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Deutsche Kultur relativ autistenfreundlich?

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31.10.12, 10:56:00

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Immer wieder fallen mir solche Beschreibungen auf:
Zitat:
Deutsche sind immer sehr auf die Sache und auf Zahlen fokussiert, nicht aber auf die Personen. Das ist schade. Wenn man mit Menschen im gleichen Kulturkreis arbeitet, ist das vielleicht kein Problem. Wenn man aber mit Kollegen, Zulieferern oder Kunden in den USA oder Asien zu tun hat, schon. Dort laufen die Kontakte viel stärker über das menschliche Miteinander. Deutsche Manager und Facharbeiter haben da eindeutig Nachholbedarf.

[...]

Den Small Talk beherrschen sie nicht. Sie verkennen, wie wichtig er ist. Er schafft eine emotionale Nähe, die Fakten nicht herstellen können.

[...]

In einer schwierigen Verhandlung mit einem Kunden saßen ein Engländer und eine Deutsche am Tisch: Die Stimmung wurde frostig, weil die Deutsche dem Kunden die Fakten, die alle stimmten, um die Ohren haute. Der Engländer brach das Eis, als er an einer Stelle mit dem typisch englischen Humor und mit Blick auf seine deutsche Kollegin einwarf: Ihr seht, wofür so eine deutsche Bulldogge alles gut ist. Alle lachten – auch die Deutsche, weil es nicht böse rüberkam.

Quelle

Worauf das wohl zurückgehen könnte? Und warum ausgerechnet in einem Land, dessen Kultur relativ autistisch zu sein scheint wohl Psychologie samt Autismusbegriff entstanden ist?
31.10.12, 12:52:21

Cathryn

tja, das mit dem Small-Talk stimmt haeufig. Mein deutscher Kollege bekommt die Zaehne fast nur zu arbeitsrelevanten Themen auseinander. Ich dachte immer ich sei schlecht im Small-Talk, aber hier in England hab ich erkannt, dass ich es doch kann. Mittlerweile mag ich die kleinen Plaudereien zwischendurch sehr gern, da merk ich dann auch, dass ich doch noch English sprechen kann. Mein deutscher Kollege spricht leider fast nur Deutsch mit mir. Bizzarerweise habe ich manchmal Probleme ihn zu verstehen, obwohl ich doch sehr gut Deutsch sprechen kann.
31.10.12, 20:44:14

arwen

fakten bieten sicherheit, zumindest wenn man sich auf diesem gebiet auskennt.
das kam mir jetzt als erster gedanke.

stimmt. mit humor (und manchmal reicht wirklich ein einziger satz) geht vieles leichter... so können angespannte situationen entspannt werden.

wo fängt smalltalk eigentlich an?

wenn ich z.b. jemand frage *geht's gut* dann erwarte ich schon eine ehrliche antwort.
das fällt für mich persönlich da nicht mit rein.

liebe grüße von arwen
24.08.13, 16:43:57

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Zitat:
Der deutsche Führungsstil hat ein paar Vor- und eine Menge Nachteile. "Wir sind eben ein bisschen hölzern und direkt, fast schon schroff.

Zitat:
Es gebe aber Situationen, in denen die stereotype deutsche Geradlinigkeit und Detailversessenheit viel zählt, sagt Kasten: "In rauer See nimmt man auch mal einen hölzernen Deutschen als Kapitän. Deutsche sind gute Krisenmanager."

Quelle
25.08.13, 13:52:06

PvdL

Ich kann mir nicht vorstellen, daß Emo-Gehampel für eine Vertragsverhandlung wichtiger sein soll, als relevante Fakten; und, was das mit Deutschland zu tun haben soll. Aber ich bin ja auch kein eNTchen. Ich bin indes überzeugt, daß in Deutschland genauso viel gehampelt wird. Nur vielleicht etwas anders.
25.08.13, 15:46:51

Aku

geändert von: Aku - 25.08.13, 15:47:33

Was das "Gehampel" betrifft, so ist, inwieweit und in welcher Form das erfolgt, wohl eventuell auch einfach kulturell (sowie z.T. auch sprachlich) bedingt. Man denke nur an die beständige Angelegenheit mit dem "Sorry" bei den Engländern oder die extreme Indirektheit und das "nicht unhöflich sein wollen" und "indirekt sein"/"durch die Blume sprechen" in vielen asiatischen Ländern. Oder die z.T. deutlich anderen Sitten und Philosophien, die unter anderem im arabischen Raum anzutreffen sind.
05.03.14, 12:52:39

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Zitat:
Als ihr bei unserem ersten Großeinkauf ein Luftballon in die Hand gedrückt wurde, schaute sie eher verlegen. Mein Sohn brachte immerhin ein sehr leises "Thank you" über die Lippen. "Eure Kinder sind so deutsch", seufzt auch meine Freundin Laura, als die beiden sie am Tag nach unserer Ankunft immer noch recht skeptisch anschauen, während Lauras einjähriger Sohn längst auf meinem Schoß sitzt.

