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Autismus-Lexikon für Nichtautisten

original Thema anzeigen

 
09.02.08, 13:25:28

55555

geändert von: 55555 - 14.09.11, 10:41:45

Da sich in letzter Zeit abzeichnet, daß immer wieder Nichtautisten (NA) im Forum dieselben Fragen stellen und dieselben Irrtümer vertreten, möchte ich hier ein Lexikon erstellen, auf dessen Einträge dann in den jeweiligen Thread bequem, je nach dem Profil des dort vertretenen Unwissens, verlinkt werden kann.

Inhaltsverzeichnis mit vorbereitetem Direktlink zum kopieren:

(Der jeweils angegebene Direktlink zum jeweiligen Eintrag kann technisch gesehen unverändert als Link via Boardcode in eigenen Beiträgen angegeben werden, der komplette Boardcode sieht dann beispielsweise wie folgt aus: [URL="topic.php?id=1523&goto=19942"]So[/URL])

- Insidersprache; Direktlink: topic.php?id=1523&goto=19939
- Autismus ist krank?; Direktlink: topic.php?id=1523&goto=19942
- Enthinderung; Direktlink: topic.php?id=1523&goto=19972
- Overload; Direktlink: topic.php?id=1523&goto=19973
- Rituale; Direktlink: topic.php?id=1523&goto=19975
- Theory of Mind; Direktlink: topic.php?id=1523&goto=19976
- Krank / behindert vs. "Vergünstigungen"; Direktlink: topic.php?id=1523&goto=19985
- Stichwortverzeichnis nach eraser; Direktlink: topic.php?id=1523&goto=19996
- Grundzüge der Kollision autistischer Eigenschaften mit nichtautistisch geprägter Umgebung; Direktlink: topic.php?id=2505
- Therapien aufgrund autistischer Eigenschaften sind wissenschaftlich bewiesen?; Direktlink: topic.php?id=1523&goto=37879

[Extern:] 7 allgemeine Distanzierungen: http://autisten.enthinderung.de/distanzierungen
09.02.08, 13:33:47

55555

geändert von: 55555 - 19.02.16, 18:01:31

Insidersprache der Autistenszene:

- ABA = Applied Behavior Analysis. Eine heute oft angewendete Methode zur "Frühförderung" von Autisten, die einen relativ guten Ruf hat, jedoch große Risiken birgt, schwere Schäden an den Kindern zu verursachen (ähnlich der Umerziehung von Linkshändern zu Rechtshändern) und deren Wirksamkeit bisher entgegen anderslautender Behauptungen nicht wissenschaftlich nachgewiesen werden konnte. Es gibt gewisse logische Parallelen von ABA zu z.B. historischen "therapeutischen" Versuchen, Gehörlosen das Gebärden zu verbieten, damit diese die Lautsprache besser lernen würden. Die Folgen für Autisten sind jedoch vermutlich gravierender. Genauere Informationen 1, 2 und 3

- ambulant betreutes Wohnen/ambulante Betreuung =
überholtes Modell zur angeblichen Verselbstständigung der Autisten teils sehr entmündigendes Verhalten seitens des beteiligten Personals. Siehe auch: http://autisten.enthinderung.de/assistenz

- AQ-Test = Screeningtest, der nicht mehr als eine statistische Wahrscheinlichkeit dafür angeben soll autistisch zu sein. Das bedeutet, daß manche Autisten bei diesen Tests auch niedrige Punktzahlen erreichen. Wer einen hohen AQ erzielte ist ebenso nicht unbedingt autistisch, auch manche andere Persönlichkeitstypen erzielen aufgrund der Ausrichtung der Fragen öfters höhere Punktzahlen darin. Die verschiedenen Versionen sind oft sprachlich ungenau formuliert, weswegen Autisten oft sehr lange brauchen sich zu überlegen, was mit einer Frage gemeint sein könnte oder deswegen manche Fragen logisch unbeantwortbar finden.

- Asperger-Autismus = Im Sinne heutiger diagnostischer Untergruppen eine angenommene Untergruppe des Autismus, die erst nach dem dritten Lebensjahr im Sinne der jeweiligen Diagnosekriterien auffällt. Heute gibt es fundierte Zweifel an der realen Existenz eines grundlegenden Unterschieds, der solche systematische Untergliederung rechtfertigen würde. Ein aktueller Theorieansatz ist der des Autismusspektrums (siehe dort). Benannt nach Hans Asperger. Früher auch entsprechend damaliger falscher theoretischer Annahmen als autistische Psychopathie bezeichnet (siehe dort).

- Aspie = Asperger-Autist (diese Diagnoseschublade ist vermutlich in der Abschaffung begriffen)

- ATZ = Autismuszentrum (sind zwar spezialisiert, vertreten aber aufgrund der Nähe zu Elterngruppen meist auch zweifelhafte bis schädliche Auffassungen)

- Autie = Autist

- Autistic Pride = englisch "autistisches Selbstbewußtsein". Eine kulturelle Emanzipationsbewegung im Wesentlichen getragen von Autisten, die Autismus als Teil einer neurodiversen Normalität betrachtet und für Enthinderung und eine nichtpathologisierende Wahrnehmung von Autisten eintritt. Genauere Informationen.

- Autistic Pride Day = Feiertag im Sinne der Autistic Pride Bewegung, der von manchen Anhängern dieser Bewegung am 18.6. begangen wird. Andere Anhänger lehnen Feiertage als nichtautistisches Kulturgut prinzipiell ab.

- autistische Psychopathie = veraltete und sachlich falsche Bezeichnung für "Asperger-Autismus" (siehe auch dort). Dieser Begriff führte sich auf die Annahme z.B. nach Bettelheim zurück, Autismus entstünde durch die ungünstige Einwirkung der Eltern auf die jeweiligen Kinder (siehe auch Kühlschrankmutter), sei also eine Traumatisierung, die mit entsprechenden psychologischen Anti-Trauma-Methoden behandelt werden könne. Diese Theorie ist heute eindeutig überholt.

- Autistisches Spektrum = theoretischer Erklärungsansatz für Autismus, der im wesentlichen davon ausgeht, daß es statistisch gesehen in der Bevölkerung einen fließenden Übergang von Nichtautismus zu Autismus gibt. Folglich gäbe es keine natürlich eindeutige Grenze von Nichtautismus zu Autismus, sondern eine menschlich definierte. Demnach wäre Autismus eine Eigenschaft, die jeder Mensch in mehr oder weniger großer Ausprägung aufweist.

- autistische Züge = In der Praxis sehr uneinheitlich verwendeter Begriff. "Nicht genug für eine Diagnose aber zu viel um normal zu sein" - so oder so ähnlich sagt man es Eltern von autistischen Kindern manchmal, wenn diese eine Begutachtung durchlaufen haben. Manchmal sehen Ärzte "autistische Züge" auch als Teil des Autismusspektrums. Mitunter wird der Begriff verwendet, wenn Ärzte kein gründliches Wissen über Autismus aufweisen und ein Autist nicht ganz mit ihren klischeehaften Erwartungen übereinstimmt. Weiteres Problem ist die bis heute sehr mangelhafte Berücksichtigung der Lebensumstände eines Autisten. Nur weil ein Autist wegen relativ geeigneter Lebensumstände nicht nervlich am Ende ist oder gelernt hat für kurze Zeit unter hohem Energieansatz ein relativ nichtautistisches Wesen zu erschauspielern, ist er nicht weniger autistisch.

- Autoaggression = Siehe Selbstverletzungen

- Barriere = Barrieren sind nicht nur fehlende Rollstuhlrampen, sondern alle Umstände, die statistisch nicht typische Bevölkerungsgruppen davon abhalten an gesellschaftlichen Vorgängen teilzuhaben. Das können auch verbreitete Einstellungen anderer Bevölkerungsgruppen sein. Für Autisten ist die wohl folgenschwerste Barriere verweigerte fernschriftliche Kommunikation. Barrieren können aber auch entstehen durch zu enge körperliche Annäherungen, die zu Blockaden führen oder eine Überlastung von Geräuschen und Gerüchen kann sich summieren und zu einer großen Barriere werden die es unmöglich macht sich mitzuteilen.

- Barrierefreiheit = sinngemäß meist eine Situation, die bestimmte Barrieren für bestimmte Bevölkerungsgruppen nicht aufweist, die gesellschaftliche Teilhabe verhindern. Leider sind heute als barrierefrei bezeichnete Umstände nur selten gruppenübergreifend barrierefrei im Sinne eines umfassend umgesetzten Universellen Designs.

