Zwei, drei, viele Diagnosen
Heute war ich bei der anderen Ärztin, der ADS-Spezialistin, und hab mir 'ne Tapferkeitsmedaille verdient... Muss erstmal ziemlich lange im Zimmer warten, schaue aus dem Fenster und ertappe mich dann dabei, dass ich heute mal wieder dasitze wie Rainman, reichlich grade und mit verknautschten Händen, na, bin halt nervös...
Erstmal der Refrain: Asperger-Syndrom sieht sie überhaupt nicht, aber ADS...! Genauer hat sie auf meine Info, dass ich bei 'ner AS-Ärtzin war und die meinte, ADS sieht sie überhaupt nicht, aber Asperger-Syndrom, gesagt, ADS ließe sich gut behandeln, AS nicht. Ich weiß nicht genau, wieso sich das, was ich hab, besser behandeln lässt, wenn man es ADS nennt und schlechter, wenn man es AS nennt. Vermutlich verstehe ich irgendwas falsch. Überhaupt, die Kommunikation... Ich *mag* diese Ärztin, ich finde sie sogar ganz bezaubernd. Aber jedesmal, wenn ich mit ihr rede, brauche ich meine ganze Kraft, muss jede Menge Adrenalin mobilisieren, um nicht "weggepustet" zu werden. Dabei bin ich eigentlich echt gut darin, renitent zu sein. Weiß nicht, aber irgendwie ist das da was anderes, worum es geht. Selbstbehauptung oder so. Aber ich hab mich heute wacker geschlagen!
Ah, wenn mein ADS auf die Behandlung nicht anspricht, heißt das übrigens nicht, dass es kein ADS ist. Dann hat sie mir noch ziemlich lange erklärt, dass ADS 'ne Stoffwechsel-Störung ist. Weiß ich doch längst, und gehe schon allen Leuten damit auf die Nerven, dass ich diese Pillen empfehle, die mir selbst nicht so bekommen. Nu ja, da ADS in dem Zusammenhang oft mit Diabetes verglichen wird: Ich möchte doch mal wissen, ob es auch Diabetiker gibt, die nicht auf eine Behandlung mit Insulin ansprechen?
Dann die dritte Diagnose, da kam sie mir ja auch schon öfter mit: Ich hätte eine Depression. "Ich hab keine Depression." sage ich. Sie meint, es sei 'ne larvierte, da merken es die Leute gar nicht, dass sie depressiv sind. *grrr*
Obwohl andererseits - wenn ich mal über längere Zeit an nichts Interesse habe außer dämlichen Spielen wie Sudoku, dann frage ich mich auch schon, ob das vielleicht 'ne larvierte Depression ist. Nicht, dass ich dabei leiden würde, aber wenn mich was interessiert, geht's mir deutlich besser.
Aber ich sage lieber nicht, dass sie da am heutigen Tag jedenfalls womöglich nicht ganz falsch liegt, sondern erkläre, wie heftig es bei mir rauf und runter geht. Dass ich mal fast zwei Wochen im "Tief" hänge, so wie jetzt (seit einigen Tagen wird es besser), ist selten. Häufiger ist das Abendtief (selten, dass es mal ausbleibt) und der 3-Tage-Frust. Sowas kann ich nicht eine Depression nennen! Um irgendwas Schwierigeres zu erklären, muss ich die Hände zur Hilfe nehmen, um die Worte damit geradezu unter Anstrengung hervorzuquetschen. Sehe mich wiederum selbst dabei und bin leicht erschüttert, denn wenn ich sowas bei jemandem in der AS-SHG sehe, dann finde ich, dass man da schon was sieht vom Autismus. Na, an anderen Tagen sieht man bei mir allenfalls was von Hochbegabung und einer ausgesprochen großen Klappe. Es scheint wohl drauf anzukommen... Bloß worauf eigentlich? Ich würde sagen, in der Rolle als Patientin von Psycho-Docs fühle ich mich noch nicht so ganz wohl und sicher.
Sie empfiehlt mir nun dringend, ein Antidepressivum zu nehmen. Das würde mich auch besser gegen den Stress abschirmen, würde man ja sehen, dass ich furchtbar empfindlich gegen Stress sei. Hm, so ganz sinnlos klingt das nicht, aber ich hab so die Sorge, dass mein Hirnstoffwechsel am Ende völlig durcheinander ist, wenn ich so weiter mal dies und mal das probiere. Ich frage die Ärztin, ob sie das Zeugs selbst mal probiert hat. Nö, hat sie nicht, sie sagt, sie hätte ja keine Depression. "Ich auch nicht!" sage ich. Sie sagt, sie hätte auch kein ADS. Ich schaue aus dem Fenster...
Es ist so schwierig mit der Kommunikation. Ich mag sie, aber es kommt mir immer so vor, als kämen wir von verschiedenen Planeten.