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L4A
(Standard)

Aus allen Wolken fallen

Entspannt auf der rosafarbenen Wolke schweben, dann auf der Gelben und jetzt die Grüne. Wunderbar weich und federleicht!
Nun schwebt sie hoch und höher, zur Blauen hin und die wird jetzt lila.
Karin atmet ruhig und tief, und wartet. Gedanken sind Vögel auf dem Baum, der ihr Denken ist. Sie kommen und fliegen wieder fort.

"Häss do en Flasch Bier für ne ahle Mann?"

"Wie bitte?"

"Ob do eh Bierche für misch häss?"

"Wer bist du?"

"Datt künnt isch disch jezz och fragen. Watt mähs do he?"

"Ich meditiere und befinde mich auf einer lilafarbenen Wolke. Nahe der warmen Sonne und warte auf meinen Engel."

"Nä Mädsche, do bess he bei mir om Eijelstein unn isch waeden ob einer, der mr enn Flasch Bier jibt!"
"Ein Penner in meiner Meditation?"

"Ejah, isch benn ene Penner!"

"Dann kannst du nicht der Engel sein, auf den ich hier warte. Raus aus meiner Meditation!"

"Ahah, unn wie kannst de datt wesse? Wie sinn dann Engel sonst so?"

"Nu ja, Engel sind ganz weiß, haben Flügel und sind herzenswarme Wesen die helfen!"

"Häss de als ens eine jesehen?"

"Ähm, nein. Aber ich warte hier darauf und du störst!"

"Hürr ens zo. Isch hann dr schon ens jesacht datt do misch he störst. Esu kumme isch nitt zo minger Flasch Bier, mach datt do fott küss! Isch hann kein Zeit für disch!"

"Moment! So geht das hier nicht!"

Karin lässt sich auf die blaue Wolke hinab sinken, zur Grünen, danach auf die Gelbe angekommen und auf der rosafarbenen atmet sie tief aus. ?Und jetzt??, fragt sie sich verwirrt.

"Hallo Claudia! Du glaubst nicht was mir gerade passiert ist. Ich habe meditiert so wie du mich das gelehrt hast, aber da war kein Engel, ich hatte telepatischen Kontakt mit einem kölschen Penner. Der saß auf der Strasse und hat um eine Flasche Bier gebettelt. Und tatsächlich hat dieser Mann zu mir gesagt das ich IHN störe! Das musst du dir mal vorstellen!"

"Meine liebe Karin, beruhige dich. Atme tief und ruhig durch, versuche dich zu zentrieren!"

"Ich bin ganz ruhig und zentriert. Wie kann so was geschehen?

"Mit jedem Wesen dass in einer Meditation erscheint muss man reden, sie haben etwas zu sagen."

"Aber diese Kerl hat mich fort gewiesen! Er wollte nicht mit mir reden!"

"Vielleicht wolltest du nicht zuhören was er zu sagen hat? Versuche es doch noch einmal und nimm dir etwas Zeit. Vielleicht ist es ja überraschend was da kommt. Stell dir vor, du bist 10 Jahre alt, das bist du ja auch in diesem Bereich, du lernst ja noch."

"Meinst du ich kann abkürzen und gleich auf die lila Wolke gehen?"

"Probiere es aus, ist ja auch nur am Anfang wichtig um langsam zu entspannen."

"Danke, bis später dann, ich melde mich."

Karin legt sich wieder auf ihre Meditationsmatte, atmet in einen ruhigen Rhythmus und schwebt diesmal schnell auf die lila Wolke.

"Do att widder?"

"Hmm ja, ich bin`s. Und nein, ich habe leider keine Flasche Bier für dich, aber ich werde dich nicht stören. Aber wenn du mit mir reden möchtest, dann würde ich mich freuen."

"Isch hann ming etztes Fühstück schon in flüssiger Form, jezz jonn ich mir jett zo essen besorgen, kanns jo mitkommen wenn do willst."

"Wohin gehtŽs denn?"

