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Thema: Können Autisten trösten? (http://perfektibilistenorden.de/topic.php?id=3458)


Geschrieben von: uppsdaneben am: 26.12.09, 16:56:47
Zitat von 1Pjladd2:
und nun weiß ich, dass ich mich nicht ändern muss, weil es auch nicht mögliche ist.


Das ist ein schwerwiegender Irrtum.

Korrekt ist, dass du ein Recht auf deine eigene Identität, deine eigenen „Macken“, dein Unvermögen hast.

Da du aber in dieser Welt lebst – und zwar nicht allein – hast du die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, einen möglichst konfliktarmen Umgang mit deinen Mitmenschen, seien es Autisten oder Nichtautisten, zu finden.

Du hast das Recht, die Gefühle deines Gegenübers nicht intuitiv erkennen zu können, aber du hast auch die Pflicht, aufmerksam und bewusst dein Gegenüber zu beobachten und diese Musterung ständig mit deinem erlesenen und erarbeiteten Regelwerk im Kopf abzugleichen. Dieser Lernprozess verändert dich.

Das ist anstrengend, nicht immer erfolgreich und ganz sicher nicht perfekt, aber du erwartest von Nichtautisten Entgegenkommen und das können sie ganz sicher auch von dir erwarten. Ich will nämlich nicht, dass „Autismus“ zum Synonym für „faule Ausrede für schlechtes Benehmen“ wird.

Zitat:
auch wenn ich weiß, dass andere mit mir nicht zufrieden sind, brauche ich nicht in depressionen zu fallen.


Depressionen sind sicher nicht angesagt, doch Überlegungen, wie du bei deinen Mitmenschen besser ankommst.


Geschrieben von: Sturm am: 27.12.09, 18:14:10
Zitat von uppsdaneben:

Wir bezahlen unsere Unfähigkeit, bestimmte Dinge erkennen zu können, was ja „jeder“ kann, mit sozialen Angriffen, an „guten“ Tagen auch „nur“ mit sozialer Ausgrenzung. Da auch wir ungern „geschlagen“ werden, ziehen wir uns nach kurzer Lernzeit sozial zurück.


uppsdaneben,

Du hast es exakt auf den Punkt gebracht, jedenfalls wie es mir erging, und immer noch ergeht.

Sturm


Geschrieben von: [modmod] am: 30.12.09, 01:16:44
Ich habe einen Teil der Diskussion in das neue Thema 'Anpassen oder nach der eigenen Art leben?' verschoben.
Das hat kaum noch etwas mit dem ursprünglichen Thema zu tun, war also eine Abschweifung.


Geschrieben von: uppsdaneben am: 01.01.10, 20:46:22
Kommt ihr beide jetzt besser miteinander zurecht?


Geschrieben von: 1Pjladd2 am: 02.01.10, 01:12:49
Jap !
Das Forum hat unsere Freundschaft gerettet (ich benutze nicht gerne das Wort "Beziehung" ;)).
Wir hatten neulich wieder eine Grenzsituation: Sie wollte, dass ich sie umarme und mit ihr kuschele, ich war aber nicht so richtig in Stimmung und wollte lieber was anderes mit ihr machen. Daraufhin hat sie wieder angefangen zu weinen. Sie meinte "Seinen Partner muss man immer umarmen wollen, das ist sonst keine Liebe". Ich war anderer Meinung und so schwiegen wir uns erst einmal wieder für ein paar Minuten an.
Ihr Heulen verstärkte sich durch den Gedanken daran, dass wir schon wieder in einen Streit gerieten, jetzt wo doch eigentlich alles wunderbar klappen müsste.
Nach einer Weile faste ich den Mut und ging zu ihr rüber, umarmte und küsste sie und sagte aufheiternde Worte. Nun war der ganze Streit vergessen und wir verstanden uns wieder prima. Sie war so froh, dass ich sie zum ersten mal richtig getröstet hatte.