- Behinderung = kein Begriff der speziell von Autisten verwendet würde, jedoch eine große Rolle in der Autistenszene spielt und kontrovers betrachtet wird. Dabei gehen auch viele Autisten von einem längst überholten Behinderungsbegriff aus. Daher hier Auszüge aus einem allgemeinen auch an sich lesenswerten Vortrag von Prof. W. Jantzen:
Zitat:
Behinderung, auf diesem Hintergrund - und jetzt kommt der Begriff, den Heiner Bielefeldt verwendet und für den man uns wirklich fast gesteinigt hat [vor 30 Jahren, Anmerkung 55555] - Behinderung ist eine gesellschaftliche Konstruktion. Das heißt keineswegs, dass es nicht gewisse Besonderheiten der Natur gäbe, die es auch zwischen uns überall gibt, soweit wir als nicht behindert bezeichnet werden.

[...]

Dreimal in der Geschichte der Behindertenpädagogik ist herausgearbeitet worden - ich hatte das Glück, einer von den dreien zu sein - dass nicht der sogenannte Defekt der körperlichen Schädigung die Behinderung hervorbringt, sondern die dadurch hervorgebrachte soziale Isolation.
In dieser sozialen (Entwicklungs-)Situation der Isolation ist die Umgebung unfähig, einen sozialen Verkehr so zu gestalten, dass er den besonderen Bedingungen gerecht wird. Daraus resultiert ein sinnvoller und systemhafter Aufbau der psychischen Prozesse innerhalb der Isolation. Am deutlichsten kann man das nachlesen in Donna Williams Versuch einer Übersetzung von Besonderheiten autistischer Menschen. Was andere Menschen für Autismus halten und erklären, so sagt sie, die selbst als autistisch gilt, sind unsere Selbstverteidigungsmechanismen.

Quelle; Alte Quelle

- Blickkontakt = Häufig erwähntes Diagnosekriterium für Autismus. Da der Blickkontakt für Nichtautisten offenbar ein wesentliches Kommunikationsmittel darstellt, versuchen diese oft Autisten dementsprechend nach ihren Vorstellungen umzuerziehen. Das kann ähnlich der Umerziehung von Linkshändern zu schweren Schäden führen, denn Autisten verhalten sich hierbei nicht aufgrund von Schüchternheit oder ähnlichem so, sondern aufgrund der Notwendigkeit Reizwahrnehmungen zu minimieren, um psychisch handlungsfähig zu bleiben.

- Delfintherapie = Eine "Therapie"methode, bei der Autisten mit Delfinen konfrontiert werden. Aufgrund des besonders positiven Images von Delfinen (z.B. "Flipper") meinen Eltern immer wieder, eine solche Therapie sei besonders erfolgversprechend. Tatsächlich konnte noch keine Wirksamkeit nachgewiesen werden, die über dem Kontakt zu gewöhnlichen Haustieren wie Hunden oder Meerschweinchen liegt. Solche Haustiere sind außerdem immer da, während die Delfin"therapie" nur über einen gewissen Zeitraum vorgenommen wird. Daher wird eine zudem noch sehr teure Defintherapie auch zu Recht in der Regel nicht von Krankenversicherungen bezahlt. Weiter ist die Haltung von Delfinen eine derartige Quälerei für die Tiere, daß diese sich in der Gefangenschaft kaum fortpflanzen mögen. Zudem sollte angemerkt sein, daß hier vor allem die auf das Kind projizierte Enttäuschung der Eltern therapiert wird, ein Kind zu haben, das anders ist als man es sich vorgestellt hatte. Empfehlung: Statt Delfintherapie sollten die betreffenden Eltern eine Psychotherapie bei einer Fachkraft beginnen, die Autismus nicht pathologisiert (oft solche, deren Studium noch nicht zu lange zurückliegt), damit sie ein gesundes Verhältnis zu ihrem Kind entwickeln lernen.

- Diskriminierung = Unmittelbare Diskriminierung nennt sich die Benachteiligung von Minderheiten, wie z.B. der unfreiwilligen Minderheit der Autisten durch selektives Verhalten im Alltag. Siehe auch unter Pathologisierung. Mittelbare Diskriminierung nennt sich solche Benachteiligung von Minderheiten, die in Form scheinbar neutraler Gesetze, Normen und Verfahrensweisen durch die Nichtberücksichtigung von Eigenarten bestimmter Minderheiten Barrieren errichtet, die eine Teilhabe an gesellschaftlichen Aktivitäten erschweren oder verhindern. Z.B. ist es in Bezug auf viele Autisten mittelbare Diskriminierung, von ihnen zu verlangen physisch in einem Büro vorstellig zu werden, um eine bestimmte Leistung zu erhalten, statt ihnen ausschließlich schriftlichen Zugang zuzubilligen.

- Echolalie = Wiederholung von Wörtern und Sätzen. Grundsätzlich wird mit Echolalie eine normale Phase in der kindlichen Sprachentwicklung bezeichnet (üblicherweise im 9. - 15. Lebensmonat). Das Kind übt sich dabei im Bilden von Lauten und Worten sowie im Erkennen von Zusammenhängen. Wendet ein Autist Echolalie auch später noch an und wiederholt ganze Sätze, so wird dies oft fälschlich als Indiz dafür gewertet, dass die Sprache des Autisten deutlich unterentwickelt sei und er das von ihm Gesagte nicht verstehen und nachvollziehen könne. Oft wird, ebenfalls fälschlich, angenommen, dass Autisten Echolalie nicht zu Kommunikationszwecken einsetzen.
Zitat:
z.B. wiederholte ein autistisches Kind, das die Teletubbies im Fernsehen mochte, den vorbereiteten Satz "Eines Tages im Teletubbieland waren alle Teletubbies sehr beschäftigt, wenn plötzlich eine grosse Regenwolke auftauchte" und sagte einige Wochen später, teilweise Echolalie nutzend "Eines Tages in Bud's Haus waren Mama und Bud sehr beschäftigt, wenn plötzlich Daddy auftauchte", um auszusagen, dass der Vater nach Hause gekommen sei. Anfangs, als das Kind mit dem Ball spielen wollte, näherte er sich seiner Mutter oder seinem Vater und sagte "Schnell Dipsy. Hilf Laa-Laa den Ball fangen." Als sich sein Sprachniveau entwickelte, blieb die syntaktische Struktur des echolalischen Satzes intakt, jedoch ersetzte er die Substantive (z.B. "Schnell Daddy. Hilf Bud den Ball fangen") und er isolierte womöglich einzelne Wörter und Morpheme und begann eigenständige zwei-Wort-Sätze zu bilden (z.B. "Daddy Ball?" und "Dad, willst du Ball spielen?")

Übersetzt aus dieser Quelle

- Enthinderung = Autisten benötigen weniger Hilfen als Enthinderung, denn die Probleme von Autisten liegen zu großen Teilen nicht in ihrer Identität, zu der ihre autistische Art zählt, sondern in der Ausgrenzung und dem Leben in einer Gesellschaft, die für Nichtautisten und deren Wesensarten ausgelegt ist. Diese Hürden abzubauen nennt sich Enthinderung. Enthinderung ist ein Recht, wogegen man meist annimmt, für Hilfe müsse man dankbar sein. Näheres siehe Artikel.

- Entwicklungsstörung oder -verzögerung = Diskriminierende Bezeichnung der Tatsache, daß sich Autisten insbesondere in der Kindheit teilweise deutlich anders entwickeln als durchschnittliche Nichtautisten. Mit vergleichbar selektiv-pathologisierender Wahrnehmung könnte man ebenso NA-Kinder und -Erwachsene gegenüber Autisten als zurückgeblieben und entwicklungsgestört bezeichnen. Weiter benötigt ganz allgemein die Herstellung qualitativ hochwertiger Dinge mehr Zeit. Autisten gehen Dingen oft wohl mehr auf den Grund als Nichtautisten. Ebenso kann eine hohe Umgebungsbelastung aufgrund ungünstiger Lebensumstände dazu führen, daß ein Autist weit weniger Energie hat um sich zu entfalten. In Kombination damit haben Autisten oft als Angehörige einer zerstreuten unfreiwilligen kleinen Minderheit sich fremd in der für Nichtautisten ausgelegten Welt fühlend zudem meist weniger Gelegenheit aus Kontakten mit Mitmenschen Dinge zu lernen, die unter Menschen weitergegeben werden.

