Forum für Autisten und interessierte Zeitgenossen (http://perfektibilistenorden.de/index.php)
-- Offenes Forum (Schreibrecht auch für unter User=Gast; Pass=Gast eingeloggte Gäste) (http://perfektibilistenorden.de/board.php?id=3)
---- Autismus, Autismen, ... - was ist das? (http://perfektibilistenorden.de/board.php?id=25)
Thema: Experten wollen das Asperger-Syndrom ab 2012 aus dem DSM V streichen (http://perfektibilistenorden.de/topic.php?id=3379)


Geschrieben von: 55555 am: 04.11.09, 01:04:54
Zitat:
Much of the growing prevalence of autism, which now affects about 1 percent of American children, according to federal data, can be attributed to Asperger’s and other mild forms of the disorder. And Asperger’s has exploded into popular culture through books and films depicting it as the realm of brilliant nerds and savantlike geniuses.

But no sooner has Asperger consciousness awakened than the disorder seems headed for psychiatric obsolescence. Though it became an official part of the medical lexicon only in 1994, the experts who are revising psychiatry’s diagnostic manual have proposed to eliminate it from the new edition, due out in 2012.

If these experts have their way, Asperger’s syndrome and another mild form of autism, pervasive developmental disorder not otherwise specified (P.D.D.-N.O.S. for short), will be folded into a single broad diagnosis, autism spectrum disorder — a category that encompasses autism’s entire range, or spectrum, from high-functioning to profoundly disabling.

“Nobody has been able to show consistent differences between what clinicians diagnose as Asperger’s syndrome and what they diagnose as mild autistic disorder,” said Catherine Lord, director of the Autism and Communication Disorders Centers at the University of Michigan, one of 13 members of a group evaluating autism and other neurodevelopmental disorders for the manual.

Quelle

Wer sich berufen fühlt, kann das gerne übersetzen, mir ist es gerade zuviel.


Geschrieben von: haggard am: 04.11.09, 21:49:27
ziemlich freie und halbwegs missglückte übersetzung:

die steigende verbreitung von autismus, welches nun über/bis zu (?) 1 prozent der amerikanischen kinder betrifft, gemäß staatlicher daten, können dem aspergersyndrom und anderen milden formen dieser störung zugeordnet werden. das aspergersyndrom hat es in die öffentliche volkskultur (?) mittels bücher und filme geschafft, welche es (asperger) als das reich hochintelligenter personen und savantgleichen genies darstellen.

so schnell das aspergersyndrom das bewusstsein erweckt hat, scheint die störung in der psychiatrie zu veralten. obwohl es (asperger) erst 1994 offizieller bestandteil des medizinischen lexikons wurde, haben experten, die das psychiatrische diagnosehandbuch überarbeiten, vorgeschlagen, es aus der neuen ausgabe - welche 2012 fällig sein soll, zu streichen.

wenn es nach diesen experten geht, werden das aspergersyndrom und andere milde formen von autismus - nicht anders bezeichnete tiefgreifende entwicklungsstörung (abgekürzt P.D.D.-N.O.S.), in eine einzige weitgefasste diagnose - autismusspektrumstörung - gebettet werden, einer kategorie, welche den vollständigen autismusbereich umfasst, oder spektrum von hochfunktional bis zutiefst (?) unfähig.

"Niemand war fähig gewesen, eine gleichmäßige differenzierung zwischen den klinischen diagnosen aspergersyndrom und was als milde autistische störung diagnostiziert wurde, zu zeigen", sagte Catherine Lord, leiterin der Autism and Communication Disorders Centers at the University of Michigan, eine von 13 mitgliedern einer gruppe, welche autismus und andere neurologische entwicklungsstörungen (?) für das handbuch beurteilen.


Geschrieben von: 55555 am: 11.02.10, 13:17:59
Die Absicht zur Streichung ist nun mittlerweile auch auf der offiziellen Seite zum DSM5 gelandet:
Zitat:
*Childhood Disorders Proposed to be Subsumed Under Other Diagnoses (No DSM-5 Criteria Proposed)

315.2 Disorder of Written Expression
315.9 Learning Disorder Not Otherwise Specified
299.10 Childhood Disintegrative Disorder
299.80 Asperger's Disorder
299.80 Pervasive Developmental Disorder Not Otherwise Specified

Quelle


Geschrieben von: sayo am: 09.04.10, 23:07:56
[Dieser Beitrag eröffnete einen neuen Thread und wurde von mir in diesen Thread verschoben, da das Thema sich gleicht und der bisherige Thread noch kurz ist, mfg [55555]]

Die DSM(das diagnostische und statistische Manual)
ist die Bibel der Diagnostik und wird dafür genutzt.

