenschaftsgläubig.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
26.02.10, 13:44:11
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Fundevogel
(Angehörigenbereich)

Ich glaube nicht, dass sie dich weniger lieben würden. Sie können überfahren sein, einen Schreck bekommen, verunsichert sein, aber grundlegende Gefühle sind nicht so schnell klein zu kriegen;)
Wenn sie dich bereits als anders kennen, was soll sich denn ändern, nur weil du ein Papier in Händen hältst?

Wenn du es erklären kannst, erkläre es ihnen selbst. Für NA ist der Mensch selbst die intensivste Information.

Wenn es dir leichter fällt und du ihnen eine Verarbeitungszeit einräumen willst, ist die schriftliche Form eine Alternative.

Vielleicht kannst du ja deine Schwestern um Hilfe bitten.

Forthebeautyoftheearth

Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. (Johannes 8.12).
Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es denn allen, die im Hause sind. (Markus 4.21) (Lukas 8.16)
27.02.10, 02:34:35
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drvaust
(stillgelegt)

Vielleicht gehst Du am Besten davon aus, wie Du bist und immer warst. Du bist ja durch die Diagnose nicht anders geworden.
Wenn die Rede auf Deine Besonderheiten kommt, könntest Du erwähnen, daß das einen Namen hat.
Du bist eben so, wie Du bist, weil Du Autistin bist.
Deine Bekannten kennen Dich ja, sie wissen doch, daß Du nicht so schlimm bist.
Jetzt hast Du so etwas wie eine 'Bedienungsanleitung', um verständlicher zu sein.

27.02.10, 04:41:50
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Es gibt genug Beispiele bei denen aus unverkrampfter Begegnung nach einem Outing irgendwas seltsames wurde. Menschen beginnen dann wohl oft irgendwelche Vorstellungen zu entwickeln, sich unsicher zu sein wie diese andersartige, bekloppte Person reagieren könnte. Muß nicht so sein, kann.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
27.02.10, 12:49:53
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wolke7?
(Standard)

Zitat von Morticia:
Hallo,ich habe Anfang Februar nun die endgültige Diagnose bekommen dass ich Autistin bin.
Mein Problem ist nun, dass ich das irgendwie meinen Eltern mitteilen sollte.

Warum, ist das ein Zwang ? Wenn ja, wie schnell sollte es gehen ?
Kannst du dein Problem erläutern ?

Zitat von Morticia:
Also, wenn ihr eine autistische Tochter hättet die eine junge Erwachsene ist und nicht mehr mit euch zusammen lebt, zu der ihr aber Kontakt habt, wie könnte sie euch sagen, dass sie als Autistin diagnostiziert wurde ohne dass ihr einen Riesenschock bekommt?

Wenn nach deiner Einschätzung, die Möglichkeit eines
" Riesenschocks " besteht, solltest du anstatt direkt, kurz, schnell und eindeutig zu informieren, die " NA-Variante " wählen. Ich vermute deine Eltern gehören zu den " normalen NA-Eltern " und bevorzugen vermutlich die sanfte, indirekte, schonende Annäherung an die " neue " Situation ihrer Tochter.
Da du zu deinen Eltern mehr Informationen zur Verfügung hast als wir, kannst du besser einschätzen, wie sie z.B. durch Beschreibung, Umschreibung, verwenden von Bildern in der Sprache, bewusst Beispiele von Anderen verwenden, sich
an Orte begeben, die von " gleichen " Anderen aufgesucht werden, reagieren. Sie werden indirekt mit der " neuen " Situation vertraut gemacht.
( Sie quasi Schritt für Schritt zum Kern der Sache, Erkenntnis, hinführen bzw. begleiten. )

Zitat von Morticia:
Ich glaube, meine Eltern wissen nichts genaues über Autismus..

Sieh diesen Umstand als Vorteil an.
So kannst du von Anfang an bestimmen, welche Hilfsmittel bzw. Medien ( Forum, Buch, DVD etc. ) du für deine Eltern am geeignetsten hälst.
Die Möglichkeit einer groben Desinformation / Deutung wird dadurch wesentlich geringer.

Zitat von Morticia:
Ich will nicht, dass sie in mir nur noch eine "Behinderte" sehen ...
Ich will nicht dass sie mich weniger lieben weil ich - im Gegensatz zu meinen Schwestern - nicht "normal" bin.

