Community zur Selbsthilfe und Diskussionsforum für alle weiteren Fragen des Lebens. Fettnapffreie Zone mit demokratisch legitimierten Moderationsregeln.
Von Autisten lernen heisst lieben lernen. Ehrlich, nüchtern, authentisch, verrufen, fair, sachorientiert: autistisch.
- Für neue Besucher und Forennutzer gibt es [hier] eine Anleitung inkl. Forenregeln. -

Tipp: Wenn https bei der Forennutzung Probleme macht: autismus-ra.unen.de; wenn https gewünscht wird: autismus.ra.unen.de
 

Fragen von Eltern??

original Thema anzeigen

 
17.06.10, 12:15:07

Löwenmama

Wir beabsichtigen mit unserer SHG ein Projekt zu starten, zu dem wir Eltern einladen, die gerne mehr über die Wahrnehmung, das "Sein", die Verhaltensweisen, Denkweisen usw. ihrer autistischen Kinder erfahren möchten. Unsere Überlegung war, zuerst mal in Erfahrung zu bringen, was Eltern tatsächlich wissen wollen, welche Fragen aufkommen, wie wir als Autisten dazu beitragen können, dass Eltern mehr "Empathie" für ihre autistischen Kinder aufbringen können und wie wir helfen können, Eltern einen Zugang zu ihren Kindern zu ermöglichen. Wir würden gerne (zunächst für unsere Planung, später dann für die Eltern/Angehörigen/
Therapeuten usw) einen Fragebogen erstellen,um zu sehen, welche Fragen besonders wichtig zu seine scheinen. Ich würde hier gerne Eltern und Angehörige bitten in einer Art "brainstorm" alle Fragen zu stellen/sammeln, die ihnen in den Sinn kommen. Blöde Fragen gibt es nicht, denn wenn sie gestellt werden, dann beschäftigen sie ja auch. Ich würde mich freuen, wenn viel zusammen kommt.
17.06.10, 13:14:58

HundundKatz

kam mir gerade in den Sinn

Meine Aspekte als ehemalige Partnerin eines Autisten:

Wie gehe ich damit um, wenn mein Gegenüber "stumm" bleibt ?
(dabei habe ich mich immer sehr hilflos gefühlt und mein Verhalten hartnäckiges Nachhaken war kontraproduktiv; Kinder sind hier vielleicht noch rabiater in ihrem Vorgehen)

Wie kann ich verhindern, dass Autisten aufgrund ihrer Gutgläubigkeit / Ehrlichkeit ausgenutzt / benutzt werden ?
(Wertevermittlung)

Wie kann ich einem Autisten sagen, dass er ausgenutzt wird ?

Wie erkenne ich, dass der Autist einen Overload hat ?

Wie kann ich Fehlinterpretationen vermeiden ?
(über das Befinden, gut gehen, schlecht gehen)

Wie ist "unsere" Welt für einen Autisten erträglicher / besser zu gestalten ?
(Rückzugsmöglichkeiten, Austausch über andere Medien, Möglichkeit der Konzentration auf eine Sache und diese in Ruhe zu Ende zu bringen....)

Wie kann ich die Stärken von Autisten in den Vordergrund holen und diese bei gemeinsamen Arbeiten nutzen ?

Wie kann ich mehr gegenseitiges Verständnis erreichen ?
(evt. Austausch von Befindlichkeiten und vom Gegenüber erzählen lassen, was er denkt, wie du bist oder dich fühlst)

Wie ist ein Aufeinander zugehen möglich ohne zu nahe zu sein ?
(hier ist auch die körperliche Nähe von großer Bedeutung)

Wie erkläre ich einem Nichtautisten, dass eine Interpretation von Gefühlen von Autisten aufgrund der Körpersprache nicht (?) möglich ist ?
(in die Augen schauen, Körperhaltung, lachen, weinen.....)