In einer für das Jahr 2012 erscheinenden Neuauflage
wird geplant, das Aspergersyndrom von der Liste zu streichen
beide Leiden sollen unter der Bezeichnung " Störungen aus
dem autistischen Spektrum" zusammengefaßt werden, es gäbe
keine qualitative Trennung zwischen dem Aspergersyndrom und dem frühkindlichem Autismus, nur der Schweregrad sei unterschiedlich.

Dies habe ich der vorletzten " Psychologie heute", Ausgabe
April entnommen. Ferner heißt es darin:

[...Autismus ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung
die sich schon im frühen Kindesalter bemerkbar macht...
Während beim klassischem Autismus die Intelligenz stark
vermindert ist, sind beim Aspergersyndrom Denken und
Sprache intakt.Doch zeigen die Betroffenen ebenfalls
stereotype Verhaltensrituale und haben kaum soziale
Beziehungen.Daher wird die Aspergerstörung von vielen
Experten als milde Form von Autismus angesehen....]

Es steht mir nicht zu dies zu kommentieren, ich wollte
nur informieren und bin auf eure Meinung gespannt.


Geschrieben von: 55555 am: 09.04.10, 23:32:41
Zitat von sayo:
nur der Schweregrad sei unterschiedlich.

Das stand da tatsächlich drin?


Geschrieben von: sayo am: 10.04.10, 00:01:11
Danke für das Verschieben, ich wußte nicht,
dass es schon einen Thread darüber gibt.

Wortwörtlich heißt es:

Die Experten schlagen vor, beide Leiden unter
der Bezeichnung " Störungen aus dem autistischem
Spektrum" zusammenzufassen und die Betroffenen
nach Schweregraden dieser Störung einzuteilen.

Psychologie heute, Heft April, S.53

Ich habe hier genug gelesen um mich über den
Artikel zu ärgern.


Geschrieben von: 55555 am: 10.04.10, 00:14:55
Also wird darin offenbar nicht behauptet Asperger und Kanner würden verschiedene Schweregrade darstellen und so ist es auch korrekt entgegen verbreiteter (und auch von manchen "Aspies" gepflegten) Mythen.


Geschrieben von: haggard am: 28.03.11, 00:09:24
Zitat von 55555:

Zitat:
*Childhood Disorders Proposed to be Subsumed Under Other Diagnoses (No DSM-5 Criteria Proposed)

315.2 Disorder of Written Expression
315.9 Learning Disorder Not Otherwise Specified
299.10 Childhood Disintegrative Disorder
299.80 Asperger's Disorder

299.80 Pervasive Developmental Disorder Not Otherwise Specified


das erste blau markierte würde unter autismusspektrum zusammengefasst, weil es ziemlich selten wäre und in der jüngeren zeit weniger als 10 neue fälle beschrieben wurden.

asperger-syndrom - klar...

letzteres, was als atypischer autismus bezeichnet wird, würde ebenfalls unter autismusspektrum zusammengefasst, wenn es nicht die kriterien der "pervasive developmental disorder" erfüllt.

die nicht fett markierten würden unter einer anderen diagnose zusammengefasst werden.

ebenfalls von dort unter dem "kartenreiter" 'rationale':
Zitat:
Autism spectrum disorder is a neurodevelopmental disorder and must be present from infancy or early childhood, but may not be detected until later because of minimal social demands and support from parents or caregivers in early years.


wenn irgendwann diesbezüglich auch eine angleichung im ICD erfolgen sollte, bietet dieser satz die erklärung (auch jetzt schon) gegenüber amtspersonen, dass autismus sich nicht erst irgendwann entwickelt, sondern von anfang an vorhanden ist.

und dort noch eine tabelle, wie der "schweregrad" künftig im DSM eingeteilt würde, unter 'severity'.

zum nachlesen, wie das autismusspektrum künftig nach DSM V definiert würde:
Zitat:
Must meet criteria A, B, C, and D:

A. Persistent deficits in social communication and social interaction across contexts, not accounted for by general developmental delays, and manifest by all 3 of the following:

1. Deficits in social-emotional reciprocity; ranging from abnormal social approach and failure of normal back and forth conversation through reduced sharing of interests, emotions, and affect and response to total lack of initiation of social interaction,

2. Deficits in nonverbal communicative behaviors used for social interaction; ranging from poorly integrated- verbal and nonverbal communication, through abnormalities in eye contact and body-language, or deficits in understanding and use of nonverbal communication, to total lack of facial expression or gestures.