- Ergotherapie = Hauptsache, man macht mal irgendwas. Placebo für die Eltern? Zitat aus A. Jean Ayres; Bausteine der kindlichen Entwicklung; Kapitel 9 - Das autistische Kind;
Seite 184; Springer-Verlag; 1992: "[es geht um Ergotherapie] Zur Zeit erreichen wir mit unserer Therapie allerdings meist keine nennenswerte Verbesserung der Situation. Wenn wir jedoch die Behandlung mit autistischen Kindern fortsetzen, finden wir vielleicht Zugang zu den neurologischen Problemen und können Methoden entwickeln, mit denen wir ihr Gehirn auch für das bewußte Erleben von Sinneseindrücken bereitmachen." Fazit: Daß Autisten bereits genauer wahrnehmen als NA, wird schlichtweg ignoriert, auch nur ansatzweise Kenntnisse zu autistischen Eigenschaften scheinen nicht vorhanden zu sein.

- Festhaltetherapie = Auch bei Autisten angewandte "Therapie"methode, die auf die überholte Annahme zurückgreift, Autismus sei eine Traumatisierung. Diese Methode kann man getrost als Körperverletzung an Schutzbefohlenen betrachten, die schwere Traumatisierungen der Kinder verursachen kann. Wird heute für Autisten fast einhellig abgelehnt. Artikel 1

- frühkindlicher Autismus = Im Sinne heutiger diagnostischer Untergruppen eine angenommene Untergruppe im Autismus, die aufgrund ihres Autismus früh im Sinne der Diagnosekriterien auffällt. Bedeutungsgleich mit Kanner-Autismus.

- gestützte Kommunikation (auch FC genannt) = Eine Methode, die die Kommunikation mit nichtsprechenden Personen ermöglichen soll (nicht speziell für Autisten). Aufgrund wissenschaftlicher Studien ist die Methode sehr kritisch zu sehen, jedoch konnte in wenigen Fällen ein tatsächliches Funktionieren nachgewiesen werden (Thread dazu). Falls bei Autisten diese Methode angewandt wird, ist auf jeden Fall zu überprüfen, ob die Methode funktioniert, etwa durch den Kopfhörertest. Wird dieser Test "vom Autisten verweigert", besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß diese Verweigerung unbewußt tatsächlich durch die "stützende Person" erzeugt wird.

Seit einigen Jahren gibt es auch eine "Resolution zur gestützten Kommunikation", die von diversen Fachpersonen unterzeichnet wurde und FC als widerlegt betrachtet:
Zitat:
Hierbei stellte sich heraus, dass trotz sorgfältiger Versuchsplanung bei ca. 80% der beteiligten Versuchspersonen keinerlei authentische Kommunikation nachgewiesen werden konnte und bei den übrigen 20% keine praxisrelevanten Verbesserungen hinsichtlich der Kommunikation auftraten. Bei 75% der entsprechend untersuchten Versuchspersonen ließ sich jedoch eine inhaltliche Steuerung der FC-Botschaften durch die stützenden Personen nachweisen (vgl. Biermann,1999). Kritische Analysen der Studien mit für die Methode sprechenden Ergebnissen deuten auf methodische Mängel der Untersuchungen hin (vgl. zuletzt die kritische Rezension der Münchner Studie von Bober, 2000). Neben den empirischen Grundlagen lassen sich auch keine theoretischen Untermauerungen für die Methode der Gestützten Kommunikation in den Fachgebieten des Autismus, der Spracherwerbsforschung und der geistigen Behinderung heranziehen (vgl. Nußbeck, 2000). Die Vertreterinnen und Vertreter der Gestützten Kommunikation treten vielmehr an, grundlegende Erkenntnisse aus den Bereichen des Autismus, der geistigen Behinderung und des Schriftspracherwerbs in Frage zu stellen und Autismus und geistige Behinderung auf Grund ihrer vermeintlichen Ergebnisse als überwiegend motorische/handlungspraktische Störungen neu zu definieren. Dabei werden häufig die Inhalte der gestützt hervor gebrachten Botschaften als Argumente für die Methode benutzt. Die Gestützte Kommunikation ist somit eine in ihrer Effektivität widerlegte Technik.
Quelle

- HFA = hochfunktioneller Autismus. Nach der Theorie eines Autismusspektrums meint dies den Bereich von Autismus, der zwischen willkürlich gesetzter Grenze zum Nichtautismus und MFA oder LFA (siehe auch dort) angesetzt wird. Dieser Begriff ist zumindest als Zuschreibung auf konkrete Personen kritisch zu betrachten, weil heute oft die Folgen von Ausgrenzung und Falschbehandlung von Autisten in ihrem konkreten Umfeld fälschlich ihrem Autismus an sich zugerechnet werden. Darum ist hier sehr große Vorsicht geboten.

- Inklusion = Pluralistische Einbeziehung von Minderheiten mit ihrer Kultur. Euphemismus aus Perspektive der seit langer Zeit exkludierenden Mehrheit, der suggerieren soll, daß jede kleine Aktion in Richtung Pluralismus eine großzügige Leistung ist auf die deren Akteure stolz sein können, statt ein Beenden von diskriminierender entrechtender Exklusion nach einer langen Verbrechenstradition. Der Begriff tendiert hin zur Leugnung des existierenden Unrechts und dem Nichtanerkennen eigener Mitverantwortung.

- Integration = Minderheiten der Mehrheit einverleiben.

- Kanner-Autismus = siehe frühkindlicher Autismus. Benannt nach Leo Kanner.

- krank (in Bezug auf autistische Eigenschaften) = Link

- Kristallkind = Auch im Zusammenhang mit esoterischem Geistesgut gebrauchter Begriff, welcher teils ausdrücklich auf Autisten bezogen wird und den Gebrauch einer nichtpathologisierende Bezeichnung zur Motivation hat. Dabei wurde offenbar vergessen, daß der Wortteil "kind" suggeriert Autisten gäbe es nur in Form von Kindern, was leider unterschwellig tatsächlich noch oft angenommen wird. Die Verwendung ist Geschmackssache. Eine korrektere Form wäre z.B. wohl: "Kristallseele".

- Kühlschrankmutter = Bezeichnung für Mütter von Autisten aus der Zeit der inzwischen widerlegten Annahme, Autismus stelle eine Traumatisierung sonst völlig durchschnittlicher Kinder dar. Siehe auch "autistische Psychopathie".

- LFA = low functional autism. Eindeutschung siehe NFA. Im Sinne der unter HFA geschilderten theoretischen Annahme die am weitesten vom Nichtautismus eingeordnete Untergruppe im Autismusspektrum.

- Medizinreligion = Verbreitet falsch als wissenschaftliche Disziplin eingestufter religiöser Kult, der sich zum Ziel gemacht hat menschliche Eigenschaften sich wandelnden kulturell-religiös-politischen Konzilsentscheidungen seiner angesehensten Priester folgend in "gut" ("gesund") und "schlecht" ("krank") zu trennen ohne daß es für "krank" eine objektive Definition gäbe und nach diesen willkürlichen unwissenschaftlichen Einstufungen dann wissenschaftlich zu erforschen, wie man diese vom Kult aktuell dogmatisch abgelehnten Eigenschaften beseitigen könnte. Zunehmend entwickelt sich die Medizinreligion zur treibenden Kraft bezüglich der beginnenden Zucht des Menschen hin zu einer kapitalistisch möglichst gut verwertbaren Nutztierrasse und ist somit trotz ihrer allgemein anerkannten Wohlfahrtselemente, die ähnliche Extremistenbewegungen desöfteren betreiben, als menschheitsfeindlich einzuordnen.

- Meltdown = akuter Overload, siehe Overload. Eigentlich allgemeiner englischer Begriff für einen Zusammenbruch oder Nervenzusammenbruch, der von manchen Autisten vermutlich aus englischen Autismusforen als vermeintlicher Fachbegriff importiert wurde.