Wie kann ich gegenseitiges Verständnis aufbauen für vielleicht andere Verhaltensweisen und diese nicht als "blöd" interpretieren
(Zappeln, Klopfen, ....)
17.06.10, 14:36:20

starke Dame

Ich schreibe hier auch alle meine Fragen auf, die ich damals hatte, als ich nicht wusste was Autismus bedeutet und welche Fragen ich mit dem jetzigen Wissensstand habe:

1. Wie muss er gefördert werden?
2. Bin ich daran Schuld?
3. Wie soll ich ihn Erziehen?
4. Wann muss ich ihn beschützen, wann soll ich mich besser raushalten?
6. Wie kann ich eine Chancengleichheit erwirken?
7. Wie gehe ich mit den Gerüchten, Ratschlägen, Beschimpfungen, die auf meinen Sohn bezogen sind um?
8. Wie ermögliche ich ihm, seine Ziele zu verwirklichen, d.h., kleine Ziele, die anderen unsinnig erscheinen oder auch später die großen Ziele, die er haben wird?
9. Wie kann ich es vermeiden, dass seine kleine Schwester ihn später überholt und mobbt?
10. Wie begegne ich Mobbing im Kindergarten und Schule?
17.06.10, 22:25:02

sonnenblume

Es sind ja schon einige Fragen gestellt worden. Nun fallen mir spontan nur 2 ein:

1. Wie kann ich ihm begreiflich machen, dass er "Ich" (mein, mir) ist und nicht "DU" (dein, dir)?

2. Wie kann ich erkennen, welches Verhalten autistisch bedingt ist und welches Verzögerungstaktik eines Kleinkindes z.B. vor dem Zu Bett gehen?
24.06.10, 01:58:08

Isabella

Liebe connySL,
Deine/ Eure Idee finde ich an sich gut. Nur möchte ich folgendes dazu beitragen:
Es gab hier im Forum mal eine autistische Frau, die mich zwar nur kurz, aber auf ganz sanftem Weg in die richtige Richtung gelenkt hat; aber auch azrael und 55555 haben dazu beigetragen. Mit ihrer/ deren Hilfe konnte ich eine Kommunikationsebene mit meinem Sohn aufbauen, die bis heute keine, oder kaum noch Fragen offen lässt. Was ist explizit damit gemeint?:
Angefangen hat es mit einer Analyse der jeweiligen Situation. Beobachten. Anschliessend habe ich versucht, die Gedanken meines Sohnes in Worte zu verwandeln:"Ich weiß, daß das nicht mit Absicht war, du wolltest einen Kontakt herstellen, ..."; "Ich weiß, daß du x gern möchtest, aber dein Mund kann nicht ..., das ist nicht schlimm; wir versuchen das mal so: ... ." ." Kann es sein, daß so viel geschehen ist und du nun so müde bist, daß du dich am liebsten im Kreis drehst und garnicht weißt, wo du anfangen sollst?" "Komm, wir machen jetzt mal y; wenn du nicht möchtest, dann dreh dich nur weiter im Kreis."
Am Anfang waren es dankbare Blicke, so sehr, daß sie mir durch den ganzen Körper gingen. Später entwickelte sich daraus ein gegenseitiges, absolutes Vertrauen. Mein Sohn gibt sich viel Mühe, Anweisungen zu befolgen. Wenn es mal nicht gelingt, versuche ich die wahrscheinlichen Gründe zu erörtern - es ist ein stetiger Lernprozeß - und plötzlich kam (nach langer Zeit) die Sprache wieder; anfangs durch Wiederholen von gehörten Sätzen; später sogar: "Das stimmt nicht, ich habe ... ." Wie oft habe ich gesagt:"Du kannst sprechen!" Und heute sind wir soweit, dass er zunehmend auf konkrete Fragen antwortet und sogar Wünsche äussert, in wohl formulierten Sätzen. Sein Vater geht anders mit ihm um, als ich. Väter spüren oftmals nicht wirklich die Belange des Kindes, kommen aber so rigoros und dominant ins Geschehen mit Blödel, Albernheiten, Geschichten, Fußball, etc., so daß das Kind einfach mitgerissen wird und aufblüht - das ist eine ganz andere Ebene.
Ich wünsche mir für alle anderen Eltern kleiner Autis, daß sie ebenfalls so eine positive Kommunikationsebene finden, wie es uns vergönnt ist; daß sie nicht den Fokus darauf legen, was einmal sein wird und wie man diverse Ziele erreichen kann, sondern stetig mit dem Kind gehen und es in jeder Situation des Augenblicks unterstützen; vor allem dahingehend, daß das Kind gut und richtig so ist in der Welt. Das ist die Basis, nichts anderes. Kennt Ihr das Lied von Ute Freudenberg und Gruppe Elephant: "Sind so klein die Hände ..." Ja? - dann wisst Ihr, was ich meine.
24.06.10, 08:04:07

Leah

Zitat von Isabella:
"Sind so klein die Hände ..."


