Schamanin
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@ azrael:
mit dem Kind an die Wand klatschen war wohl ich gemeint. Ich versuch's dir zu erklären.
Also, ich hab mich so geht es geht auf meine Kinder vorbereitet. Muss dazu sagen, bevor ich meinen Mann kennengelernt habe, war für mich ausgeschlossen, Kinder zu bekommen. Wie das Leben so spielt, Dinge und Ansichten können sich ändern und ich hab mich bewußt für alle 4 Kinder entschieden.
Doch so gut ich mich auf darauf vorbereitet hab (meiner Meinung nach), das Leben hat mich besseren belehrt. Ich hatte keine Ahnung, wie kaputt und müde man sein kann, wenn man 3 Monate nicht schläft, weil das Kind nicht zu schreien aufhört. Meine Versuche, Hilfe zu erhalten wurden damit abgewehrt: das ist halt so (Kind Nr. 2 und 3 zeigten mir: das ist nicht immer so). Ich hab gewickelt, ich hab gefüttert, ich hab mich zu Hause eingesperrt, bin stundenlang im Wald herumgelaufen, ich ließ ihn schreien und verstand plötzlich, wie es zu Gewalt gegen Kleinstkinder kommen kann. Zum Glück hatte ich mich im Griff, aber es war schwer. Die Zeit verging, die Kinder wurden größer, ich wurde gelassener und demütiger und alles lief einen guten Weg.
Manchmal war ich sehr überfordert, da mein Mann arbeiten musste (sehr unregelmäßig und nicht planbar für mich) und mir niemand mit den Kindern half. Aber ich schaffte Kinder, Haushalt, meinen Mann und micht (bitte nicht auf die Reihenfolge festlegen). Ich dachte, mich erschüttert nichts mehr.
Dann kam Keni. Leider, genauso wie seine Brüder ohne Bedingungsanleitung und schon gar nicht mit dem Schild "Ich bin anders". Eine Odysee begann. Was hat mein Kind, was ist anders, was mach ich falsch, wer hilft mir? NIEMAND! Alles, was ich heute über mein Kind weiß, ist mühsam erarbeitet. Wenn in der ganz schlimmen Zeit wer da gewesen wäre, der für meine anderen Kinder was gemacht hätte! Nein, zwischen Arztterminen und Wartezeiten musste ich Zeit finden zu kochen, 3 Waschmaschinen zu waschen, Hausaufgaben machen, meine anderen Kinder betreuen, bei Keni Detektivarbeit leisten, meine schwarzen Weltuntergangs in Griff kriegen. Es blieb keine Zeit mehr für nichts. Und alle wußten besser, was ich falsch mache. DAS WAR UND IST BELASTEND! Nicht mein Kind und seine "Behinderung". Darauf reduziert mich die Gesellschaft.
Und meine anderen 3 Kinder haben das Talent, genau dann zu kommen, wenn ich komplett burnout bin.
Wenn ich manche Gedanken nicht aussprechen würde, dann würde ich es tun. Ich weiß, ich schockiere Menschen damit, aber es ist manchmal so.
Ich war und bin so mit Überleben beschäftigt, dass ich den Wald vor lauter Bäumen nicht sehe und ich bete zu allem, was verfügbar ist, dass ich nie, nie, nie meine letzte Beherrschung verliere. Ich würde es mir nie verzeihen. Denn bei aller Belastung meinerseits, für meine Kinder ist es auch nicht leicht, wenn nicht sogar schwerer. Und wie es in Keni aussieht kann ich nicht einmal erahnen.
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