- Menschen mit XY = Sogenannte "People First"-Sprache. Wer käme auf die Idee "Manager" sei eine diskriminierende Bezeichnung und man müsse stattdessen "Mensch mit Management" schreiben? Es wird durch diesen von "Wohlfahrtskonzernen" verbrochenen Ansatz eine sprachliche Differenzierung geschaffen, die es vorher nicht gab und die stigmatisierend wirkt, weil jeder weiß, daß nur heikle Themen solchen Konstruktionen unterworfen werden. Gelebte Exklusion, betrieben von Profiteuren der Exklusion. Mehr hier unter Punkt 2.

- MFA = mittelgradig funktionaler Autismus. Selten gebrauchter Begriff zur genaueren Differenzierung des Autismusspetrums. Siehe auch HFA.

- NA = Nichtautist

- Nerd = Nach einer Definition "Non Emotional Responding Dude", deutsch: "nicht emotional reagierender Typ"

- Neurodiversität = Aus der Biologie abgeleitete Theorie, die als gut begreift, daß Menschen unterschiedlich veranlagt sind. Gegensatz: Die Definition von Krankheit anhand des Abweichens von einer theoretisch bestimmten Norm für Gesundheit. Ähnliche Gegensätze direkt aus der Biologie: Intaktes robustes Ökosystem versus krankheitsanfällige Monokultur.

- NFA = niedrigfunktioneller Autismus. Eindeutschung von LFA, siehe dort.

- nonverbale Kommunikation = Siehe Subtext. "Verbal" wird oft falsch verwendet im Sinne von "mündlich kommunizieren", z.B. in der Bezeichnung "nonverbaler Autist". Tatsächlich ist auch Schriftsprache abgesehen vom Subtext verbale Kommunikation.

- normal = einer irgendwelchen menschlichen Vorstellungen entsprungenen Norm entsprechend. Entscheidend hierbei ist die Annahme einer Gruppe, für welche die Norm gelte. Je nach Bildungshorizont kann sich ein Normgefüge ausdifferenzieren.

- NT = neurotypische Person. Kritisch zu sehender Begriff, da er unterstellt, es gäbe typische und untypische Menschen. Siehe auch "normal".

- Overload = Überforderung der Sinne eines Autisten, die mehr oder weniger große Handlungsunfähigkeit und Schmerz nach sich zieht. Näheres im Artikel unten.

- Pathologisierung = Fremdenfeindliche und vorurteilsgetriebene gezielte Abwertung von Andersartigem mithilfe von selektiv negativer Wahrnehmung und Beschreibung. - Artikel: "Die Krankheit lauert überall"

- Persönlichkeitsstörung = siehe "autistische Psychopathie". Ab dem DSM3 wurde der diskriminierende Begriff "Psychopathie" durch den diskriminierenden Begriff "Persönlichkeitsstörung" ersetzt. Falschdiagnosen von Autisten sind keine Seltenheit (z.B. "sozial-unsichere-Persönlichkeit").

- Prosopagnosie = Geringe bis nicht vorhandene Fähigkeit Gesichter wiederzuerkennen. Diese tritt bei Autisten wie Nichtautisten auf.

- Rain Man = ein Film, der in der Öffentlichkeit oft als prägend für das Bild von Autismus empfunden wird. Dieser Film beruht auf einem Drehbuch, das inspiriert von der realen Person Kim Peek geschrieben wurde. Diese Person ist jedoch kein Autist, sondern ein Savant.

- Rituale = Autisten wird oft unterstellt besonders zu ritualisiertem Verhalten zu neigen, Eltern wird geraten den Alltag von autistischen Kindern zu ritualisieren. Näheres im Artikel unten.

- Selbstverletzungen = Schwer traumatisierte Menschen, ob Autist oder Nichtautist, neigen manchmal dazu, Streß durch selbstverletzendes Verhalten (SVV) abzubauen. Da Autisten häufiger unverstanden dahinvegetieren oder groben (auch unbeabsichtigten oder "gut gemeinten") Mißhandlungen durch Familie oder unqualifizierte Therapeuten ausgesetzt sind, tritt dieses Verhalten bei Autisten statistsch gesehen häufiger auf als bei Nichtautisten. SVV kann zur Sucht werden, da bei Verletzungen körpereigene Drogen ausgeschüttet werden. Hier könnte theoretisch auch bei Autisten eine qualifizierte (heutzutage praktisch nicht auffindbare) auf autistisches Sein abgewandelte Traumatherapie sinnvoll sein, die bei den vorgefallenen subjektiv erlebten Mißhandlungen ansetzt (und nicht den Autismus therapieren will).

- SHG = Selbsthilfegruppe

- Smalltalk = Die Angewohnheit besonders von Nichtautisten nicht durch klare Aussagen zu kommunizieren, sondern durch Andeutungen. Diese Andeutungen verstehen auch Nichtautisten untereinander oft falsch, merken das aber oft nicht. Vielleicht ist das auch eine Funktion dieser drolligen Angewohnheit. Siehe zudem Subtext.

- Spezialinteresse = von englisch "special interest", halte ich persönlich für eine Fehlübersetzung. "Speziell" ist im Deutschen ein weitgehend neutraler Begriff, der englische Begriff besitzt jedoch eine Bedeutungsspanne von "besonders" bis "sonderbar". Insofern ist dieser Begriff ein Begriff, den Nichtautisten erfunden haben, um Autisten zu pathologisieren und auszugrenzen, und sollte, wie ich denke, von Autisten nicht mehr verwendet werden.

- Stereotypie = Diskriminierende Abwertung von Interessen autistischer Personen durch Nichtautisten. Andersherum könnte man z.B. Kegelabende mit Smalltalk als stereotype Gruppenbeschäftigung bezeichnen.

- Störung = Autisten werden von einer rückschrittlichen und diskriminierenden Psychologie noch oft als gestört bezeichnet. Parallel zum Behinderungsbegriff liegt jedoch die Störung tatsächlich zwischen Autist und Nichtautist, nicht bei einer der beiden Parteien. Wenn die Telefonleitung zwischen einem Autisten und einem Nichtautisten gestört ist, ist ja auch nicht der Autist schuld.

- Subtext = Kommunikation und Sprachbedeutungen, besonders vis a vis, werden bei Nichtautisten zu über 50% (manchmal wird 70% angegeben, solche Werte sind von der Definition abhängig) durch Betonungen und Mimik transportiert. Diese Aussagen können Autisten oft nicht entsprechend erkennen oder zuordnen. Auch, aber nicht vor allem aus diesem Grund bevorzugen Autisten schriftliche Kommunikation, in welcher allerdings auch Metaphern und indirekte Formulierungen und deren Subtext unverstanden bleiben können.

- Synästhesie = Die Eigenschaft z.B. eine Zahl automatisch mit einem bestimmten Geruch oder einer Farbe zu assoziieren. Synästhesie ist eine Begabung, die unter anderem das Lernen erleichtert, da die Erinnerung in sich kombinierter und mit mehr Ansatzpunkten erfolgt. Autisten sind offenbar häufiger synästhetisch begabt als Nichtautisten.

- TEACCH = Unter Zeitdruck roboter-ähnlich Programme abarbeiten.

- Theory of Mind (ToM) = Siehe Artikel unten.

- Therapierisiko, geringes = Oft stillschweigende und völlig verkehrte Annahme, bei Autisten wäre eigentlich nichts kaputtzumachen.

- Unangemessene Verhaltensweisen = Umschreibung der Fachleute, daß sie die Ursachen von Verhaltensweisen nicht verstehen und diese andere Leute stören. Das Nichtverstehen liegt meistens an mangelnder Professionalität oder mangelnder Einbeziehung von anderen Autisten und ungenügender Erfahrung. Dennoch gibt es diese Ursachen, ebenso wie bei einem Allergiker, der auf eine bestimmte Obstsorte allergisch reagiert. Solange man nicht weiß, daß es diese Allergie gibt und wann sie ausgelöst wird, werden Zusammenhänge meistens nicht klar erkannt. Und wenn Fachleute annehmen, daß Autisten eben "so" sind, dann suchen sie erst gar nicht nach den vorhandenen Ursachen.

- Unterstützte Kommunikation = Nicht zu verwechseln mit Gestützter Kommunikation. Umfasst verschiedene Zeichensysteme.

- UN-Weltautismustag = Unter ominösen Umständen soweit bekannt ohne Einbeziehung von Autistenorganisationen in die Konzeption von der UNO jeweils für den 2.4. des Jahres eingesetzte Konkurrenzveranstaltung zum älteren Autistic Pride Day verbunden mit sehr fragwürdigen pathologisierenden Vorfestlegungen. In Autistenkreisen wegen seines gegenaufklärerischen Grundcharakters auch als Weltantiautismustag bekannt.