Du hast doch die Möglichkeit die "Schwarz-auf-Weiss"-Tasache auch unerwähnt zu lassen.
Die Wortwahl "behindert" stammt die von dir oder auch von deinen Eltern ?
Zu deinen Schwestern, es sind mindestens zwei ?, und deiner Familie : Hast du schon mal darüber nachgedacht, dass du eventuell nicht allein bist ?



"Die Zeit schreitet voran. Und du, Mensch?"
"Die Wirklichkeit kann man ändern, eine Fiktion muß man aufs neue ersinnen."
Stanislaw Jerzy Lec, poln. Lyriker und Aphoristiker


01.03.10, 15:03:05
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Morticia
(Autistenbereich)

Vielen Dank für eure vielen Antworten, ihr helft mir wirklich sehr.

Zitat:
Mmmh, ich würde direkt ein Buch dazu kaufen.

Ja, darüber habe ich auch schon nachgedacht.
Zitat:
Buntschatten und Fledermäuse

Vielen Dank für den Tipp, hab jetzt ein Exemplar bestellt denn ich selbst kenne das Buch auch noch nicht. Kennst du oder jemand anders hier noch andere gute Bücher zum Thema?

Zitat:
mit dem Hinweis, daß viele verfügbare Informationen derzeit falsch sind, die man so bekommt, auch in wissenschaftlichen Büchern

Ja, den Hinweis werde ich auf jeden Fall geben. Find das ganz wichtig. Denn bei meinem Vater besteht die Möglichkeit schon dass er anfangen wird im Internet zu recherchieren.
Zitat:
Viele sind ja doch ziemlich autoritäts-, beziehungsweise wissenschaftsgläubig.

Mein Vater ist diesbezüglich für mich extrem schwer kalkulierbar.

Zitat:
Wenn sie dich bereits als anders kennen, was soll sich denn ändern, nur weil du ein Papier in Händen hältst?

Dass sie mir Fragen stellen die ich vielleicht garnicht beantworten kann. Dass sie mit anderen Familienmitgliedern über mich reden ohne dass ich dabei bin. Indem Familienmitglieder über einander statt miteinander geredet haben, sind in meiner Familie schon viele negative Missverständnisse entstanden.

Zitat:
Vielleicht kannst du ja deine Schwestern um Hilfe bitten.

Die wissen doch auch noch nix von der Diagnose.

Zitat:
Warum, ist das ein Zwang ?

Ist kein Zwang.

Zitat:
die " NA-Variante " wählen
Zitat:
Ich vermute deine Eltern bevorzugen vermutlich die sanfte, indirekte, schonende Annäherung an die " neue " Situation ihrer Tochter. wie sie z.B. durch Beschreibung, Umschreibung, verwenden von Bildern in der Sprache reagieren

Ich fürchte das ist zu schwer für mich, ich bin kein Familientherapeut.

Zitat:
bewusst Beispiele von Anderen verwenden

Ich kenne keine Anderen wie mich.

Zitat:
sich an Orte begeben, die von " gleichen " Anderen aufgesucht werden

Derartige Orte sind mir nicht bekannt.

Zitat:
Die Wortwahl "behindert" stammt die von dir oder auch von deinen Eltern ?

Weder noch. Ich glaube die Wortwahl stammt von Wissenschaftlern(?)

Zitat:
Zu deiner Familie, hast du schon mal darüber nachgedacht, dass du eventuell nicht allein bist ?

Ja darüber habe ich nachgedacht. Ich denke aber dass man, wenn man danach sucht, bei sehr vielen Menschen „autistische Züge“ finden kann.


01.03.10, 18:17:10
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Behinderung ist in Deutschland ein juristischer Begriff für den Sachverhalt, daß jemand vom statistischen Durchschnitt der Bevölkerung abweicht und dadurch in der Teilhabe an der Gesellschaft beeinträchtigt wird (weil die Kulturlandschaft ja meist vom dem und für den statistischen Durchschnitt gemacht ist und sich dementsprechend vor allem an deren Eigenschaften und Bedürfnissen orientiert, wie etwa bei Leuten die einfach ziemlich klein sind, die gelten auch als schwerbehindert, einfach weil wenige Leute klein sind) Das Verständnis von Behinderung in der Bevölkerung ist leider ein völlig anderes und hat oft diskriminierende Natur, doch auch diese Haltung bewirkt erst Behinderung, indem Menschen auf die Bedürfnisse anderer aus Überheblichkeit nicht eingehen und sie abqualifizieren.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
01.03.10, 20:07:51
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wolke7?
(Standard)

Wenn kein Zwang besteht, wie gross ist dein Wunsch oder
Bedürfnis deine Familie zu informieren ?
Ist das " Informationsdefizit " aus deiner Sicht so gravierend ?

