22.07.10, 00:10:21
feder
geändert von: feder - 22.07.10, 00:14:07
Weil es anscheinend immer wieder Nutzer gibt, die davon ausgehen, dass die Vergleiche der Diskriminierung von Autisten mit derjenigen von anderen Minderheiten nicht haltbar seien:
Inwiefern sich die Argumentation in Bezug auf die unterschiedlichen Minderheiten (nicht) unterscheidet
Autismusspezifische Interventionen seien perfekt auf das autistische Individuum abgestimmt, da das Verhalten des Individuums zuvor in unterschiedlichen Situationen beobachtet worde sei.
Geschlechtsidentitätsstörung:***
Zitat:
A daily behavior checklist was developed for Kraig to obtain reliable observational measures of his feminine behavior at home
Rekers und Lovaas 1974
***Geschlechtsidentitätsstörungen umfassten nach damaliger Definition so ziemlich alles, was von durchschnittlichem geschlechterrollenkonformem Verhalten abwich. Also faktisch auch Homosexualität, auch nachdem selbige offiziell aus dem DSM gestrichen wurde.
Im Rahmen einer ABA-Intervention soll das autistische Kind lernen, dass es nur, wenn es kooperiert, Spass haben kann.
Geschlechtsidentitätsstörung:
Zitat:
She was told to attend selectively to masculine verbal and play behavior by smiling to Kraig and complimenting him on his play, and to ignore feminine behavior by picking up the book to "read"
Rekers und Lovaas 1974
Zahlreiche autismusspezifische Therapien basieren anscheinend auf der Annahme, dass Autisten Fähgikeiten nicht verallgemeinern können. Dasselbe wurde auch über Homosexuelle behauptet (Rekers und Lovaas 1974). Auf die Idee, dass es eigentlich gar nicht um die allgemeine Fähigkeit zu verallgemeinern geht, sonder nur darum, Dinge zu verallgemeinern, die massiv gegen die eigene Natur – und somit ungesund – sind, scheint in Fachkreisen noch kaum jemand gekommen zu sein.
Derzeit besonders im Kommen: Therapien, in denen die Eltern zu Therapeuten ausgebildet werden und dadurch Gelegenheit erhalten, zu lernen, wie sie mit dem herausfordernden Verhalten des Kindes umzugehen haben.
Ist übrigens nicht neu:
Geschlechtsidentitätsstörung:
Zitat:
The subject was treated sequentially in the clinic and home environments by his mother, trained to be his therapist. The mother was taught to reinforce masculine behaviors and toextinguishfemininebehaviors,byusingsocialreinforcementintheclinicandatoken reinforcement procedure in the home.
Rekers und Lovaas 1974
Zitat:
Initially, a large number of prompting instrucitions were given, in conjunction with a large amount of the experimenter's approval. After four sessions, the prompts were largely faded out.
ibd.
Allgemein beschleicht mich hier der Eindruck, dass gesunder Menschenverstand Mangelware zu sein scheint, v.a. da viele Autistenelter ja auch äussern, dass sie eigentlich recht genau wissen, was problematisch ist.
Autisten sollen angeblich ihren Willen vehement einfordern und auch durchsetzen, wenn die Eltern das nicht unterbinden.
Geschlechtsidentitätsstörung:
Zitat:
He appeared to be very skilled at manipulating her to satisfy his feminine interests […]. He seemed almost compulsive or "rigid" in the extent to which he insisted on being a girl and in his refusal of all contact with masculine-like activities.
Rekers und Lovaas 1974
Autisten würden ihre Stereotypien und sonstige herausfordernden Verhaltensweisen dazu einsetzen, um Aufmerksamkeit zu erzwingen. Sowas darf nicht geduldet werden.
Geschlechtsidentitätsstörung:
Zitat:
When Kraig began tantrum or other uncooperative behaviors (he typically did when his mother ignored him), the experimenter was particularly supportive of the mother.
Rekers Lovaas 1974
Ausserdem müsse das unangemessene autistische Verhalten konsequent unterbunden werden, z.B. durch konsequentes ignorieren oder Nicht-ermöglichen von interessanten Aktivitäten.
Geschlechtsidentitätsstörung:
Zitat:
a timeout procedure (e.g., sitting isolated in a corner, being deprived of TV time), or © physical punishment by spanking from the father.
Rekers und Lovaas 1974
Durch positive Verstärker würde sich das autistische Kind freiwillig dazu entscheiden, zu kooperieren.
Ebenfalls nicht neu:
Geschlechtsidentitätsstörung:
Zitat:
The mother selected, with our consultation, a set of "back-up" reinforces (cf. Sherman and Baer 1969) according to her boy's unique preferences for certain candies and rewarding activities (e.g., TV time).