- verbal = Siehe nonverbal.

- Wahrnehmungsstörung = Diskriminierender Begriff zur Beschreibung der andersartigen Wahrnehmung von Autisten, sofern situationsunabhängig pauschal auf einen Menschen angewandt. Situationsabhängig angewandt weisen Nichtautisten wie auch Autisten unterschiedliche Wahrnehmungsstörungen auf.

- Zehenspitzengang = Der Zehenspitzengang, also das häufige Gehen auf den Zehenspitzen, ist häufig bei Autisten. Der Grund ist die empfindliche sensorische Wahrnehmung auch an den Fußsohlen, deren Störpotential durch den Gang auf Zehenspitzen minimiert wird. Ein weiterer Grund könnte ein Vermeidenwollen von Verwackelungen bei der optischen Wahrnehmung sein oder auch Schmerzempfinden im Kopf durch hartes Aufsetzen mit der Ferse (z.B. "wie tausend Nadeln durch den Schädel"). Möglich ist dies auch, um nicht ganz gerade Böden auszugleichen, deren Ungeradigkeit NA nahezu nicht wahrnehmen, wenn der Autist besonders empfindsam auf solche Neigungen reagiert.

- Zurückgeblieben = siehe Entwicklungsstörung

- Zwang = Autisten wird mitunter nachgesagt, zu Zwängen zu neigen. Richtig ist, daß Autisten manchmal Vorlieben haben, die auf Nichtautisten unverständlich wirken, aber ebensowenig aus einem Zwang herrühren wie Tätigkeiten von Nichtautisten, die ein Autist nicht versteht und für sinnlos hält.
09.02.08, 13:51:32

55555

geändert von: 55555 - 29.03.10, 19:06:21

Oft wird heute noch behauptet, Autisten seien krank. Stimmt das?

Es stimmt ebensoviel oder -wenig, wie die Behauptung, Homosexualität oder Linkshändigkeit sei krank. Der Begriff "krank" ist ein kultureller, kein in der Natur festgeschriebener.

Zitat:
Homosexualität wurde 1974 von der American Psychiatric Association (APA) gemäß einem Beschluss aus dem Jahr zuvor aus ihrem Krankheitenkatalog (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (kurz: DSM, damalige Auflage DSM-II) gestrichen – nicht zuletzt aufgrund der Forschungsergebnisse von Evelyn Hooker. Zuvor galt Homosexualität als psychische Störung.

Quelle

Jedoch abgesehen von der philosophischen Einordnung sollte sich jeder klarmachen, daß solche Benennungen auch gesellschaftliche Macht widerspiegeln. In Bezug auf Autismus ist der Begriff "krank" daher eindeutig von Feindlichkeit gegenüber Andersartigem geprägt (Xenophobie). Wer Autisten oder Autismus als "krank" bezeichnet, outet sich also gewissermaßen selbst als krank oder zumindest unreflektiert.

Auch Homosexuellen wurde wie heute Autisten unterstellt, sie seien weniger leistungsfähig, eine Ansicht, die heute vermutlich fast jeder als absurd betrachten würde:
Zitat:
Und 1935 schrieb er in einem Brief an eine Mutter, daß auch Homosexuelle – durch eine Analyse – zu „Harmonie, Seelenfrieden und volle[r] Leistungsfähigkeit“[24] gelangen können.

ebenda

Krank machte Homosexuelle nicht ihre Homosexualität, sondern die gesellschaftliche Ausgrenzung. Auch bei Autisten verhält sich dies im Wesentlichen nicht anders.

Ähnliches galt auch für Frauen:
Zitat:
In Berlin regiert zu jener Zeit der Kaiser, in Paris staunt man über den Eiffelturm, in London sorgen die ersten U-Bahnen für Aufsehen - und Frauen müssen enge Kleider tragen, dürfen nicht studieren und nicht ohne Erlaubnis ihrer Männer arbeiten, kein eigenes Vermögen haben, geschweige denn wählen. Junge Mädchen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert werden in martialische Korsetts geschnürt und auf den einzigen Sinn ihres Lebens vorbereitet: Sie sollen möglichst gut verheiratet werden. Man hält sie für körperlich schwach und nicht zu intellektueller Leistung befähigt.

Quelle

Insofern werden diejenigen Nichtautisten, die dieses Forum nutzen möchten, gebeten, auf pathologisierende, Autisten als Minderheit kränkende Begriffe und Zusammenhangsdarstellungen zu verzichten.
09.02.08, 18:21:56

55555

geändert von: [55555] - 20.03.10, 19:31:48

Was ist Enthinderung?

Zitat:
In Diskussionen über Autismus und über Lebenssituationen autistischer Menschen taucht regelmäßig der Begriff "Hilfe" auf. "Hilfe" ist nicht selbstverständlich, sie ist ein Gefallen. „Hilfe“ suggeriert, dass man etwas bekommt, worauf man keinen Anspruch hat, und was einen im Gegenzug zur Dankbarkeit verpflichtet. Unterstützung von Autist_innen bzw. von behinderten Menschen allgemein "Hilfe" zu nennen, macht sie zu Bittsteller_innen und erniedrigt sie. Es ist keine "Hilfe", wenn Rollstuhlfahrer_innen Zugänge zu öffentlichen Gebäuden, Arztpraxen und Supermärkten nicht versperrt werden, sondern Enthinderung - als Gegensatz von Behinderung, die Treppen und Drehkreuze für diese Personengruppe darstellen. Enthinderung ist kein Almosen, sie sollte selbstverständlich sein. Wir sprechen daher nicht von "Hilfe" - wir fordern Enthinderung.

Quelle

Behinderung als Form der Diskriminierung (siehe Begriffslexikon unter "Behinderung") ist ein Unrecht, das mittlerweile eindeutig durch das Völkerrecht geächtet wird. Entsprechend der Abkehr von anomistischem Faustrecht ist auch Enthinderung eine Frage der Selbstverständlichkeit. Mangelnde Berücksichtigung von andersveranlagten gesellschaftlichen Minderheiten ist aktive Diskriminierung und nicht mehr als "Versehen" entschuldbar. Die Anforderung an ein Universelles Design lautet solche Diskriminierungen abzubauen.

Und: Enthinderung ist nicht die eigene Kompensation von vorhandener und unveränderter Benachteiligung aufgrund gesellschaftlicher Behinderung.
09.02.08, 18:45:52

55555

geändert von: 55555 - 14.11.08, 16:17:00

Was ist ein Overload? Ist das psychisch krank?

Autisten nehmen ihre Umgebung anders wahr als Nichtautisten. In der Regel ist ihre Wahrnehmung genauer, empfindlicher und umfassender. Ihre Fähigkeit zur Konzentration auf bestimmte Aspekte ist oft stärker ausgeprägt. Autisten haben oft sensiblere Sinne, etwa hören sie Geräusche lauter als Nichtautisten oder gar Töne mit Frequenzen, die viele Nichtautisten gar nicht hören, oder sehen Dinge und Farben intensiver. Auch schnelle Bewegungen können überfordern, etc.

Das hat zur Folge, daß Autisten mitunter von dem, was ihnen begegnet, überwältigt sind. Auch Nichtautisten kennen Situationen, in denen sie nach einen starken Eindruck nicht in der Lage sind sich zu bewegen oder sich unfähig fühlen, etwas zu beantworten. Diese Zustände erleben Autisten in einer Gesellschaft, die nicht auf ihre Bedürfnisse ausgerichtet ist, häufiger und wohl auch tiefgreifender als Nichtautisten.

Da Nichtautisten meist anders wahrnehmen, können sie oft Reaktionen von Autisten nicht gut nachfühlen, nicht selten erkennen sie nicht einmal die Ursachen für die jeweiligen Reaktionen.

Unter allen Menschen gibt es verschiedene Temperamente, egal ob Autist oder nicht. Der eine ist eher cholerisch, der andere zurückhaltend und schüchtern. Daher reagieren auch Autisten in einem Overload recht unterschiedlich. Wie würden wohl Nichtautisten reagieren, wenn man sie Geräuschen aussetzt, die ihnen das Gefühl geben, ihr Trommelfell würde platzen? Wie reagieren sie, wenn das ständig passiert und keiner diese Zumutungen abstellt? Sie reagieren, wie Menschen auf solche Herausforderungen eben reagieren. Diese Reaktionen sind nicht psychisch krank, sondern in einer anderen Wahrnehmung begründet, die an sich Stärken und Schwächen beinhaltet, ebenso wie nichtautistische Wahrnehmung.