"Zoezz jommer zum Möllemmer vum Rewe, do finge isch immer jett. Wenn nitt dann enn dr Grundscholl, die Pänz schmisse de Botteramme immer fott. Viellesch ess jo enner do dr mir en Zirett jitt."

"Du lebst von dem was andere fortwerfen? Das ist doch Gesundheitsschädlich und die ganzen Bakterien? Wie kann man so leben?"

"Tja, datt Leve ess manchmol esu. Häss de nix, bess dr nix. Datt fing an als keen Arbeit mi hott, dann hat isch och keen Wohnnung mie. Ming Frau wollt misch nit mie und dann benn isch op dr Stroß jelandet. Keen Adress, kee Jeld."

"Und wo schläfst du?"

"Nu ja, datt ess nitt esu einfach. Manchmol ne Keller, oder e Klo. Oder em Wald unger de Bööm, do ess ett janz jot. Ahh, do hammer jo eh Brut. Ob noch Wosch do ess? Ennäh, nur e Hähnche, domett kann ich nix maache!"

Karin war entsetzt, dass hatte sie nicht erwartet. Sie konnte empfinden was dieser Mann fühlte, er war sehr einsam und müde. Sie roch die schmutzige Kleidung und fühlte die Löcher in den Schuhen, die Socken waren schon nass. Sie spürte die Blicke der Leute, angeekelt wenden sie die Augen ab. Spürt die Mauer die aufgebaut ist und doch so ausgeliefert zu sein. Begreift was es heißt unten in der Gesellschaft angekommen zu sein, ein Looser, einen Verlierer darzustellen. Bemerkt auch die Schmerzen in den Beinen. "Wahrscheinlich Arthrose", denkt sie.

"Haste mal ne Zijarrette für mich?", hört sie den Mann sprechen. Er spricht eine etwas ältere Frau an, die schaut ihm ins Gesicht. Das muss so sein, denn Karin bemerkt das Erschrecken des Mannes.

"Ja, hab ich. Hier nimm, ich habe mir vorgenommen mit den Rauchen aufzuhören. Vielleicht schaffe ich es ja jetzt."

"Ich danke dir, datt ess echt lev vunn dir. Määt nitt jeder, vergelt ett dir Gott! Hast du vielleicht noch nen Euro für mich?", fragt der alte Mann

"Nein, hab ich nicht. Tut mir leid! Vielleicht ein anders Mal, ich muss jetzt los.", hört Karin die Passantin, als wäre sie in einem Traum.

"Hör mal, vielleicht mag die Frau dich ja. Und überhaupt, wie heißt du?" fragt Karin den Mann.
"Jlöwste de an Wunder? Su`n Frau mach misch janz bestemp nitt. Unn isch heesen Gabriel, hätt ming Mutter esu jewollt."

"Tschüss Gabriel, ich bin jetzt ziemlich erschlagen, das harter Tobak für mich. Vielleicht treffen wir uns ja mal wieder auf der lila Wolke. Noch eine Frage an dich. Was hast du beruflich gemacht?"

"Och, ich woor unger Daach unn hann Erz affjebaut, Eisenerz wenn dr datt jett säht. Mach ett jott!"

Karin fand sich schnell auf ihrer Matte wieder. Die Erschöpfung des alten Mannes fühlte sie noch in ihren Gliedern. Der Geruch von Mülltonnen, von Straßenstaub in der Nase überlagerte das Sandelholzräucherstäbchen. ‚An wie vielen Pennern bin ich schon vorbei gegangen ohne sie zu sehen? Wie viel Leid habe ich nicht beachtet? Und was kann man überhaupt tun?', fragte sie sich, als sie die Treppe zur Küche ihrer Mutter hinunter ging.
Als sie das Bild sieht, bleibt sie wie angewurzelt stehen. Der Rahmen ist altmodisch im Gelsenkirchener Barock und das Bild zeigt einen Engel im weißen Gewand mit großen, halb ausgebreiteten Flügeln.
Der Erzengel Gabriel steht unten im Bild ...
22.03.08, 13:43:19
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