Rekers und Lovaas 1974
Ferner soll die Autismustherapie nicht zu viel vom Autisten verlangen, sondern sich anfangs auf eine kleine Anzahl Aspekte beschränken und später ausgeweitet werden:
Geschlechtsidentitätsstörung:
Zitat:
The mother introduced red tokens*** for one particular kind of feminine behavior for a period of weeks
Rekers und Lovaas 1974
***"red tokens" sind Negativpunkte, die zu negativen Sanktionen (z.B. TV-Verbot) führen.[/list=a]
Beliebte Scheinargumente für eine Therapie:
Auch wenn es als allgemeine Tatsache gilt, dass Autismus angeboren und unheilbar ist, durch *diese Therapie* [durch beliebigen Therapieansatz ergänzen] konnte das autistische Verhalten deutlich gemindert werden, das Kind erscheint (beinahe) geheilt.
Geschlechtsidentitätsstörung:
Zitat:
When we first saw him, the extent of his feminine identification was so profound […] that it suggested irreversible neurological and biochemical determinants. At the 26-month follow-up he looked and acted like any other boy. People who view the videotaped recordings of him before and after treatment talk of him as "two different boys"
Rekers und Lovaas 1974
Die Gesellschaft sei ja so hart und man könne doch nicht einfach so die Gesellschaft ändern. Deswegen muss der Autist gesellschaftskonformer werden – auch in seinem eigenen Interesse, dann würde er nämlich weniger an der Härte der Gesellschaft leiden.
Geschlechtsidentitätsstörung:
Zitat:
While society probably could afford to become more tolerant with individuals with sex-role deviations, the facts remain that it is not tolerant, and, realistically speaking, it is potentially more difficult to modify society's behaviors than Kraig's in order to relieve Kraig's suffering.
Rekers und Lovaas 1974
Wenn der Autist heute schon so herausfordernd ist, wie soll der jemals alleine in der Gesellschaft zurechtkommen? Der bekommt ja nie irgendeinen Job und überhaupt wäre das eine unerträgliche Vorstellung.
Geschlechtsidentitätsstörung:
Zitat:
Finally, Kraig's parents, who might have found his feminine gestures amusing at the age of 2 yr, were very alarmed when they "got out of hand" at 4.5 yr, and they strongly wanted him to receive professional help
Rekers und Lovaas 1974
Zitat:
Secondly, since Kraig had these problems before the age of 5 yr, our best prediction (based on the literature) would indicate that he will have even more severe adjustment problems in adulthood.
ibd.
Autisten würden unter ihrem Autismus leiden.
Geschlechtsidentitätsstörung:
Zitat:
For example, it is reported that (1) the most frequent accompanying psychpathology is depression (Pauly, 1969) – 67% of the male transsexuals are thought tu suffer intermittent depressive reactions, with suicidal ideation (60%), and actual suicide attempt in 17% (Pauly, 1965) to 20% (Walinder, 1967); (2) self-mutilation in the form of autocastration or autopenectomy was attempted in 18% and accomplished in 9% of one series of adult cases (Pauly, 1965);
Rekers und Lovaas 1974
Mit der Therapie müsse möglichst früh begonnen werden, da ältere Autisten nicht mehr so gut darauf ansprechen würden.
Geschlechtsidentitätsstörung:
Zitat:
A third reason for treating Kraig is that intervention on deviant sex-role development in childhood may be the only effective manner of treating (i.e., preventing) serious forms of sexual deviance in adulthood, since in adulthood such severe deviance appears to be quite resistant to psychological treatment.
Rekers und Lovaas 1974
Eigentlich wundert das alles nicht, wenn man z.B. bedenkt, dass diskutiert wird, dass Eltern die sexuelle Orientierung ihrer Kinder
wählen können sollten (dort wird übrigens betont, dass Homosexualität keine Krankheit darstelle, es vorstellbar sei, dass das für einige Homosexuelle als diskriminierend empfunden werden könnte, die Autoren aber zum Schluss gekommen seien, dass das Ganze ethisch absolut unbedenklich wäre, wenn die Eltern nunmal lieber kein homosexuell-gesundes Kind haben möchten.) Wie das zusammenpasst? - Keine Ahnung. Scheinbar ist heutzutage die Haltung verbreitet, dass man das bekommen müsse, was man haben will (klappt bei Industrieprodukten ja auch meistens).
Etwas weiteres scheint all dem gemeinsam zu sein, nämlich dass die jeweiligen Gruppierungen, um die es geht, nicht in den Diskurs einbezogen werden. Genauso wie früher mit Homosexuellen einfach mal gemacht wurde, ist es heute auch mit Autisten. Autismus wird von den medienwirksam vertretenen Gruppierungen teils als "schlimmer als Krebs" dargestellt:
Zitat:
Autism is worse than cancer in many ways, because the person with autism has a normal lifespan. The problem is with you for a lifetime. The problem is with you seven days a week, 24 hours a day, for the rest of your life.
Quelle
Das grundlegende Problem ist also, dass Autismus nicht tödlich ist. Hier ist es also ein autistisches Geschwür, das entfernt werden soll. So wird aus Sicht der Vertreter dieser Haltung das vermeintliche Problem an der Wurzel gepackt. Auch wird Autisten keine Aufmerksamkeit gewährt, Aussagen von Autisten werden ignoriert und das Bild in den Medien ist weiterhin einseitig. Somit haben Autisten, wie früher auch Homosexuelle, keine Chance zu beweisen, dass Autismus gar nicht so bösartig ist, wie anscheinend teils angenommen.