Wie ihr seht bin ich bereit dazu, über meinen Schatten zu springen und zu versuchen, mich in die Haut anderer zu versetzen. Mein letzter Beitrag, war wie gesagt, nicht gut formuliert. Mit meiner Aussage ("und nun weiß ich, dass ich mich nicht ändern muss, weil es auch nicht mögliche ist.") wollte ich eigentlich nur sagen, dass mich niemand zu einem Smalltalk oder Augenkontakt zwingen kann, wenn ich denke, dass ich es nicht kann. Es liegt an mir, wie ich den Menschen entgegenkomme. Keiner kann etwas, wozu ich nicht in der lage bin, von mir verlangen...

EDIT:
Ich habe eben nochmal den Unter-Thread gelesen, der sich aus diesem hier gebildet hat. Und Hans hat meine Situation genau auf den Punkt gebracht:

"Zusammenfassend möchte ich sagen, daß
nachdem ich mich nicht mehr so viel anpassen MUSS
ich mich viel leichter tue, mich an zu passen."

Das wollt ich euch eigentlich die ganze Zeit schon sagen. Aber ich fand einfach nicht die passenden Worte.


Geschrieben von: uppsdaneben am: 02.01.10, 09:46:44
Zitat von 1Pjladd2:
Nach einer Weile faste ich den Mut und ging zu ihr rüber, umarmte und küsste sie und sagte aufheiternde Worte. Nun war der ganze Streit vergessen und wir verstanden uns wieder prima. Sie war so froh, dass ich sie zum ersten mal richtig getröstet hatte.


Ich finde prima, dass es jetzt klappt.

Zitat:
dass mich niemand zu einem Smalltalk


Das klappt eigentlich ganz gut, wenn man Mund und Hirn entkoppelt. Muss ich aber auch noch üben.

Zitat:
oder Augenkontakt zwingen kann, wenn ich denke, dass ich es nicht kann.


Sieh ihnen erst auf die Stirn oder Nase, später klappt es auch mit den Augen. Sie sind dann einfach ein Zielpunkt für deinen Blick, den du alle zwei bis drei Sekunden für eine halbe Sekunde umherschweifen lässt, also abwendest. Nach einiger Zeit funktioniert es so gut, dass NAs glücklich sind, und mir tut es nicht weh.

Zitat:
Es liegt an mir, wie ich den Menschen entgegenkomme. Keiner kann etwas, wozu ich nicht in der lage bin, von mir verlangen...


Das Ich-will (-nicht) ist eine der stärksten und am wenigstens in Frage gestellten NA-Begründungen für eine Handlung.


Geschrieben von: AutistAlsFreund am: 02.01.10, 12:14:10
Ja, also die Situation war für mich völlig neu und ich glaube, da ich nichts erwartet habe, dass er mich tröstet, ist es ihm leichter gefallen.

Das ist ja bei jedem so, wenn etwas verlangt wird, macht man es nicht so gerne. Man macht es lieber von sich aus.

Ich hab mich so sehr gefreut!
Das heißt aber nicht, dass ich das jetzt wieder als "Standard" ansehe und für's nächste mal Erwartungen habe. Nein, ich erwarte für's nächste mal nichts, weil ich weiß wie schwer es dir fällt und versuche selber das Beste daraus zu machen, anstatt mir den Kopf zu zerreißen, warum du mich denn nicht tröstest. Wollt ich dir nochmal sagen :)


Geschrieben von: NA66Love am: 07.06.16, 16:26:49
Ich bin ganz schlecht im Trøsten, da mache ich immer Fehler!


Geschrieben von: atAspie am: 02.04.21, 00:25:05
Ich kann in den Arm nehmen, aber meistens gab ich Trost mit intuitiven Verstehen der Gemeinsamkeiten, das der Traurige mit einem Lächeln vor mir steht.

LG
atAspie