Wenn du zur " neuen " Sachlage nur bedingt deine Familie
allein ausreichend informieren kannst, wird es sich nicht
vermeiden lassen, dass "über"-einander geredet wird.
Missverständnisse sind sehr wahrscheinlich.

Da du deinen Vater hier gesondert erwähnst, wird, so vermute
ich, er eine gewichtige Rolle innerhalb der Familie spielen,
wie neue Informationen aufgenommen, verbreitet und
akzeptiert werden. ( Stw.: Recherche, seine evtl. Eigenschaften )
Hier kann eine grosse Hürde vorhanden sein ....

Die Bücher sind für alle zum Lesen gedacht ?



"Die Zeit schreitet voran. Und du, Mensch?"
"Die Wirklichkeit kann man ändern, eine Fiktion muß man aufs neue ersinnen."
Stanislaw Jerzy Lec, poln. Lyriker und Aphoristiker


01.03.10, 20:35:57
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haggard
(Autistenbereich)

geändert von: haggard - 01.03.10, 21:22:14

@Morticia:
ich hatte meine eltern über jahre verteilt immer mal wieder irgendetwas in bezug zu autismus gefragt. eine verbindung haben sie selbst nicht erstellt. sie kannten den film rain man, fanden ihn erstaunlich und auf dieser grundlage pauschal alle autisten sympathisch und weil sie wissen einfach so "aufsaugen" können. über mich sagen sie selbst oft, dass ich wissen wie ein schwamm aufsauge, wenn es mich interessiert, aber eigene kinder erscheinen eltern vielleicht "normal"? erst als ein fragebogen ausgefüllt werden musste - ohne bezug zu autismus, "dämmerte" es ihnen wohl allmählich. später blätterte die großmutter in einem "schlauen" buch - und so redete die familie ohne mein beisein über mich. was auch nicht schlecht war. angesprochen wurde ich seither nicht. "eingeweiht" war vorher nur ein familienmitglied.

wenn du mehr zu deiner kindheit oder verhaltensweisen irgendwo hier schreiben würdest, könnten vielleicht auch passendere buch- oder dvd-tipps erfolgen, wenn sie bei deiner familie wiedererkennungswert auslösen sollen. meine schwester hatte "ein guter tag ist ein tag mit wirsing" von nicole schuster gekauft und mich darin in teilen wiedererkannt, es jedoch nicht gewagt mich darauf anzusprechen, ob ich autistisch sein könnte. erst als ich es selbst bezogen auf irgendetwas anderes anbrachte, sagte sie es mir - und gab mir auch das buch. in dem buch wechseln sich persönliche beschreibungen mit wissenschaftlicheren beschreibungen ab. die wissenschaftlicheren teile waren meiner schwester zu "anstrengend", die persönlichen beschreibungen fand sie interessanter.
wiedererkennungswert fand meine familie allerdings auch in "wissenschaftlichen" beschreibungen zum kanner-autismus, so wie ich auch selbst die bestätigung für eine ärztliche aussage diesbezüglich fand.

ich weiß nicht, was man sich als familie großartig deswegen erzählen soll. sie mögen mich. sie betrachten mich als normal - und daran ändern auch wissenschaftliche beschreibungen nichts. sie verstehen manches besser, doch manche erwartungen ihrerseits werden sich auch mit hoffen und in der zukunft nicht durch mich erfüllen. diese erkenntnis ist wohl schmerzhaft für sie.

@55555:
oh ja, nicht sehr große menschen... bei manchen großgewachsenen menschen besteht sogar der impuls, sie ungefragt einfach hochzuheben und auf einen stuhl zu setzen, damit sie nicht auf einen stuhl klettern müssen, um auf dem stuhl sitzen zu können. oder sie werden für kleinkinder gehalten oder ignoriert, wenn sie um hilfe bitten. oder mit einer "krankheitsbezeichnung" betitelt, die falsch ist.
01.03.10, 21:19:16
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Skugga
(Standard)

Vielleicht solltest du, wenn der Film als DVD erhältlich ist, den Film 'Adam' ausleihen, bzw. kaufen. Diesen könnte man sich mit der Familie ansehen, denn er ist ziemlich realitätsnah, und auch gut gespielt. Der Film kam 2009 am Jahresende im Kino.
01.03.10, 23:28:37
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