3. Deficits in developing and maintaining relationships, appropriate to developmental level (beyond those with caregivers); ranging from difficulties adjusting behavior to suit different social contexts through difficulties in sharing imaginative play and in making friends to an apparent absence of interest in people

B. Restricted, repetitive patterns of behavior, interests, or activities as manifested by at least two of the following:

1. Stereotyped or repetitive speech, motor movements, or use of objects; (such as simple motor stereotypies, echolalia, repetitive use of objects, or idiosyncratic phrases).

2. Excessive adherence to routines, ritualized patterns of verbal or nonverbal behavior, or excessive resistance to change; (such as motoric rituals, insistence on same route or food, repetitive questioning or extreme distress at small changes).

3. Highly restricted, fixated interests that are abnormal in intensity or focus; (such as strong attachment to or preoccupation with unusual objects, excessively circumscribed or perseverative interests).

4. Hyper-or hypo-reactivity to sensory input or unusual interest in sensory aspects of environment; (such as apparent indifference to pain/heat/cold, adverse response to specific sounds or textures, excessive smelling or touching of objects, fascination with lights or spinning objects).

C. Symptoms must be present in early childhood (but may not become fully manifest until social demands exceed limited capacities)

D. Symptoms together limit and impair everyday functioning.

quelle


Geschrieben von: Fundevogel am: 29.03.11, 02:03:06
Ich finde sehr interessant, dass es tatsächlich völlig unterschiedliche Autismusformen gibt:

Autismus, der von Psychiatern als krank definiert, der aber bei den ärztlichen Kollegen, die Autisten sind "übersehen" wird

Autismus, der von Eltern an Schulen als "Asperger" vorgestellt wird, um eine Chance zu erhalten, an einer Regelschule unterrichtet zu werden

Autismus, der in Heimen verwahrt wird, ohne dass sich von "Fachleuten" Rat bei Autisten geholt wird, damit ein lebenswerteres Dasein möglich würde

Autismus, der durch die Betreffenden erklärt wird und deren Meinung teilweise in entwürdigender Weise vom Tisch gefegt wird

Autismus, der vom Aussterben bedroht ist, weil die Forschung pränatale Auslesemöglichkeiten unterstützt ohne darüber nachzudenken, dass sie eine Menschenart ausrotten hilft und ihr ganz nebenbei geniale Forscher, Denker, Künstler, Betriebswirte nicht mehr geboren werden

Autismus, der einerseits als Behinderung definiert wird, dem aber andererseits kaum Barrierefreiheit zugestanden wird


Geschrieben von: Schneekugel am: 29.03.11, 11:30:52
Also die vom Threadstarter ernannte Begründung find ich jetzt nicht so welterschütternd. Ich mein im Endeffekt ist da einfach eine ganze Wäscheladung Symptome und die einen Symptome ordnet man momentan eher Asperger-/Kanner-/HFA-/ usw... Autismus zu und da wo man grade mehr Treffer hat wird man halt reingeschmissen habe ich das Gefühl.

Und darin paaren sich dann die unterschiedlichsten Menschen von Leuten die vollkommen in ihren SI eingehen und die Welt um sich nicht mehr wahrnehmen zu Personen denen das leider beim kleinsten äusserem Reiz nicht mehr möglich, Personen die Zahlen fühlen, Personen die einfach "nur" sozialtechnisch manchmal gehandicaped sind usw...

Fragt sich halt ob es dann eben mehr in die Richtung Einheitsbrei gehen soll oder dann eben mehr Platz für Individualität lässt, was Unterstützungsmöglichkeiten usw... anbelangt. Wenn man da jetzt alles auf eine Diagnose festlegt, aber dementsprechend auch mögliche Förderungen nur auf eine statistische Durchschnittsdiagnose anlegt, dann ist das auch wieder nur Schwachsinn.


Geschrieben von: wolfskind am: 13.04.11, 16:28:56
was genau passiert dann eigentlich? wird dann bei allen aspergern die diagnose umbenannt? oder bleibt es bestehen nur bei den neu diagnostizierten wird es anders?

generell finde ich die trennung in verschiedene austismuformen eh schwierig. frage mich aber wie sie das umsetzen wollen mit dem schweregrad.


Geschrieben von: 55555 am: 13.04.11, 19:30:52
Die Diagnosen bleiben gültig und so bestehen. Ärzte diagnostizieren nach eigenem Ermessen und sind nicht an solche Kataloge gebunden wie an Gesetze. Es kann also sein, daß trotzdem noch manche nach der Abschaffung "Asperger" neu diagnostizieren.