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Autor Nachricht
B.v.Kolibri
(Gesinde)

Könnt Ihr von Euren Erfahrungen mit dem Sprachgebrauch näher berichten?

Habt Ihr wiederhohlend lautiert und wie, wann und warum?

Hat sich jemand , der Euch nahe stand, ernstgemeint auf diese Sprachebene mit Euch begeben und wie war das? Hat es Spaß gemacht? War es hilfreich?

Ich entdecke bei Kolibri mehrere Ebenen:

+ ein sich ständig wiederholender Ausspruch, der scheinbar nichts mit dem direkten Geschehen zu tun hat, sondern in neutralen und stressigen Situationen immer wieder benutzt wird.
(An der Tonlage erkenne ich oftmals die vorherrschende Stimmung)

+ ein lachähnliches Wortgebilde, das häufig in entspannten Situationen benutzt wird. Er scheint sich dann wohl zu fühlen.

+ ein ganz spezielles, leises, sehr hohes Lautieren, welches er in der Schule nur mit mir als eine Art Geheimsprache benutzt. Es klingt sehr wohlwollend und liebevoll.Es ist immer auch mit Körperkontakt verbunden.


Gerade das letzte Geräusch erwieder ich sehr gerne in der gleichen Art und Weise. Ich nutze es auch nach meinem Gefühl wenn ich ihm auch etwas Liebevolles sagen möchte.

Kolibri scheint diese Form der Kommunikation Spaß zu machen.
Was haltet ihr davon?






I am what I am
And what I am needs no excuses...
08.09.09, 02:09:49
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haggard
(Autistenbereich)

ein bekannter hatte früher, als er noch nicht sprach in zusammenhang mit seinen verschiedenen verwendeten gegenständen "gesungen". andere beschreiben das wohl als singsang. für verschiedene situationen/beschäftigungen mit gegenständen besaß er andere "melodien" = sich wiederholende laute.

später führte er "menschengerechte" selbstgespräche.
sprache verwendete er eher für sich als für andere bzw. mit anderen und reagierte mit "gestört werden", wenn andere ihn währenddessen ansprachen oder ihm nachliefen. dann suchte er abstand, wechselte die richtung oder schwieg.

ich nehme an, dass er sich generell eingeengt fühlte, weil es in seiner unmittelbaren umgebung viele große freilaufende tiere gab, vor denen er sich nicht zurückziehen konnte, die immer präsent waren - und vor denen er sich auch fürchtete.
08.09.09, 06:40:19
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Also was nichtautistisches Lautieren betrifft ("Eeeey!", "Boah", etc.) begebe ich mich durchaus auf diese Sprachebene. Dabei gehe ich so vor, daß ich zunächst herauszufinden versuche, was dieses Lautieren bedeutet und es dann eventuell als sprachliches Element verwende oder auch nicht, wenn es mir nicht zusagt.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
08.09.09, 15:37:13
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B.v.Kolibri
(Gesinde)

geändert von: B.v.Kolibri - 09.09.09, 04:44:48

55555, lese ich hier einen sarkastischen Beitrag von Dir oder soll ich Dich wörtlich nehmen?
Obwohl die beinhaltete Information für mich gleich wäre, würde es meine emotionale Wahrnehmung klären können. Ich lese hier deutlich Sarkasmus und finde es bereichernd, da es Deine Sichtweise auf die NAs erahnen lässt.

zum Thema:
Kolibri möchte kommunizieren, es geht von ihm aus. Er spricht dabei auch eine deutliche Körpersprache, ist mir zugewand, berührt mich und schaut mir in die Augen.

I am what I am
And what I am needs no excuses...
09.09.09, 04:40:52
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haggard
(Autistenbereich)

wenn ich nicht wüsste, was die verschiedenen laute bedeuten, die ich vielleicht nur schlecht versuchen würde zu imitieren, nur weil ich meinem gegenüber womöglich das gefühl geben wollte, dass ein für ihn sinnvolles gespräch stattfindet... was würde es meinem gegenüber nützen, wenn seine laute bedeuten würden "ich habe schmerzen" und ich in meinen versuchen "blätter wiegen" von mir geben würde. vielleicht wäre mein gegenüber tatsächlich froh, weil er das vielleicht als durchbruch betrachten würde, dass ich endlich verstehen würde, was er sagt und mein gegenüber würde das eventuell wiederholen, so wie eltern, wenn ihre kleinen kinder zum ersten mal "mama" oder dergleichen sagen.

was andere animiert, irgendetwas nachzuplappern, verstehe ich nicht.
09.09.09, 07:33:26
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

geändert von: 55555 - 09.09.09, 11:53:41

Sarkastisch würde ich den Beitrag nicht nennen. Auch teilreflektierende "" ändern nichts daran, daß gedankliche Doppelstandards durch derartige spezielle Begrifflichkeiten stabilisiert werden. Dies ist aus meiner Sicht ein Teil von Diskriminierung.

Aus meiner Sicht kann es sein, daß er dies als Kommunikation sieht. Vielleicht hat er auch gelernt, daß er so schlichtweg Aufmerksamkeit bekommt, die ihm sonst mangelt. Viele Autisten wollen ja Kontakte.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
09.09.09, 11:52:17
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B.v.Kolibri
(Gesinde)

@ azreal und 55555
Irgentwie fühle ich mich falsch verstanden.

