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Gendefekt

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28.08.06, 11:28:13

Wursthans

In den letzten Jahren scheint es sich eingebürgert zu haben in vielen Medien von "defekten Genen" oder "Gendefekten", "kaputtem Erbgut" und Vergleichbarem zu reden. Das finde ich beängstigend, weil es ein falsche Bild von den Tatsachen vermittelt. Natur ist wertneutral. Erleben wir eine neue Verdinglichung von Leben?
28.08.06, 13:42:14

Goldloeckchen

Ja, ich finde es auch nicht richtig wenn man alles was nicht ins normal neurologische Bild passt als Gendefekt abgewertet wird.
28.08.06, 13:49:53

Wursthans

Es geht nicht nur um neurologische Auswirkungen, z.B. um Krebs.
28.08.06, 14:58:22

Goldloeckchen

Vllt schreibst du einwenig mehr dazu damit alle wissen worum es dir konkret.
29.08.06, 18:14:45

DrChaoZ

<sarkasmus>
es sind immer die gene schuld :)
die gene sind das neue übermässige mysterium der menschen um all das zu erklären was sie nicht erklären können, weil sie weder mediziner noch biologen noch soziologen noch irgendwelche anderen -logen oder physiker, mathematiker, informatiker oder andere -tiker sind. vor einigen hundert jahren befand sich an der stelle wo heute die gene sind, die bösen dämonen die auf die erde gekommen sind um der einen oder anderen nicht angepassten person unterstellt zu werden. die leute verstehen gar nicht was gene überhaupt sind. einige glauben tatsächlich daran dass die gesamte menschliche persönlichkeit darin vorprogrammiert ist.

=)
</sarkasmus>
29.08.06, 18:15:40

bellaria

Ich bin Dein Gen, Dein Schicksal - Du sollst keine anderen Gene haben neben mir :D
29.08.06, 19:27:28

Wursthans

Ich wollte darauf hinweisen, daß es irreführend ist von einem defekten Gen zu schreiben, weil dieses Gen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit einer "Krankheit" in Verbindung gebracht wird. Denn zugleich kann dieses Gen die Resistenz gegen die neue Superseuche sein, die in drei Jahren mehr als die Hälfte der Menschheit dahinrafft. Diese Begriffswahl und ihre unkritische Etablierung weist darauf hin, welche bedenkliche Anwendungen der Gentechnik für die Zukunft in noch viel größerem Maß als heute zu erwarten sind.
29.08.06, 19:57:51

bellaria

Was mich an dieser ganzen "Populär-Genetik" so aufregt, ist ihr unmenschlicher, völlig deterministischer Zugang. In den USA lassen sich Frauen bereits prophylaktisch beide Brüste amputieren, weil sie einen solchen "Gendefekt" in der Familie haben. Oder die gesamten Unterleibsorgane entfernen - bei einer statistischen Wahrscheinlichkeit von 0,2%, an Eierstockkrebs zu erkranken. Und von den 0,2% sind maximal 20% genetisch bedingt, und davon haben sie gerade 1 Abweichung entdeckt. Und deshalb lassen sich gesunde Frauen prophylaktisch kastrieren und verstümmeln?!

Ich bin ein Adoptivkind. Ich habe mein halbes Leben erlebt, wie das ist, wenn Eltern an Genetik glauben - meine Adoptiveltern haben (in bester Absicht) versucht, meine "schlechten Gene" aus mir herauszuprügeln. Alles, was an mir "akzeptabel" ist, habe ich ihren Prügeln und ihrem Vorbild zu verdanken, alles was an mir "suspekt" ist, kommt von meinen schlechten Genen, gegen die sie leider machtlos waren.

Was ist mit Dingen wie freier Wille, Entscheidung, Disziplin, Wahl-Möglichkeiten?! Wir sind als Menschen doch mehr als unsere Gene!
30.08.06, 16:55:55

Snape

@ Bellaria: das was Du über das Verhältnis zwischen Dir und Deinen Adoptiveltern schreibst, hat mich traurig gemacht.
Ich denke nicht, das Du das was Du bist, Ihren Schlägen zu verdanken hast, auch wenn ich Dich nicht weiter kenne.
Schläge hat niemand verdient ! Schon gar kein Kind !

Wer definiert eigentlich, was an einem Gen gut oder schlecht oder ob das Gen defekt, seine Auswirkungen gut oder schlecht sind ?