OT: ich kenne das Lied von Bettina Wegner - meinst du das?

24.06.10, 08:27:11

Löwenmama

@Isabelle: Das ist auch so in etwa das,was wir gerne erreichen wollen. Autistische Kinder kommunizieren so viel,nur sehen oder erkennen viele Eltern das leider nicht. Die Fragen, die viele Eltern stellen,bringen ja auch oftmals ihre Ängste hervor.Schön wäre es,den Eltern ihre Ängste zu nehmen,ihr Kind verstehen zu lernen und ihnen Sicherheit und Verständnis für ihr Kind zu vermitteln.Ich finde es immer wieder schön zu lesen, wenn Eltern einen guten Weg gefunden haben,sich über und mit ihrem autisitischen Kind freuen und merken, dass ihr Kind viel mehr kann,versteht und lernt als sie ihm zugetraut hätten, weil vieles eben anders "funktionier"...
Danke schonmal für alle Antworten hier,ich bin am sammeln und schauen, wo die Ängst,Missverständnisse, Unsicherheiten usw. liegen und wo man am besten anfangen/ansetzen kann.
24.06.10, 11:36:57

zoccoly

Ich hoffe es ist ok, wenn auch ich hier antworte, aber ihr solltet auch auf folgende Fragen vorbereitet sein, die jetzt nicht in den Fragebogen gehören, aber eventuell gestellt werden

(ich deute mal nur die Richtung an)

1. Wo gibt es gute Therapien?
2. Welche Fördermöglichkeiten/Gelder stehen mir und meinem Kind zu
24.06.10, 12:16:46

Löwenmama

Ich denke,dass ALLE Fragen berücksichtigt werden sollen.
Fördermöglichkeiten für Kinder sollten auch nicht völlig ausgeschlossen werden.Eine Ärztin sagte mir mal, dass Therapien oft nur für Eltern gedacht seien, die einfach absolut nicht wissen,was sie mit ihren Kindern anfangen sollen.Viele Eltern wissen einfach nicht,"wie es richtig geht".In solchen Fällen sind empathische und intuitive Therapeuten (von denen es leider viel zu wenig gibt) manchmal als "Vermittler" zwischen Eltern und Kind zu sehen.Die die Eltern mit einbeziehen,Eltern zeigen, dass ein Tag im Schwimmbad mit Wasser,Sand,Bewegung oder einfach ein Waldspaziergang schon oft mehr "Therapie" ist als Eltern sich vorstellen können. Oder eben auch Spiele, in die Eltern MIT ihren Kindern lernen,wie "es richtig geht". Oft kommen mir dann Konstellationen in den Sinn von Kindern in Grossfamilien, die in einer o.g. Therapie einfach mal jemanden finden, der Zeit nur für sie allein hat.
Wenn man als Autist/in berät, besteht leider oftmals Zweifel, ob das auch richtig ist was "die da sagen".Ein Therapeutentitel scheint für Eltern "beeindruckender" zu sein (->darum mache ich auch ein Studium zur Psychothreapeutin HP).
Und gute Therapien,wenn es um körperliche Probleme geht (wie Muskelhypotonie,Ess-Brech-Störungen,Fehlhaltungen) sind auch nicht leicht zu finden.Auch da könnte man sich überlegen, einen "Ratgeber für autisten-freundliche Therapeuten" zusammenzustellen.
24.06.10, 12:51:25

Mama

Da ich selber sehr schlechte Erfahrungen gemacht habe, sollte bei diesem Projekt den Eltern auch Mut zu geschrochen werden, sich gegen Ärzte und Therapeuten zu stellen, wenn sie das Gefühl haben, hier wird über ihren Köpfen entschieden.
24.06.10, 13:00:53

Löwenmama

Auf jeden Fall wichtig und richtig!!
24.06.10, 15:12:30

Fundevogel

Ich habe viele Erfahrungen sammeln können bei einem Autisten, der in den Farben seiner Kleidung seinen Gemütszustand beschrieb und in Bildern und Musiktiteln kommunizierte, obwohl er sprechen konnte.

Es hatte bei ihm den Eindruck, als würde die mündliche Sprache für "die Welt da draußen" verwendet und die Bildhaftigkeit und Musikalität als Sprache mit den "ans Herz gewachsenen".

Vielleicht kann man Eltern anhalten und schulen, Sprache in Bilder umzusetzen und zu lesen?



 
 
Powered by: phpMyForum 4.1.55 © Christoph Roeder