Gibt es wirklich nur negatives feedback zu meinem Bemühen in Kontakt zu treten?
Ich möchte nur verstehen was in Kolibri vorgeht.
Ich spüre, daß unser Kontakt positiv ist.
Und N E I N , er tut dies nicht um mir zu gefallen!
Das hat er nicht nötig, denn er wirkt glücklich und zufrieden . Er bekommt von sehr vielen Menschen Aufmerksamkeit und Zuwendung.


Den Bericht von den eigenen Melodien zu den entsprechenden Situationen kann ich nachvollziehen.

Ist es anderen Autisten hier auch so gegangen?


I am what I am
And what I am needs no excuses...
10.09.09, 00:29:51
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Hans
(Autistenbereich)

geändert von: Hans - 10.09.09, 00:43:44

Ob ich das frühkindlich gemacht habe, weiß ich nicht mehr genau,
wie ich das rrollende "R" erlerrnt hatte, habe ich die "Rs" besonderrs lange gerrrollt,
bis meine Mutterr geschimpft hat: "Jetzt hör nur wieder auf!"
Aber später, wie ich schon viel sprach habe ich Sätze oder Teile von Sätzen,
die mir gefielen(nicht wegen dem Inhalt) wiederholt, so wie Zaubersprüche aufsagen.
Da war und ist für mich einfach die Faszination an der Sprache drin.
Ich habe auch versucht, ob Andere auch dieser Faszination erliegen könnten,
aber ich habe eher genervt, das wurde mir dann schon erklärt und dann war es auch gut.
So mit neun habe ich dann ganze Kabarett-Nummern von Emil Steinberger,
die ich im Fernsehen gesehen habe, auswendig rezitiert.
In der Schule konnte ich damit natürlich wieder nicht "punkten",
aber bei der Hochzeit meines Cousins war es dann mal erwünscht
und da bin ich tatsächlich auch vor Publikum aufgetreten.

Ich bleibe z.B. heute noch gerne in der Schweiz irgendwo auf einem Autobahnrastplatz stehen,
höre im Regionalprogramm die Kinderstunde auf Schweizerdeutsch und
wenn mir wieder mal ein Satz gefällt, dann wiederhole ich den laut und immer wieder, bis ich den Eindruck habe, ich kanns.
Beispiel:
"s´Müati is wüatig gsied."
Ich hoffe ich habe das einigermaßen richtig geschrieben.
Wenn ich die schweizer Betonung richtig raus habe, höre ich mir ganz verzückt zu,
die Melodie oder die Modulation oder die exotische Grammatik oder wie auch immer,
es macht mir Spaß diesen Satz zu wiederholen.
Auf Hochdeutsch heißt das:" Die Mutter war wütend gewesen."
Das ist jetzt eben wieder kein witziger Inhalt, aber wie es sich anhört ...
An der Tankstelle habe ich dem Kassierer dann den Satz vorgesprochen,
ob ich das so richtig mache, der aber hat mich wohl nicht richtig verstanden
und fragte mich wiederum, was ich meiner Mutter denn angetan habe ...

Edit: jetzt ist mir noch was eingefallen:
Ganz frühe Erinnerungen habe ich noch an so falsch verstandene Wörter,
die ich mir natürlich auch falsch eingeprägt habe,
so ähnlich wie beim Pumuckel die " Bundestagsrabatten",
aber weniger witzig.
Die habe ich mir auch durch wiederholtes "Vorsagen", wie es richtig ist,
erst erarbeiten müssen.
10.09.09, 00:34:26
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B.v.Kolibri
(Gesinde)

geändert von: B.v.Kolibri - 10.09.09, 01:11:10

Danke Hans freuen

bei mir waren es die "Marzipantöffelchen" (Marzipankartöffelchen)

Kolibri scheinen auch Laute und Sprachgebilde zu faszinieren ....

I am what I am
And what I am needs no excuses...
10.09.09, 00:42:58
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Hans
(Autistenbereich)

geändert von: Hans - 10.09.09, 00:58:32

Ich sitze auch mal am Steuer und singe vor mich hin: "Es kommt ein goldner Wagen ..." oder "Jo mir san mim Rollheim do ... "
Kennst Du das Lied vom Tomatensalat?
Ich kann hier keine Noten schreiben.
Der Text ist nur immer wieder das Wort Tomatensalat, aber weil es nicht ins Versmaß passt, rutscht das Wort immer um eine Silbe weiter.
So ändert sich der immergleiche Text auf der immergleichen Melodie frotwährend,
das macht mir auch heute noch viel Spaß:

Tomatensalat Tomatensalat To
matensalat Tomatensalat Toma
tensalat Tomatensalat Tomaten
salat Tomatensalat Tomatensa

lat Tomatensalat Tomatensalat ...
und so geht das lange weiter, bis die Melodie auf die letzte Silbe richtig aufgeht.
Wenn man nicht aufpasst, vertut, dann geht das nie wieder auf,
da singt man dann ewig weiter.
So was könnte "Deinem" Kolibri vielleicht auch Spaß machen.
10.09.09, 00:58:03
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B.v.Kolibri
(Gesinde)

geändert von: B.v.Kolibri - 10.09.09, 06:46:01


I am what I am
And what I am needs no excuses...
10.09.09, 01:15:45
Link
Hans
(Autistenbereich)

Bei mir ist die Melodie ein klein wenig musikantischer, langsamer,
bei dem ist es mehr akrobatisch, aber schon richtig.
Ich bin erstaunt, was man bei Youtube alles findet.
Was Du alles findest.
10.09.09, 01:22:47
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