Wenn ein Autist sich benimmt "wie ein Irrer", dann hat das seine Gründe in seiner Umgebung und in deren Abbild in seiner Wahrnehmung. Dies zu ignorieren bedeutet einem schwer leidenden Menschen die Hilfe zu verweigern und ihn weiter in einen psychischen Abgrund zu treiben.

Ein Autist leidet nie unter seiner menschlichen Veranlagung, sondern wegen äußerer Umstände.
09.02.08, 19:17:49

55555

geändert von: 55555 - 14.11.08, 16:21:02

Für Autisten sollen Rituale und Gewohnheiten sehr wichtig sein, stimmt das?

Von Ärzten oder Therapeuten wird Eltern oft der Tipp gegeben, den Alltag zu ritualisieren, weil das für Autisten wichtig sei. Das ist so allgemein aber nicht richtig.

Wie kommt es zu dieser Annahme?

Autisten leben praktisch durchweg in einem chronischen Overload, da ihre Wahrnehmung sie tendentiell durchweg überfordert. Dieser Zustand setzt die Fähigkeit herab, spontan auf unvorhersehbare Situationen zu reagieren. Aus diesem Grund beobachtet man bei Autisten oft einen gewissen Grad von Standardisierung in alltäglichen Abläufen. Dadurch, daß Bereiche des Lebens als solche genau feststehen, muß man während des chronischen Overloads nicht neu überlegen, wie man das jetzt tun will.

Aus dieser Beobachtung jedoch zu schließen, daß es gut für Autisten ist, ihnen von außen einen geregelten Alltag aufzudrängen, ist eine zumindest heikle Schlußfolgerung, denn es ist auch wichtig für Autisten, diese Standards selbst setzen zu können. Insofern kann eine von außen bestimmte Ritualisierung bei Autisten auch eine zusätzliche Belastung darstellen.

Um einem Autisten zu ermöglichen, sich selbstbestimmte Standards zu entwickeln, braucht er Ruhe und die Möglichkeit, diese Standards im Alltag zu erproben. Wenn er sie selbst dauerhaft umsetzt, sollte dies unterstützt werden, jedoch nur solange kein Widerstand auftritt.

Generell braucht jede Person, die mit Autisten zu tun hat, ein besonderes Feingefühl und die Fähigkeit, offen zu sein, Zusammenhänge unter Beteiligung von scheinbar bedeutungslosen Details zu entdecken, die für die meisten Nichtautisten absurd erscheinen mögen.

Freut euch, andere Leute müssen ständig neue Krimis kaufen!
09.02.08, 19:21:37

55555

geändert von: 55555 - 14.11.08, 16:23:27

Theory of Mind

Allgemeiner Überblick:

Die Theory of Mind ist eine Bezeichnung für die Fähigkeit in der Praxis anzunehmen, daß Mitmenschen andere Kenntnisse besitzen als man selbst. Klassische Tests mit Kindern führen z.B. ein Puppenspiel auf, bei dem in eine eindeutig als solche kenntliche Keksdose ein Bleistift gelegt wird. Das Kind soll danach angeben, was eine Puppe, die das Spiel "nicht mitverfolgt hat", wohl denken würde, was in der Keksdose wäre. Pauschalisiert ausgedrückt würden Kinder mit einer ToM antworten, daß darin Kekse vermutet würden, ein Kind, das keine in diesem Fall ausgeprägte ToM besitzt hingegen, daß darin ein Bleistift vermutet würde.

Spezieller Bezug:

Die Unterstellung einer gering ausgeprägten ToM speziell an Autisten führt zum häufigen sachlich falschen Gebrauch von Autismus als Schimpfwort in diesem Sinne.

Tatsächlich ist nicht klar, ob Ergebnisse, die nahelegen, autistische Kinder hätten eine gering ausgeprägte ToM, schlichtweg Messfehler aufgrund Nichtverstehens der Aufgabenstellung darstellen. Allerdings ist es plausibel, daß autistische Kinder es schwerer haben, die Welt um sie zu verstehen, da diese Welt zu großen Teilen völlig andersartig veranlagt ist. Erwachsenen Autisten sollte man unterstellen können, im Besitz der ToM zu sein.
09.02.08, 22:12:55

55555

geändert von: 55555 - 14.11.08, 16:26:43

Warum wollen viele Autisten nicht krank oder behindert genannt werden, aber nehmen andererseits gerne gewisse staatliche Vergünstigungen in Anspruch? Widerspricht sich das nicht?

Das, was Autisten (und in entsprechenden Situationen alle anderen Menschen) krank macht, ist vor allem Ausgrenzung und die ist im Vergleich zu der früher ebenso vorhandenen von Linkshändern und Homosexuellen vermutlich noch ausgeprägter, da es sich nicht "nur" auf die Art sexuellen Empfindens oder abergläubische Vorstellungen von "guter" und "schlechter" Hand bezieht, sondern auf die ganze Person, ihr Welterleben und -empfinden.

Autismus an sich ist jedoch nicht krank und auch keine Behinderung.
Zitat:
Prof. Baron-Cohen: Autismus ist gesund!

Professor Simon Baron-Cohen, führender Autismus-Forscher an der Universität von Cambridge, sagt: "Ich stimme zu, dass sich HFA ("hochfunktioneller Autismus") besser in Begriffen der Neurodiversität beschreiben lässt. LFA ("niedrig funktioneller Autismus") vielleicht auch, aber wahrscheinlich ist er besser beschrieben als etwas, das zusätzliche Behinderungen mit sich bringt, wie Lernbehinderungen, verzögerte Sprachentwicklung, Epilepsie usw. Ich denke nicht, dass wir Autismus "heilen" wollen - nicht mehr als wir Linkshändigkeit oder Homosexualität heilen wollen. Aber wenn es Behandlungen oder Interventionen gäbe, die helfen ohne die Stärken zu beeinträchtigen (solche wie die herausragende Aufmerksamkeit für Details), kann ich mir vorstellen, dass die willkommen wären."

Quelle

Allerdings sind Autisten in der Regel behindert und zwar durch die Welt, in der sie gezwungen sind zu leben und die nicht für sie eingerichtet ist. Und dies ist die juristische Definition einer Behinderung nach deutschem Recht. Daher ist es kein Widerspruch, Autismus nicht als Behinderung einzustufen, jedoch einen Autisten in dieser Gesellschaft als behindert zu begreifen.

Im Übrigen sind die "Vergünstigungen", die Autisten hier und dort wahrnehmen können, Nachteilsausgleiche im Rahmen einer gesellschaftlichen Enthinderung, die ein Rechtsanspruch sind, der die vorliegende teilweise erhebliche Benachteiligung zumindest ein wenig kompensieren helfen soll.
10.02.08, 09:07:29

eraser

geändert von: eraser - 10.02.08, 09:17:10

5, Du bist ein sehr fleißiger Mensch. Ich habe auch noch ein paar Stichpunkte.

Autistic Pride: Anhänger des AP definieren sich über ihre Stärken und nicht über ihre Symptome. Autistic Pride Day ist der 18. Juni.

Blickkontakt: Die meisten Autisten zeigen wenig oder keinen Blickkontakt. Manche, denen man gesagt hat, dass das erwartet wird, starren ihr Gegenüber unangemessen lange an. Sie können trotzdem nur wenig mit dem Blick des anderen anfangen. Autisten können aber lernen, Gesichtsausdrücke, Gesten und Blicke zu deuten. Ehe dies ein Automatismus wird, ähnlich dem, der Nichtautisten angeboren ist, können einige Jahrzehnte ins Land gehen.

Delphintherapie: Bisher konnte nicht festgestellt werden, dass die Therapie auch nur einem einzige Delphin geholfen hat.

Erziehung: Ein Autist ist unerziehbar. Man kann nur versuchen, ihn so wenig wie möglich zu traumatisieren und ihm das Leben so angenehm wie möglich zu machen.
Mit sprechenden Autisten kann man Erziehungsmaßnahmen und wichtige Entscheidungen, die das Kind betreffen, ausdiskutieren.
Autisten fühlen sich schnell ungerecht behandelt und weil sie Probleme haben, ihre Gefühle zu beschreiben, kann es zu Wutausbrüchen kommen, wenn man einfach autoritär entscheidet, ohne ihre Wünsche zu berücksichtigen.

