Community zur Selbsthilfe und Diskussionsforum für alle weiteren Fragen des Lebens. Fettnapffreie Zone mit demokratisch legitimierten Moderationsregeln.
Von Autisten lernen heisst lieben lernen. Ehrlich, nüchtern, authentisch, verrufen, fair, sachorientiert: autistisch.
- Für neue Besucher und Forennutzer gibt es [hier] eine Anleitung inkl. Forenregeln. -

Tipp: Wenn https bei der Forennutzung Probleme macht: autismus-ra.unen.de; wenn https gewünscht wird: autismus.ra.unen.de
 
Autor Nachricht
Wursthans
(stillgelegt)


[Auf eigenen Wunsch deaktiviert und anonymisiert, mfg [55555]]
21.09.06, 21:48:50
Link
Lisa M.
(Standard)

Ergänzung dazu aus einem Artikel in "Gehirn & Geist" 5/2003, S. 45-46 ("Sprachlos wegen der Gene" v. Olaf Schmidt):

"Einer schwedisch-französischen Kooperation um Christopher Gillberg von der Universität Göteborg und Thomas Bourgeron vom Pariser Institut Pasteur gelang es erstmalig, Fälle von Autismus mit zwei genau bezeichneten Genen auf dem X-Chromosom - dem weiblichen Geschlechtschromosom - in Verbindung zu bringen. Die Forscher untersuchten 158 Familien mit autistischen Mehrlingen und wurden in zwei schwedischen Familien mit jeweils einem betroffenen Zwillingspaar fündig."

Das heißt: Bei den restlichen 156 Familien mit autistischen Mehrlingen war nix Besonderes mit diesen Genen! Es würde mich interessieren, wie da die statistische Signifikanz ist...?

"Ist damit also endlich ein Autismus-Gen identifiziert? Wahrscheinlich - doch darf man die Bedeutung des Fundes nicht überinterpretieren. 'In 158 Familien mit autistischen Kindern haben die Forscher nur jeweils ein Bruderpaar mit diesen speziellen Mutationen gefunden', sagt Sabine Klauck vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. 'Offenbar hat daher keines der beiden Gene einen größeren Anteil an der genetischen Ursache des Autismus.' Wie kompliziert die Verhältnisse liegen, zeigt schon die Tatsache, dass beide Male einer der schwedischen Zwillinge typischer Autist ist, der andere jedoch das leichtere Asperger-Syndrom hat - obwohl bei den Brüdern jeweils das gleiche Gen beschädigt ist."

M.E. hat in den letzten Jahren in diesem Team v.a. die Propandaabteilung zur Beschaffung von Fördermitteln große Fortschritte gemacht. Diese Zwillingsstudien, die das mit dem Neurolingin-Gen belegen sollten, erwähnen sie jetzt lieber nicht mehr.

Vernünftig finde ich aus dem Artikel insbesondere folgenden Absatz:

"Wie viele Gene die Forscher insgesamt suchen, weiß die Zunft selbst noch nicht genau. 'Nach allgemeiner Ansicht ist es mehr als eines, möglicherweise handelt es sich aber um mehr als ein Dutzend', lautet die vage Aussage von Uta Frith vom Londoner Institue of Cognitive Neuroscience. Auch Sabine Klauck bleibt vorsichtig: 'Auf Grund von Familienstudien wird die Beteiligung von drei bis vier Genen diskutiert. Es können aber auch bis zu zwanzig Faktoren mit geringem genetischen Effekt beteiligt sein.'"

Sämtliche Angaben erfolgen nach bestem Wissen und Gewissen, im Bemühen um Logik, Nachprüfbarkeit und Einhaltung der kulturell bedingten Realitätsvereinbarung.
21.09.06, 22:30:21
Link
55555
(Fettnäpfchendetektor)

Zitat:
„Der Weg ab vom Normalen ist nur ein ganz kleiner Schritt, deshalb müssen wir in allen psychischen Störungen auch Normales, auch Positives sehen.“ Die einleitenden Worte von Hannelore Ehrenreich, Professorin am Göttinger Max-Planck-Institut (MPI) für experimentelle Medizin, verdeutlichen: „Autismus ist nichts Abartiges, nur in gewisser Weise andersartig“.

