27.01.09, 20:21:19
Löwenmama
Am Freitag ist Staatssekretär Wacker bei uns vor Ort,um sich aufgebrachten Eltern zu stellen.Grund:Herr Wacker plädierte dafür,dass ALLE "behinderten " Kinder auf Sonderschulen abgeschoben werden. Der Integrationsverein,in dem ich auch Mitglied bin, ist bei dieser Diskussionrunde auch geladen,um sich für die Rechter der Kinder einzusetzen,so dass alle Regelschulen besuchen dürfen.
Ich wurde gebeten,an dieser Runde teil zu nehmen und das Recht auf Bildung für autistische Kinder vorzutragen und Material zu sammeln,das dann gesammelt eingereicht wird. Für gute Argumente,Infos und Erfahrungen von euch bin ich offen,so dass möglichst viele Infos zusammen kommen.
28.01.09, 03:17:52
drvaust
Ich würde argumentieren, daß es keine Sonderschulen für Autisten gibt.
Was soll eine übliche Sonderschule nützen, die nicht für Autisten geeignet ist? Eine normale Schule ist nicht schlechter als eine Sonderschule, wird aber später besser anerkannt. Eine Sonderschule für körperlich Behinderte unterscheidet sich für Autisten kaum von einer normalen Schule. Eine Sonderschule für Lernbehinderte (oder wie das heißt) würde einen Autisten unterfordern. Eine Sonderschule für geistig Behinderte könnte einen Autisten zusätzlich belasten, weil dort andere Probleme bestehen. Das Argument, dort ist mehr Personal pro Schüler, trifft nicht, wenn das Personal nicht speziell ausgebildet ist.
Es geht heutzutage oft um ein Vorsortieren. Die Normalen werden in normalen Schulen für die normale Gesellschaft ausgebildet. Die Anderen werden weggesperrt, Sonderschulen, Heime, Behindertenwerkstätten, die stören in der normalen Gesellschaft.
Interessant ist der Anteil von Behinderten in der Öffentlichkeit und der Anteil an der Gesellschaft, da sind Viele versteckt.
Ein Abschieben in Sonderschulen macht die normale Gesellschaft einfacher, ist aber eine Ausgrenzung und entzieht der Gesellschaft Leistung.
Es sollte eher darüber nachgedacht werden, wie Behinderte gefördert und integriert werden können.
28.01.09, 23:14:04
Hans
Dem kann ich nichts mehr hinzufügen als meine Geschichte.
Ich habe die Mittlere Reife mit drei Einsern abgeschlossen,
bin bei der Gesellenprüfung Zweitbester von Oberbayern geworden.
Mich wollten die Lehrer der ersten Klasse zurückstellen,
und die Lehrer des Gymnasiums wollten mich auf die Sonderschule abschieben.
29.01.09, 13:55:11
55555
drvaust scheint es mir schon gut auf den Punkt gebracht zu haben. Autisten finden in Sonderschulen in der Regel keine barrierefreien Bedingungen vor. Außerdem ist mir nicht einsichtig, weswegen der Staat diktieren will auf welche Schule Eltern ihre Kinder schicken dürfen, weil diese bestimmte Eigenarten aufweisen. Wer plädiert denn sonst ständig für "weniger Staat"? Mir ist auch nicht verständlich, weswegen die Umsetzung von geltendem internationalem Recht in Diskussionen erwogen werden soll.
Die Aussortierung von Minderheiten aus dem allgemeinen gesellschaftlichen Leben ist diskriminierend. Das ist die Rassentrennung von heute gewissermaßen. Zur Amtsübernahme durch Obama wurde von den Medien ja ausführlich darüber berichtet, daß noch vor wenigen Jahrzehnten Schwarze (erstaunlich, daß dieses Wort nun wieder weniger anrüchig zu sein scheint, sonst war die letzten Jahre nach meiner Erinnerung oft eher von Farbigen die Rede) im den USA im Bus aufstehen mußten für Weiße und nicht studieren durften - entgegen der eigentlich verfassungsgemäß garantierten Rechte dort.
Das ist das Gegenteil von Völkerverständigung, wie z.B. Schüleraustauschen zwischen Deutschland und Frankreich, die ja mal Erzfeinde waren. In dem Bereich wird Kennenlernen staatlich seit längerem gefördert, während im Bereich der Behinderten in BW offenbar noch immer das Gegenteil angestrebt wird.
Ich frage mich inwieweit das mit der von manchen Medien ausgemachten Tendenz des Herrn Oettinger zu tun hat den Nazistaat und dessen Akteure zu verteidigen, wie z.B. Filbinger.