Festhaltetherapie (nach Prekop): Auf der irrigen Annahme, Autisten hätten zu wenig Liebe bekommen (siehe Kühlschrankmutter) beruhende Methode zur Folterung von Kindern, ohne sie schlagen zu müssen. Dabei legen sich erwachsene Personen bis zu 4 Stunden auf Kinder oder erwachsene nichtsprechende Autisten und fixieren sie gewaltvoll, küssen sie, wenn sie schreien und zwingen sie, sich in die Hose zu machen, falls das Kind/ der Schutzbefohlene den Wunsch äußert, zur Toilette zu gehen.
Autisten mögen es nicht, berührt oder festgehalten zu werden und sie werden auch schnell ungeduldig. Insofern kann man einem Autisten nichts Übleres antun. Nichtsdestotrotz findet die Methode immer noch Anhänger. Einige Kinder sprechen dann nämlich, sie sagen "Nein!", "Ich will nicht!" oder "Geh weg!", was von den überglücklichen Eltern mit Tränen in den Augen als Therapieerfolg gewertet wird.
Ähnlich überflüssig, qualvoll und darüber hinaus gefährlich ist die "Rebirthing Therapy" bei Autisten. Bisher gab es vier Todesfälle in den USA.

Gefühle: Da man Gefühle als Nichtautist lernt, indem man andere dabei beobachtet, wie sie ein Gefühl haben und sich dann die Bezeichnung merkt, verwundert es nicht, dass Autisten vermutlich genau dieselben Gefühle haben wie alle anderen, aber Unklarheit bezüglich der korrekten Bennennung herrscht.
Manche Autisten sind nach eigenen Angaben schmerzunempfindlicher und andere sind schmerzempfindlicher als der Durchschnitt der Menschen. Dies gilt dann nicht allgemein, sondern ist in Bezug auf Kälte, seelische Verletzung, Berührung, usw. bei einzelnen Individuen sehr unterschiedlich.
Alexithymie kann auch auftreten, da einige Autisten dem permanenten Overload nur durch völlig Abkopplung von ihren Emotionen entgehen können.

Heime: Heime für Autisten sind selten autismuskompatibel. Es gibt Neonröhren und wild gemusterte Bodenbeläge. Die "Bewohner" werden bevormundet und gegängelt, bestraft, erzogen, sediert und wie Kleinkinder behandelt. Meist leben "low functioning" Autisten in Heimen. Das bedeutet, dass sie nicht richtig in der Gesellschaft "funktionieren". Es bedeutet nicht, dass diese Menschen weniger intelligent sind, wovon man in diesen Heimen aber ausgeht.

Ironie: Ironie können Menschen erst ab etwa 12 oder 14 verstehen. In der gesprochenen Sprache wird Ironie durch nonverbale Codes gekennzeichnet. Diese nonverbalen Zeichen entgehen Autisten, welche annehmen müssen, dass die Unterscheidung von Ironie und Nicht- Ironie ein intellektuelles Knobelspiel sei. Autistische Ironie wird darum oft von Nichtautisten nicht verstanden, weil sie mit todernstem Gesichtsausdruck vorgetragen wird.

Meltdown = Overload

Routine: Routinen geben Sicherheit. Die Routinen sollten allerdings Sinn machen und nicht die Bedürfnisse des Kindes ignorieren. (z.B.: Nur weil man jeden Tag um 19.19 Uhr eine Backpfeife bekommt, lernt man nicht, es zu genießen)

Selbstverletzendes Verhalten: Tritt auf währen eines Overloads oder danach als Versuch, realitätsstiftende Gefühle zu erzeugen. Wer schon einmal einen Autisten dabei beobachtet hat, wie er sich schlägt und schaukelt, sollte sich fragen, was geschehen müsste, damit man sich selbst so verhält. Dann bekommt man eine Vorstellung davon, was in diesem Menschen vor sich geht.

Sprache: Einige Autisten sprechen nicht. Sie verstehen zwar alles, aber sie sagen nichts und reagieren nicht. Im Gegensatz zu anderen hörenden, aber nicht sprechenden Kindern zeigen sie wenig Begeisterung, auf Ansprechen zu reagieren oder sich dressieren zu lassen.

Pathologisierung: Autismus wird über Defizite und Symptome definiert und nicht über Stärken.
Es gibt Autisten, die Hilfestellung benötigen, zu diesen sinnvollen Hilfestellungen gehören nicht: Festhaltettherapie, Delphintherapie, jede Art von Therapie gegen autistische "Symptomatik" = unerwünschtes Verhalten, Medikamente gegen "Aggressionen", Bestrafung von unerwünschtem Verhalten, von Eltern und Erziehern festgelegte Zwangsrituale, Normalisierungsdruck, "Heilungs"- Wunsch, psychischer Druck.

Zahlen: Viele Autisten lieben Zahlen und merken sie sich mit Farben. Die meisten können gut rechnen. Trotzdem gibt es einige Autiten, die mit Zahlen überhaupt nichts anfangen können.

edit: Muss ich noch ein paar Mal drüber gehen.
03.12.08, 00:18:29

haggard

ATZ = autismus-therapiezentrum
"autismustherapie":
Zitat:
Aufgrund der Schwere ihrer Behinderung benötigen autistische Kinder, Jugendliche und Erwachsene spezifische therapeutische Hilfen. Je früher diese beginnen, desto mehr Chancen haben die autistischen Menschen, altersgemäß zu lernen, sich in ihrer Umwelt zu orientieren, am alltäglichen Geschehen teilzunehmen und Freude am Leben zu entwickeln.


hundeschule:
Zitat:
Nach Möglichkeit sollte die Erziehung und Sozialisation Ihres Hundes bereits im Welpenalter beginnen - daher bieten wir Kurse für alle Altersstufen an.


ATZ:
Zitat:
Nach einer kurzen Phase der Eingewöhnung und des Kennenlernens versuchen die TherapeutInnen, den augenblicklichen Entwicklungsstand, die Fähigkeiten, die Störungen des autistischen Menschen durch Befragung der Eltern, Beobachtungen und spezielle Testverfahren zu ermitteln. Diese Beobachtungsphase bildet eine wichtige Grundlage für die Therapie und dauert etwa zwei Monate...Anschließend besprechen die TherapeutInnen mit den Eltern, wie ihr Kind gefördert werden soll. Für jedes Kind wird ein individueller, auf seine Fähigkeiten und Möglichkeiten abgestimmter, Therapieplan entwickelt.


hundeschule:
Zitat:
Da Hunde von Ihrem Wesen intelligente Tiere sind und daher grundsätzlich lern- und wissbegierig, sollten Sie, mit dem Welpenalter beginnend, in einer Hundeschule auf Ihren weiteren Weg in die menschlich geprägte Zivilisation behutsam vorbereitet werden...In einem ausführlichen Gespräch möchten wir Sie, Ihren Hund, Ihre Lebensumstände und natürlich Ihr Problem kennenlernen...Wir bieten in kleiner Runde geführte Trainingsspaziergänge an, in denen an einer Verbesserung dieser oftmals grenzwertigen Situationen gearbeitet wird. In etwa 2,5 Stunden erarbeiten wir unterwegs die notwendige Praxis, damit Sie Ihren Alltag stressfreier meistern können.


ATZ:
Zitat:
Autistische Kinder haben Schwierigkeiten, die Informationen aus ihrer Umwelt zu verarbeiten und das Sozialverhalten, die Kommunikation von Menschen zu verstehen. Sie reagieren daher oft hilflos, unsicher, desorientiert, aggressiv oder ziehen sich zurück.


hundeschule:
Zitat:
Beratung bei Verhaltensproblemen - Aggression, Unsauberkeit, Zerstörungswut etc. wir erstellen sinnvolle und vor allem umsetzbare Trainingspläne gemeinsam mit Ihnen


fazit:
wenn ich etwas verkaufen will, das geld bringt, muss das so formuliert sein, dass beim leser der wunsch entsteht, dass er genau solches bisher vermisste und jetzt endlich die möglichkeit erhält, es zu erstehen...bzw. ihm alle "mängel" bewusst werden, an die vorher gar nicht zu denken waren.
16.02.09, 13:43:03

55555

geändert von: 55555 - 28.11.09, 09:39:40

Wenn Autisten sich gegen Therapien aufgrund autistischer Eigenschaften wenden, dann widersetzen sie sich wissenschaftlichen Erkenntnissen.