O.k. ein Gen was Krebs auslöst ist nicht unbedingt das was ich mir wünsche, aber andererseits, vielleicht hat sich die Natur dabei was gedacht, als sie dieses Gen genau so und mit den - von uns negativ empfundenen - Resultaten schuff ?

Das was Bellaria über die Frauen in den USA schreibt, ist für mich absolut nicht nachvollziehbar ! Wie kann man nur, wegen 0,... % sein Leben (durch die OP) aufs Spiel setzten ? Wenn es 80 & oder mehr wären, würde das vielleicht eher Sinn machen oder es würde sich tendenziell lohnen Gedanken darüber zu machen das in Betracht zu ziehen.

Ich denke die Genpolitik, wie sie derzeit betrieben wird, spielt in hohem Maße mit den Ängsten von Menschen, aus überwiegender Provitgier der Unternehmen. Wenn dabei dann noch etwas "Sinvolles" (damit meine ich Heilung, Hilfe, Erkenntnisse, etc) für die Menschheit rauskommt ist das ein willkommenes Zugeständnis an die Menschheit. Wobei sicherlich zuerst geprüft wurde, ob es sich nicht in irgendeiner Form vermarkten lässt.

Habt Ihr Surface gesehen ? Ich denke das ist - zwar SF (oder auch nicht ?) - ein gutes Beispiel, wie manipulativ Genetik betrieben werden kann.

Zum Schluß, nochmal die Frage: Wer oder wie wird definiert, ob ein Gen defekt ist oder nicht ?
30.08.06, 19:44:50

Warhead

Hmm...leben deine Adoptiveltern noch??Ich liebe es unter bestimmten Umständen gewissen leuten ihr erbärmliches Dasein richtig zur Hölle zu machen.Türen zumauern,Autos sabotieren,garstiges Ungeziefer in Wohnungen applizieren.
Weisst du,das liegt an meinen Genen
30.08.06, 22:15:34

Cadfael

Hallöli,

es gibt ein anderes Wort für "Gendefekt". Es heißt Evolution!

In anderen Foren habe ich schon das "Leopardenbeipiel" gebracht.
Ein afrikanischer Leopard wird Stein und Bein schwören, dass ein Schneeleopard einen Gendefekt hat. In Wirklichkeit hat der "Gendefekt" das Überleben des Schneeleoparden erst möglich gemacht.

Wer ist zuerst da? Das Huhn oder das Ei?
Ist doch klar! Die Mutter des Huhns ist KEIN Huhn. Erst durch einen "Gendefekt" schlüpft aus dem Ei ein Huhn.

"Gendefekt" ist ein Wort aus vordarvinistischer Zeit. Wir ind ein Versuch der Natur, den Menschen in eine neue Richtung zu führen. Wer "siegen" wird, kann einzig die Zeit zeigen. Es gibt nichts, das die Überlegenheit präjudiziert. Sonst gäbe es noch Dinosaurier.
Die ersten Säugetiere waren auch ein "Gendefekt".

Gruß
Andreas
31.08.06, 03:39:50

drvaust

Bei der Diskussion um Gendefekte gibt es auch noch einen anderen Aspekt.
:shock: Seit es erste Möglichkeiten gibt, die 'Richtigkeit' der Gene zu überprüfen, wird versucht, fehlerhafte Gene bei zukünftigen Menschen zu vermeiden. Bei der Präimplantationsdiagnostik werden die Gene von Embryos geprüft. Nur wenn die Gene richtig sind, darf das ein Mensch werden. Ansonsten: Geprüft und für schlecht befunden, Abfall. Das geht in Richtung Euthanasie, lebensunwertes Leben. Dafür spricht aber die Möglichkeit, schwer geschädigte und nicht lebensfähige Menschen schon vor der Geburt zu vermeiden. Denen kann ein Leben als Behinderte 'erspart' werden und eine Geburt ist auch nicht so einfach, Totgeburt eine Verschwendung. Das ist nicht so meine Meinung. Vor ca. einem Jahrhundert war Euthanasie weltweit ein bedeutendes Thema, bis das vor knapp 70 Jahren bekanntlich in Verruf geriet.
:confused: Wo ist die Grenze zwischen Vermeidung von Krankheiten und Euthanasie? Ist eine Menschheit aus qualitätsgeprüften und optimierten Menschen gut? Ich weiß nicht.
 
 
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