29.01.09, 22:43:11
55555
Hier gab es heute noch einen Artikel aus einer BW-Lokalzeitung:
Zitat:
Carlito braucht keine Nachhilfe, er tut sich mit dem Unterrichtsstoff nicht schwer und will irgendwann nach dem Hauptschulabschluss das Abitur machen. Doch er braucht jemanden wie Anja Selter an seiner Seite, die ihn emotional stützt, wenn er sich zurückziehen möchte – zum Beispiel, weil er sich überfordert fühlt: vom Tempo der Lehrer, von der unruhigen Stimmung in der Klasse. Fünf Kinder und Jugendliche mit Autismus hat Anja Selter auf diesem Weg in den vergangenen Jahren schon durch ihren Schulalltag geführt, neun ihrer Kollegen sind wie sie im Verein "Kängu" aktiv, um ein Forum zum Austausch zu haben. Alle arbeiten freiberuflich und werden vom Jugendamt bezahlt. Voraussetzung ist die Diagnose Autismus – und damit eine Störung der Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitung. Wenn Kinder mit anderen Diagnosen – zum Beispiel dem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom – Schulbegleitung brauchen, müssen das die Eltern selbst finanzieren.
Quelle
30.01.09, 07:42:19
Hans
Das ist ja mal ein richtig positiver Artikel und eine tolle Sache für den Jungen.
Das kann/muß "Schule" machen!
31.01.09, 11:02:50
55555
Ich befürchte, daß dieser Artikel vor allem positiv klingt, da der Reporter mit der Assistenzperson gesprochen hat. Die Sache ist nicht unbedingt nur schlecht, ja. Aber ich sehe auch systematische Probleme bei dieser Lösung "Schulbegleiter".
04.05.09, 21:02:57
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Neues aus Baden-Württemberg:
Zitat:
Es klingt wie eine radikale Wende im Umgang mit behinderten Kindern: Die Sonderschulpflicht soll in der allgemeinen Schulpflicht aufgehen, für alle behinderten Kinder die allgemeine Schulpflicht gelten und das "Entscheidungsrecht über den Lernort" fortan bei den Eltern liegen.
Das sehen die Pläne von Baden-Württembergs Kultusminister Helmut Rau (CDU) vor. Ziel sei es, die Zahl der behinderten Kinder an allgemeinbildenden Schulen zu steigern, sagte Rau.
Damit wagt sich der Landespolitiker aus der Deckung, die er und seine Kollegen in der Kultusministerkonferenz im März verabredet hatten. Damals schoben sie das unbequeme Thema Sonderschulen erstmal in eine Arbeitsgruppe ab. Sie konnten sich nicht einigen, wie sie auf eine Uno-Konvention reagieren sollten, die vorsieht, dass behinderte und nicht-behinderte Kinder gemeinsam lernen sollen. Eine Konvention, gegen die Deutschland verstoße, wie das Deutsche Instut für Menschenrechte anprangert.
[...]
Schon jetzt aber heißt es aus Raus Ministerium: Nein, eine uneingeschränkte Entscheidungsfreiheit der Eltern soll es nicht geben. Nein, das Sonderschulwesen soll nicht abgeschafft werden, auf keinen Fall. Auch weiterhin sollen behinderte Kinder getrennt von nicht-behinderten Kindern unterrichtet werden, jedenfalls könne das nicht generell ausgeschlossen werden.
[...]
In Deutschland wird fast eine halbe Million Kinder und Jugendliche sonderpädagogisch gefördert. Nur knapp jeder Siebte bekommt die Chance, gemeinsam mit Nicht-Behinderten in einer regulären Schule zu lernen - nach Angaben des Deutschen Behindertenrates (DBR) eine der niedrigsten Quoten in Europa.
Dass es auch anders geht, zeigt sich in Skandinavien. Dort lernen 90 Prozent der behinderten Kinder an Regelschulen - egal, ob sie lern-, körper- oder geistig behindert sind.
In welchem Maße behinderte Schüler integriert werden, ist je nach Bundesland sehr unterschiedlich. In Berlin und Schleswig-Holstein beispielsweise nimmt jeder dritte behinderte Schüler an normalem Unterricht teil. In Bremen haben betroffene Eltern als einzige sogar einen Rechtsanspruch, die Schule für ihr Kind zu wählen. Rund 45 Prozent der behinderten Schüler gehen dort in Regelschulen. Schlusslichter bei der Integration sind Niedersachsen mit und Sachsen- Anhalt mit jeweils etwa fünf Prozent. In Baden-Württemberg sind es laut Kultusministerium immerhin 25 Prozent.
Quelle
10.05.15, 11:34:36
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Zitat:
Zum kommenden Schuljahr soll in Baden-Württemberg die Sonderschulpflicht abgeschafft werden. Dann können die Eltern entscheiden, ob ihr Kind eine Regel- oder eine Sonderschule besuchen soll.
Quelle