Autismus wird bis heute offiziell von Ärzten fälschlich als Krankheit diagnostiziert. Um eine Autismusdiagnose zu erhalten werden Beobachtungen angestellt und Abweichungen geschildert. Aber Abweichungen, die einem Arzt geschildert werden deutet dieser berufsbedingt als unerwünscht. Das ist scheinbar vielen nicht klar, die nachher daran zweifeln, ob denn nach der Diagnose durch den Arzt empfohlene Therapien als ganz natürliche Angelegenheit betrachten. So läuft das ja beim Arzt.

Wie erhält man eine Autismusdiagnose? Man schildert bei einem Arzt (der berufsbedingt für die Beseitigung von Krankheiten zuständig ist) einen Sachverhalt, Symptome eines Komplexes der heute fälschlich offiziell noch als Krankheit eingestuft wird, wie vor einigen Jahrzehnten auch noch Homosexualität. Damit wird dem Arzt auch (vielleicht ungewollt) mitgeteilt: das ist unerwünscht.

Der Arzt verweist dann auf "Therapien", weil das die Fortsetzung dieser Denklinie ist. Diese Therapien bewirken dann die Änderung irgendwelcher Details, was manchmal auch in brauchbarer Weise wissenschaftlich belegt wurde (und manchmal noch nicht einmal das).

Diese Details sind aber eben nur Details. Es wird oft in völlig unzureichender Weise darauf geachtet, welche Schäden parallel zu diesen Maßnahmen auftreten. Das ist wie bei Arzneien. Man hat z.B. wissenschaftlich bewiesen, daß eine Arznei Durchfall stoppt. Also gilt die Wirksamkeit als belegt. Bei Arzneien wird dann noch nach den üblichen Standards getestet, ob irgendwelche offensichtlichen "Nebenwirkungen" stattfinden. Trotz diesen Standardtests schätzt man z.B. Folgendes:
Zitat:
In den USA geht man von 2 000 000 schweren Arzneimittelnebenwirkungen pro Jahr aus, 44 000 - 100 000 Tote durch Nebenwirkungen, mehr als durch Lungenerkrankungen, AIDS, Diabetes, und Unfälle. 6,7% aller Krankenhauspatienten haben gravierende Arzneimittelnebenwirkungen, 0,32% sterben nach manchen Statistiken daran. 136 Milliarden Dollar sollen die Nebenwirkugen jährlich kosten. Etwa 3-6% aller Nebenwirkungen kommen durch Wechselwirkungen zustande. Wechselwirkungen sind nicht nur als Vergiftungen bedeutsam, oft vermindert auch ein Medikament die Wirkung eines anderen Medikamentes mit bedrohlichen Folgen. Die Statistiken sind allerdings nur wenig fundiert und die Daten sind widersprüchlich. Dennoch Arzneimittel gelten laut der amerikanischen FDA als 4. häufigste Todesursache in den USA.

Quelle

Bei nichtstofflichen "Therapien" gibt es noch nicht einmal Standardtests in der Art wie bei Arzneien.

Ein abstraktes Beispiel zur Veranschaulichung:

Ein Kind hat beide Hände voller Splitter, weswegen Berührungen damit für ihn über lange Zeit schmerzhaft sind. Die Eltern erkennen das nicht und gehen mit dem Kind zu einem Arzt. Der Arzt erkennt die Splitter ebenfalls nicht und verordnet eine Therapie. In der Therapie lernt das Kind unter großen Schmerzen Dinge halbwegs so anzufassen, wie es für den Betrachter "normal" aussieht.

Das Therapieziel lautete:
>Herstellung des Eindrucks Dinge würden nun "normal" angefasst.<
In Studien wird wissenschaftlich erwiesen, daß in solchen Fällen die Therapie genügend oft diesen Effekt nach sich zieht, um als wirksam betrachtet zu werden.

Was dabei aber gar nicht berücksichtigt wird, sind Auswirkungen dieser Therapie außerhalb des Details, das betrachtet wurde, welche nicht völlig offensichtlich sind.

Wenn das Beispielkind im Zuge einer solchen Therapie jedoch dauerhaft depressiv wird oder die Abheilung der Splitterwunden durch solche Dressur nach Gutdünken anderer Personen umso mehr chronisch verschleppt wird, dann gilt die Therapie für sich dennoch als wissenschaftlich in ihrer Wirkung belegt, weil diese anderen Details nicht automatisch berücksichtigt wurden bei der wissenschaftlichen Einordnung.


Deswegen kommt es immer wieder vor, daß Therapien abgeschafft werden, weil irgendjemand mal Auswirkungen untersucht hatte, die dann nicht günstig ausfielen. Bevor jemand solche wissenschaftlichen Untersuchungen anstellt geht die Wissenschaft jedoch davon aus, daß es keine Probleme gibt.

Da Autisten sich grundlegend von anderen Menschen unterscheiden, werden sie sehr häufig von Nichtautisten völlig falsch eingeschätzt. Das erschwert die wissenschaftliche Erschließung möglicher Problemfelder von heute noch offiziell befürworteten Therapien aufgrund von Autismus. Wie sollten nichtautistische Psychologen erforschen, wie sich der Zustand eines Autisten im Zuge der Anwendung solcher Methoden ändert, wenn sie Autisten grundsätzlich kaum verstehen?

Die Faktoren, die den Zustand von Autisten erheblich beeinflussen können sind sehr komplex. Ein Behandlungserfolg nach wissenschaftlichen Kriterien kann besonders unter solchen Rahmenbedingungen tatsächlich insgesamt zu einer Verschlimmerung des Gesamtzustands führen, eben weil die Wissenschaft als Erkenntnismethode gerade mit komplexen Systemen wie dem Leben in Grunde hoffnungslos überfordert ist. Etwa bezüglich der Allmachtsphantasien mancher Gentechniker hat sich inzwischen gezeigt, daß es ganz gut war, daß sich deren Vorschläge vor einigen Jahren nicht durchsetzen ließen, z.B. die Vorstellung ein Großteil des menschlichen Genoms sei bedeutungsloser "Genmüll". Ein weiteres klassisches Beispiel ist die Atomeuphorie der 50er Jahre, in der Wissenschaftler voraussagten, daß in einigen Jahrzehnten Autos mit Kernspaltung betrieben würden.

Den "Gesamtzustand" auszumachen ist überdies eine immer mehr oder weniger willkürliche Fremdbewertung von Teilen des Gesamtzustands als wichtiger und weniger wichtig voraussetzt. Wenn eine Gewichtung durch Nichtautisten vorgenommen wird, so stellt das zudem noch eine Fremdbestimmung über sie als völlig anders veranlagte Personen dar, die sich in einer Minderheitenrolle befinden. Das spiegelt sich auch in Bewertungen durch Wissenschaftlern wider. Jedoch sind diese Bewertungen selbst eben gerade nicht wissenschaftlich, sondern kulturelle Überzeugungen, die sich weitgehend den wissenschaftlichen Kategorien entziehen.

Wer also argumentiert, daß Therapieerfolge doch wissenschaftlich erwiesen seien und Autisten, die sich gegen Therapien aufgrund Autismus wenden, sich damit quasi gegen die Wissenschaft selbst auflehnen würden, liegt falsch und sollte sich vielleicht mal mit Wissenschaftstheorie befassen.

(Siehe auch Flugblatt 7)
20.07.10, 10:58:49

Fundevogel

Wir haben in Gesprächen über Autismus festgestellt, dass die meisten Menschen, die anders sind, selbst glauben, dass sie der Heilung bedürfen, weil sie krank seien (wahrscheinlich auch weil es ihnen eingeredet wird).
Wir trafen nur auf einen Mann, der sein Anderssein bewußt lebte. Er wirkte vollkommen in sich ruhend.

Fanden die Menschen Gehör für ihr Anderssein und Akzeptanz, blühten sie auf und ihre traurige Bedrücktheit fiel von ihnen ab.

Das zeigte mir wieder, wie lächerlich es ist, jemanden von seinem Sein heilen zu wollen.

Offensichtlich bedürfen aber die meinungsmachenden Menschen der Heilung von ihrer eingleisigen Denkweise.
 
 
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