Quelle
06.03.14, 02:04:52

Fundevogel

Was in den USA an phantasievoller Kinderbekleidung angeboten wird, lässt wirkliche Freude und Auseinandersetzung mit dem Baby-Thema erkennen. Dass ich vor 20 Jahren in Deutschland keine OSHKosh B'gosh-Hose kannte (eine Hose, die man nicht anziehen muss und damit das Kind in enge Hosenröhren quetscht, sondern auf deren Hinterseite man sein Kind legt und die Vorderseite der Hose auf das Kind und dann nur Druckknöpfe schließt), traf auf völliges Unverständnis meiner amerikanischen Verwandtschaft für den deutschen Bekleidungstraditionalismus.

Ich erinnere mich noch besonders lebhaft an ihr blankes Entsetzen, als ich davon berichtete, dass in Deutschland Erziehungsgeld eingeführt wurde, was sie für gänzlich dekadent hielten.

Und damit ich nun völlig am Thema vorbei bin: Vor 30 Jahren erfreute ich mich bereits an amerikanischen Schürzen, deren Brustteil dick gefüttert war, damit man einen heißen Topf zum Umrühren am Körper halten oder ein Brot schneiden konnte, ohne dass man in Gefahr lief, sich in die Haut zu stechen.
22.04.14, 23:40:57

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Zitat:
In China ist auch im Stadtbild immer enorm viel los: Werbung blinkt und leuchtet, knallrot ist die bevorzugte Farbe, und alles ist immer voller Menschen.

[...]

Gerade bei Produkten einheimischer Anbieter ist das Anzeigefeld daher mit unzähligen Symbolen vollgestopft, womit es eher der Konsole eines Raumschiffs ähnelt als der eines schnöden Autos. Da Chinesen ohnehin im Alltag an Reizüberflutung gewohnt sind, scheint sie die Vielzahl an Anzeigen auch nicht zu überfordern.

Quelle
17.08.14, 18:01:57

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Zitat:
Ich war kürzlich in England für ein großes Seminar "How to work with Germans" und habe den britischen Teilnehmern erklärt, dass Sachlichkeit in Deutschland sehr wichtig ist. Und da haben sie vieles endlich verstanden. Ich habe ihnen auch gesagt, sie sollten es nicht persönlich nehmen, wenn ein Deutscher alles, was man vorher mündlich besprochen hat, noch einmal - bam bam bam - per E-Mail abhakt. Deutschen ist eben Sicherheit wichtig, die wollen immer etwas Greifbares in der Hand haben.

Quelle
17.08.14, 21:25:02

MadActress

Ja, das ist guter Ton. Ich fasse Besprechungen immer noch mal per Mail zusammen, da weiß man was man hat und viele Gesprächspartner erwarten das.

Generell ist Businesssprech aber für mich leicht zu lernen, weil die Regeln komplett vorhersehbar sind. Grundsätzlich trifft das auf jedes Land zu, nur dass die Regeln halt immer andere sind (schüttle nie einem Inder die Hand, schau keinem Araber in die Augen, Italiener wollen Dir immer die Tür aufhalten usw. usf.). Privatgespräche sind da ein ganz anderes Schwierigkeitslevel.
07.09.14, 13:51:01

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Zitat:
Was können die Deutschen von den Amerikanern lernen?

Lockerer zu sein im Leben und Spaß zu haben. Amerikaner können aus jeder Kleinigkeit eine Party machen.

Und andersherum?

Deutsche sind manchmal vielleicht grob, aber sehr echt. Die Ehrlichkeit vermisse ich an den Amerikanern manchmal. Und sie könnten ein bisschen organisierter, disziplinierter und in ihrem Job
professioneller sein.

[...]

Wann haben Sie Amerika verstanden?

Ich bin einen Monat mit meinem Rucksack rumgezogen, von Sofa zu Sofa, hatte keine Wohnung. Da habe ich gemerkt, dass man in New York allein ist. Auch wenn man viele Menschen kennt. In Deutschland fände man immer jemanden, der einen unterstützt. Hier geht es – sogar Freunden – um Geld und Macht. Ich musste einmal fallen, um zu verstehen, wie ich mich durchkämpfen muss.

Quelle
Zitat:
Um New York könnte ich Angst haben. Aber dann wäre ich wieder so ein ängstlicher Deutscher. Zum Beispiel wenn ich die Infrastruktur der U-Bahn sehe. Oder ich mit dem Auto die 45 Kilometer aus White Plains hierher zur Kirche fahre. Da würde jeder Deutsche denken: "Die Schlaglöcher zerreißen mir gleich das Auto!"

Quelle
Zitat:
Welche Eigenschaft fehlt Ihnen an den Amerikanern?

Als Geschäftsfrau sage ich: Common Sense. Den gibt's hier gar nicht. Alltägliche Dinge, die es anderen Leuten einfacher machen. Mitdenken. Jetzt, da Sophie hier in die Schule geht, habe ich wirklich Angst, dass sie genauso wird. Ich, ich, ich – die anderen sind egal. Hier kümmert sich jeder um sich selbst.

Quelle
 
 
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