In der „Denk-Bar“ – so heißt eine Veranstaltungsreihe des DFG-Forschungszentrum Molekularphysiologie des Gehirns sprachen Ehrenreich und Prof. Nils Brose vom MPI über das Thema „Wenn Nervenzellen sich missverstehen – Biologische Ursachen von Autismus“ im Apex und diskutiert mit den etwa 100 Gästen.

[...]

Wichtig für die Entstehung des Autismus sei die noch komplexere Ebene der Reiz-Weiterleitung in den Zellen: Zellfortsätze müssten mit ihren Partnerzellen Synapsen ausbilden. Diese fungierten als Schaltzellen der Reizübertragung zwischen zwei Zellfortsätzen.

Bei der Herstellung dieser Synapsen spielten Proteine eine besondere Rolle: Sie bauten kaskadenartig ein molekulares Gerüst auf Rezeptorproteinen am Ende, die wiederum den Reiz transportierende Botenstoffe aus der Senderzelle aufnehmen. So wird ein elektrischer Impuls von Zelle zu Zelle weitergegeben. Bei Autismus entsteht die Protein-Kaskade nicht: Das Protein Neuroligin, zuständig für den Bau des Gerüsts, fehlt oder ist mutiert. Der Reiz kann nicht übertragen werden.

Aus den Tiefen der Theorie der Gehirnforschung holte die Leipzigerin Gee Vero die Anwesenden zurück: Anhand ihrer Kunstwerke und Erzählungen illustrierte sie subjektiv das, was die Wissenschaft objektiv erforscht. Vor einigen Jahren mit der Diagnose „Asperger-Syndrom“ konfrontiert, beschrieb die als Bareface wirkende Künstlerin ihren Werdegang und ihr Leben mit dem „Anders-Sein“.

Autismus, das bedeute für Betroffene „Menschen zu fühlen statt sie anzuschauen, stets mit dem eigenen Selbst konfrontiert zu werden“, das sei das Nichtverstehen der Anderen, eine „nicht von Erfahrung gefärbte Wahrnehmung, Zurückgezogenheit, aber schlicht auch eine Form von Normalität“. So habe sie studiert, sei verheiratet und habe gelernt, auf Gesichtsausdrücke und Reize angemessen zu reagieren.

Autobahn fahren sei aber nur dann möglich, wenn sie sich zwinge, nicht alle Nummernschilder zu lesen und zu merken. Auf die Frage, was sie glücklich mache, hatte die Künstlerin neben einer „neurotypischen“, also „normalen“, auch eine „autistische“ Antwort parat: Glücklich mache sie die Zahl 208, die Uhrzeit 17.56, der Stift der Marke „Edding 3000“ in schwarz, mit dem sie ihre Bilder malt sowie kleine Details und Dinge wie Verkehrsschilder.

Damit normale Menschen sich in sie einfühlen könnten, „braucht man wohl neuronales Kabel“. Für die Attribute „normal“ und „gestört“, so die Quintessenz aus der anschließenden Diskussion zwischen Gästen und Experten, gibt es weder Trennschärfe noch Schablonen, in die man die

Menschen einsortieren kann. Nach gut zwei Stunden waren viele Fragen beseitigt, aber eine wichtige blieb im Raum: Hat nicht jeder noch so normale Mensch auch ab und an autistische Züge?

Quelle

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
21.06.13, 17:44:59
Link
Gehe zu:
Technische Rechte (vorbehaltlich seperater moderativer Einschränkungen):

Es ist dir nicht erlaubt, neue Beiträge zu schreiben.
Es ist dir nicht erlaubt, neue Themen zu erstellen.
Es ist dir nicht erlaubt, deine Beiträge zu bearbeiten.
Es ist dir nicht erlaubt, deine Beiträge zu löschen.


HTML Code ist AUS
Board Code ist AN
Smilies sind AN
Umfragen sind AN

Benutzer in diesem Thema
Es lesen 2 Gäste und folgende Benutzer dieses Thema:
Archiv
Ausführzeit: 0.03 sec. DB-Abfragen: 15
Powered by: phpMyForum 4.1.55 © Christoph Roeder