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Autor Nachricht
55555
(Fettnäpfchendetektor)

Kulturen in welchen die Schrift nicht eine so große Rolle spielte kannten teilweise umfangreiche Erzählungen mehr oder weniger auswendig. Zumindest wird es heute oft so angenommen und wirkt auf mich auf plausibel.

Nun erinnere ich mich dabei an einen alten Thread.

Warum ist heute den meisten Menschen unvorstellbar ein Buch auswendig zitieren zu können? Selbst Gedichte auswendig zu lernen scheint den meisten Schülern heute eine Qual zu sein.

Zeigen Autisten vielleicht auch deswegen größere Gedächtnisleistungen, weil sie veranlagungsbedingt eher so leben, wie es für nahezu alle Menschen eigentlich gesünder wäre?

Hohe Multitasking- oder Tempoanforderungen, Leistungsdruck innerhalb seltsamer Sozialzusammenhänge zehren offenbar an der Leistungsfähigkeit nahezu aller Menschen. Allerdings merken das NA laut Studien selbst an sich nicht in dem Maße. Sie halten sich im Rauch von Reizen noch für ähnlich leistungsfähig wie in einer ruhigen Situation, sind es aber messbar nicht.

Könnte das ein Grund sein, weswegen NA wohl nicht selten auch diesen Tempo-Kick suchen, der die derzeitige Kultur so sehr prägt? Weil sie nicht gut wahrnehmen können, wie dieser sie langfristig auslaugt und ihre Leistungsfähigkeit herabsetzt?

Dichtere Besiedelung ist in der Menscheitsgeschichte vermutlich ein relativ junges Phänomen. Sie bringt hohe Anforderungen an Wahrnehmung und (Re-)Aktionsfähigkeit mit sich. NA mögen schon immer die Nähe anderer gesucht haben, jedoch haben sie diese vermutlich selten quantitativ im heutigen Maß gefunden. Fehlt den NA hier ein rechtzeitiges Stopp-Signal? Einfach weil dies entwicklungsgeschichtlich lange gar nicht nötig war?

Menschen waren wohl meist gewohnt auch alleine oder in kleinen Gruppen klarzukommen. Ist der Krieg gegen Autisten ein Teil des zeitgenössischen Krieges gegen die Stille?

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
01.09.08, 13:36:51
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Hans
(Autistenbereich)

Gut, daß Du das einmal aufgreifst.
Kennst Du mich?
Du sprichst mir da vor, was ich lange schon gedacht habe,
aber nicht so ausformulieren konnte.
Es fällt mir insgesammt auf,
Du formulierst in Deinen Beiträgen so klar wie ich
sofort verstehen und nachdenken kann,
ohne "Brimborium" drumrum.

Ich habe es in der Schule vermisst, aber
zu Hause in der Literatur schöne Gedichte gefunden
und einige davon kann ich einfach
vom öfteren lesen auswendig aufsagen.
Wir und die Nachbars-Kinder haben auch die
verschiedensten Werbeslogans heruntersingen können.
Ich weiß noch gut wie die beiden kleinen Mädchen
im Nachbar-Garten stundenlang im Wechsel
"Uvex heißt die Ski-Brille - Uvex"
und "Das Tor macht weit" laut und schrill gesungen haben.
Das war monoton!
Da war ich kurz vorm overload.

Daran kann man aber erkennen:
Kinder lernen gern auswendig, nur was?
Und das wiederholen sie dann gern
und unaufgefordert.("Schau mal ich kann was!")

Aber das Weihnachtsgedicht für die Schulaufführung
führt zu hysterischen Zuständen aller Personen
in der Wohnküche,
die beim Lernen helfen wollten.

Dieses Gedächtnistraining halte ich für sehr sinnvoll,
deshalb lasse ich mir manchmal die "Lyrics"
von einem Lied vom Internet runter,
lerne
und sing dann mit wenn es gespielt wird.

Bayrische Texte verstehe ich so,
daß sie sitzen.
Bei englischen Texten brauche ich die schriftliche Vorlage,
weil, obwohl ich Englisch reden kann,
ich so viel falsch verstehe.
01.09.08, 18:13:36
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Zitat von Hans:
Kinder lernen gern auswendig, nur was?
Und das wiederholen sie dann gern
und unaufgefordert.("Schau mal ich kann was!")

Aber das Weihnachtsgedicht für die Schulaufführung
führt zu hysterischen Zuständen aller Personen
in der Wohnküche,
die beim Lernen helfen wollten.

Stimmt, Slogans sind derzeit alltäglicher Teil einer Rezitierungskultur. Gedichte sind vielleicht zu lang, vielleicht haben sie auch ein schlechtes Image durch überheblichen Deutschunterricht, der das eigentlich angenehm sein sollende der Leistungsbenotbarkeit zuführen muß.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
02.09.08, 13:09:57
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Schamanin
(Angehörigenbereich)

Hallo,

ist echt ein interessanter Ansatz, hab mir auch schon öfters darüber Gedanken gemacht.

In einer Doku wurde mal erwähnt, dass die speziellen Fähigkeiten bei Autisten in dem gleichen Ausmass nachlassen anfangen, in dem ihre sozialen Fähigkeiten zunehmen. Würde gut dazupassen.

Vielleicht ist es auch der Neid von NA's auf Autisten, dass sie sich sozialen Zwängen nicht unterordnen. Können oder wollen sei jetzt mal dahingestellt...
02.09.08, 21:07:58
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Zitat von Schamanin:
In einer Doku wurde mal erwähnt, dass die speziellen Fähigkeiten bei Autisten in dem gleichen Ausmass nachlassen anfangen, in dem ihre sozialen Fähigkeiten zunehmen.

Wobei Autisten selten trotzdem jemals von NA akzeptiert werden, aber im Gegenzug ziemliche Abstriche bei ihren eigentlichen Fähigkeiten hinnehmen müssen. Das ist so wie einen Sportwagen zu einem kranken Traktor zu erklären und dann zu beginnen am Sportwagen herumzubasteln, damit er wenigstens mit ach und Krach einen Pflug ziehen kann.
Zitat:
Vielleicht ist es auch der Neid von NA's auf Autisten, dass sie sich sozialen Zwängen nicht unterordnen. Können oder wollen sei jetzt mal dahingestellt...

NA haben eine angeborene faschistoide Ader.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
02.09.08, 22:44:52
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uppsdaneben
(Autistenbereich)

Zitat von 55555:
Warum ist heute den meisten Menschen unvorstellbar ein Buch auswendig zitieren zu können? Selbst Gedichte auswendig zu lernen scheint den meisten Schülern heute eine Qual zu sein.


Das war es früher auch. Doch vor noch 100 Jahren war ein Buch eine Kostbarkeit, sodass Auswendiglernen eine der wenigen Möglichkeiten war, etwas Kultur zu bewahren. Heute haben wir das Internet im Telefon, sodass wir das nicht mehr brauchen.

Zitat:
Zeigen Autisten vielleicht auch deswegen größere Gedächtnisleistungen, weil sie veranlagungsbedingt eher so leben, wie es für nahezu alle Menschen eigentlich gesünder wäre?


Was ist gesund daran, Überflüssiges auswendig zu lernen?
06.09.08, 22:17:26
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Gedächtnisleistung ist auch heute nicht überflüssig und bezieht sich nicht nur auf plakative Beispiele wie das Auswendigwissen von Büchern.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
06.09.08, 22:53:57
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Hans
(Autistenbereich)

Diese Gedächtnisübungen machen dann Sinn,
wenn man etwas gescheites auswendig lernt,
wie z.B. Weisheiten.
Hier eine praktische Beobachtung:
In der Schule wird Schillers Glocke nicht mehr auswendig gelernt,
die Scheidungsrate steigt.

Dieses Gedicht ist eine Ansammlung guter Lebensweisheiten wie zum Beispiel:

Drum prüfe wer sich ewig bindet,
ob sich Herz zu Herzen findet,
der Wahn ist kurz,
die Reuh´ ist lang.

Diese Lebensweisheiten haben mir viel geholfen,
die Sprache ist ein Wenig altertümlich,
aber schön zu lesen und schön zu lernen.

Versucht es doch mal mit Schiller!
07.09.08, 13:49:58
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Gedächtnis ist ein Faktor von Intelligenz. Ohne Gedächtnis z.B. kein gutes Erkennen von Zusammenhängen.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
07.09.08, 16:33:45
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Hans
(Autistenbereich)

Die Frage ist nur wie schnell ist das verfügbar,
was gerade am besten passt.
Man könnte auch nach der Zugriffszeit fragen,
das hört sich aber zu sehr nach Computer an.
Für bestimmte Situationen habe ich was Auswendiges parat,
das ist zwar "einstudiert" ,
wird aber als extrem schlagfertig gelobt,wenn es gut passt.

Anwendungsbeispiel jüngere Vergangenheit:
Beim Mittagessen im Brotzeitraum meiner Firma.
Ein etwas älterer Kollege und leidenschaftlicher Motorradfahrer regt sich gerade über die gestiegenen Spritpreise auf.
Er wird dabei laut
in seinem pöbelndem Stil und erregt nicht nur mein unangenehmes aufsehen.
Als er dann von dem jüngeren Kollegen, der ihm gegenübersaß
auch etwas laut angesprochen wurde:
"deswegen brauchst Du mi ned so oschrein!"
erwiederte er hastig:
"Geh,leck mi doch am Oarsch!"
Ich fragte wie aus der Pistole geschossen nach:
"Aus Reinlichkeits- oder Erotischen- Gründen?"

Der ältere Kollege ist dann aufgestanden und in sein Büro gegangen.

Als er gerade draußen war erging eine Lawine des Beifalls,
die Frau mir gegenüber bekam sich gar nicht mehr unter Kontrolle vor lachen und gluckste:
"Wie Du das jetzt vorgetragen hast,
so ganz ohne daß Dir das Grinsen ausgekommen ist,
mit so einem Pokerface,
das war Spitze!"
Andere haben mir auf die Schulter geklopft und bestätigt
wie Not es tat da mal was zu sagen.
So stand ich mal als Held da,
und nicht als der, der oft so einen "Schmarrn" redet.


Da war auf einmalso viel trubel,
daß ich es schon fast wieder bereute.
10.09.08, 20:34:00
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